Prof. Dr. Reinhard Herzog
Das Jahr 2009 stand bei der Postbank im Zeichen der Expansion. Im Vorfeld der Übernahme durch die Deutsche Bank sollte das Einlagengeschäft drastisch angekurbelt werden: 5,25 % Zins zahlte die Postbank Kunden, die ihr Geld mindestens ein halbes Jahr lang entbehren wollten. Doch die Freigebigkeit der Postbank war nicht von langer Dauer. Wer sein Festgeld heute noch bei der einstigen Staatsbank hält, muss sich mit mageren 0,75 % Jahreszins für die 180-tägige Laufzeit bescheiden, für einjährige Gelder werden 1,05 % bezahlt. „Verlierer“ sind insbesondere Anleger, die sich nach erstmaligem Abschluss nicht weiter um ihr Investment gekümmert haben.
Doch auch die Suche nach Alternativen gestaltet sich zunehmend schwierig. Die regionalen Genossenschaftsbanken sowie Sparkassen zahlen meist weit unter 1,0 %, auch die renommierten Großbanken sind kaum noch bereit, zumindest einen Inflationsausgleich zu gewähren. Im Internet wiederum herrscht ein gnadenloser Preiskampf, der sehr genaues Nachlesen erfordert. Wer etwa bei der Suchmaschine Google den Begriff Tagesgeld eingibt, findet in der rechten (Werbe-)Spalte eine ganze Reihe vermeintlich lukrativer Offerten, die oftmals mindestens 4,0 % Rendite versprechen. Klickt man jedoch auf den Link, bekommt man entweder Angebote „exotischer“ Banken zu sehen, bei denen die Einlagensicherung fraglich ist, oder man erhält Listen mit wesentlich niedrigeren Konditionen. Fragt man genauer nach, wird stets darauf verwiesen, dass der Werbepartner Google „vermutlich veraltete Zinssätze“ anzeige. Das Ziel wurde freilich erreicht: Google verdient am Klick des Interessenten, der Anlagenvermittler hat den potenziellen Kunden erst einmal zu sich gelockt.
Tricks mit Tabellen
Aber selbst renommierte Geldhäuser nutzen die Möglichkeiten des Werberechts gerne aus. So warb etwa die comdirect Mitte Februar mit einer Vergleichsgrafik, bei der sie mit einem Tagesgeldsatz von 1,75 % als klarer Sieger hervorging – schließlich gab es beim Wettbewerber Deutsche Kreditbank (DKB) nur 1,65 % und bei Cortal Consors sogar nur 1,3 %. Doch ein Klick auf die Konditionenseite zeigte schnell: 1,75 % wurden nur für Einlagen bis 5.000 € bezahlt, indes gab es für Beträge bis 50.000 € nur noch 1,0 % und für höhere Summen sogar nur noch 0,5 %. Hingegen waren die Zinssätze bei den Wettbewerbern an keine Summen gebunden. Zudem: Wer beim DKB-Konto statt der VISA-Karte die – allerdings kostenpflichtige – Lufthansa Miles& More MasterCard Gold wählte, konnte auch hier 1,75 % Ertrag erzielen.
Altkunden haben oft das Nachsehen
Andererseits sorgen aber auch „renditestarke Anbieter“ wie Cortal Consors oder die ING DiBa für Missfallen bei ihren Stammkunden. Denn während Neukunden 2,0 % (DiBa) bzw. 2,1 % (Cortal Consors) Zins aufs Tagesgeldkonto erhalten, wird „Altkunden“ nach sechs bzw. zwölf Monaten nur noch jeweils 1,3 % Jahreszins gutgeschrieben.
Dies zeigt, dass Werbeofferten sehr genau hinterfragt werden sollten. Im Übrigen lohnt sich ein Wechsel angesichts der oft geringen Zinsunterschiede bei den Direktbanken derzeit nur noch, wenn mindestens ein hoher fünfstelliger Betrag zur Disposition steht. Interessant kann es indes sein, über Anlagealternativen wie etwa Rentenwerte nachzudenken, bei denen es keine „Zins-Mauscheleien“ gibt.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(05):16-16