Steuer-Spartipp

Außergewöhnliche Belastung: Dachsanierung


Helmut Lehr

Kosten zur Beseitigung von konkreten Gesundheitsgefähr­dungen können je nach Einzelfall als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sein. Allerdings fordert die Finanzverwaltung in der Regel konkrete und möglichst „amtliche“ Nachweise darüber, ob eine Gesundheitsgefährdung tatsächlich vorlag bzw. ob die Ausgaben notwendig waren.

Asbestbelastung

Ist das eigene Haus mit Asbest „belastet“, können die Sanierungskosten sowie die Aufwendungen für die ordnungsgemäße Entsorgung nach Ansicht der Finanzbehörden als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden. Die Sanierung muss allerdings zum Zeitpunkt ihrer Durchführung unerlässlich sein. Die konkrete Gesundheitsgefährdung ist durch ein vor Beginn der Sanierungsarbeiten erstell­tes Gutachten einer zuständigen amtlich-technischen Stelle nachzuweisen1).

Hinweis: Werden die amtlichen Grenzwerte für eine konkrete Gesundheitsgefährdung nicht erreicht, kann eine dennoch bestehende Gefahr für die Gesundheit durch ein amts- bzw. vertrauensärztliches Gutachten im Einzelfall nachgewiesen werden.

Nach Ansicht des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz2) muss die Gesundheitsgefährdung nicht in jedem Fall zuvor durch ein entsprechendes Gutachten nachgewiesen werden. Im Streitfall hatten sich die Eigentümer eines Reihenhauses wie sämtliche Nachbarn auch für einen Austausch ihres asbesthaltigen Daches (Wellplatten) entschieden. Da die Platten von Haus zu Haus überlappend gelegt worden waren, hatten sie faktisch gar keine andere Möglichkeit, weil sie andernfalls die Platten an ihrem Haus hätten abschneiden müssen, was nach Ansicht der Richter in jedem Fall zu einer konkreten Gesundheitsgefahr geführt hätte.

Erst kürzlich hat der Bundes­finanzhof zu einer vergleichbaren Problematik seine Recht­sprechung geändert und entschieden, dass außergewöhnliche Belastungen bei sog. unechten Krankheits­kos­ten gegebenenfalls auch ohne zuvor eingehol­tes amtsärztliches Attest geltend gemacht werden können3).

Erlangter Gegenwert problematisch

Das Urteil des rheinland-pfälzischen Finanzgerichts sorgt jedoch auch für Probleme. Die Richter haben die Sanierungsaufwendungen nämlich nur zu einem geringen Anteil berücksichtigt, weil die Steuerpflichtigen durch das neu eingedeckte Dach einen Gegenwert erlangt hätten und deshalb zum Teil nicht endgültig belastet seien. Die Anwendung der sog. Gegenwert­theorie führt in der Praxis vielfach dazu, dass dem Grunde nach vorliegende außergewöhnliche Belastungen tatsächlich gar nicht berück­sichtigt werden, weil nahezu jede „Neuanschaffung“ auch einen bestimmten Nutzwert hat und daher nur selten zu verlorenem Aufwand führt.

Hinweis: Nach Ansicht vieler Steuerexperten steht diese Beurteilung allerdings auf der Kippe. Es ist gut möglich, dass der Bundesfinanzhof in naher Zukunft eine steuer­zahlerfreundliche Auffassung vertreten wird. Daher sollten Steuerpflichtige Kürzungen ihrer außergewöhnlichen Belastungen mit Hinweis auf den erhaltenen Gegenwert nicht länger hinnehmen und auf das anhängige Revisionsverfahren4) verweisen. Darin muss der Bundesfinanzhof auch nochmals (klarstellend) entscheiden, ob im Streitfall (Dachsanierung) tatsächlich auf ein zuvor eingeholtes Gutachten verzichtet werden durfte.

1) Vgl. Hinweis 33.1-33.4 Einkommen­steuer-Hinweise 2009, Stichwort: Gesundheitsgefährdung.
2)
Vgl. Urteil vom 12. November 2009, Aktenzeichen 6 K 2314/07.
3)
Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 4 vom 15. Februar 2011, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 18.
4)
Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs: VI R 47/10.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(08):17-17