Gesundheitspolitik

Drei Fragen an Katrin Altpeter


Dr. Christine Ahlheim

Katrin Altpeter (SPD) ist Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren in Baden-Württemberg.

Welche Erwartungen haben Sie als zuständige Ministerin an die Apotheke der Zukunft?
Die Apotheke der Zukunft soll eine wohnortnahe Anlaufstelle für eine umfassende Arzneimittelversorgung sein. Sie bietet eine fundierte pharmazeutische Beratung bei ärztlich verordneten Arzneimitteln sowie insbesondere in der Selbstmedikation. Hinweise zur richtigen Anwendung von Arzneimitteln und Informationen über Nutzen und eventuelle Risiken gewinnen auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zunehmend an Bedeutung. Die Weiterentwicklung der Arzneimitteltherapie lässt heute vielfach eine bis ins hohe Alter gute Lebensqualität auch bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu. Eine pharmazeutische Therapiebegleitung bei einer immer vielfältiger werdenden Medikation ist daher zunehmend wichtiger.

Die Apothekenlandschaft hat sich in den letzten Jahren verändert. Alle Apotheken, ob große oder kleinere, benötigen hinsichtlich der Anforderungen vom Grundsatz her gleiche Wettbewerbsbedingungen. Zusätzliche Versorgungsformen wie der Versandhandel werden nach meiner Einschätzung in bestimmten Bereichen einen eher überschaubaren Stellenwert einnehmen.

Vertrauen und Vertraulichkeit spielen im Apotheker-Patienten-Verhältnis eine wichtige Rolle. Die Unabhängigkeit der Beratung durch den anerkannten Heilberufler wird in der Bevölkerung sehr geschätzt. In modernen Informationsmedien wie im Internet gibt es dagegen nicht unbedingt immer seriöse Ratschläge. Die flächendeckende Leistungserbringung, nicht nur während der üblichen Öffnungszeiten der Apotheken, sondern auch im Rahmen der Notfallversorgung, bleibt ein gesundheitspolitisch wichtiges Anliegen. Ich verkenne nicht, dass Apothekerinnen und Apotheker dabei zunehmend ökonomische Aspekte, vor allem im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, mit zu berücksichtigen haben: ein Spagat, der in Zukunft sicher nicht einfacher werden wird.Die Apotheken leisten mit zahlreichen Präventionsprojekten vor Ort einen wichtigen Beitrag auf dem immer wichtiger werdenden Feld der gesundheitlichen Prävention. Zusätzlich setze ich darauf, dass die Apothekerschaft sich wie bisher an der Sensibilisierung der Bevölkerung für wichtige Gesundheitsthemen wie z.B. die Organspende und eine Intensivierung und Verbesserung der Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen einsetzt.

Welche Regelungen sind für Sie bei der anstehenden Reform der Apothekenbetriebsordnung besonders wichtig?
Eine Weiterentwicklung der Apothekenbetriebsordnung sollte die flächendeckende Arzneimittelversorgung im Blick und eine Verbesserung des Patientenschutzes und der Arzneimittelsicherheit zum Ziel haben. Besonders stehen die Bereiche Beratung und Herstellung von Arzneimitteln im Fokus. Die Hürden für den Apothekerberuf sind sehr hoch, um den Gesundheitsschutz der Patienten zu garantieren. Aktuelle Entwicklungen müssen jedoch Berücksichtigung finden. Neben der Pflicht zur regelmäßigen Fortbildung sollte daher auch die Einführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen ein Thema sein. Ich bin der Auffassung, dass sich diesbezügliche Investitionen für die Apothekerschaft lohnen. Wirtschaftlichkeit und Qualität müssen nicht in Konkurrenz zueinander stehen.

In der Apotheke hergestellte Arzneimittel müssen sich an den geltenden Standards messen lassen. Qualität light bei Rezepturen kann ebenso wenig in unserem Interesse sein wie eine Light­version der Apotheke mit eingeschränkten Aufgabenbereichen.

Was unter dem Stichwort Bürokratieabbau Apotheken entlasten kann, ohne die Standards beliebig werden zu lassen, bedarf in jedem Fall einer sorgfältigen Prüfung.

Zur Problematik der Rezeptsammlung darf ich auf unseren Beschluss bei der Gesundheitsministerkonferenz Ende Juni dieses Jahres verweisen, in dem wir Länder den Bund an die Umsetzung des im Koalitionsvertrag vereinbarten Verbots von Pick- up-Stellen erinnert haben.

Sehen Sie die Möglichkeit, die drastischen finanziellen Einbußen, die die öffentlichen Apotheken durch das AMNOG erlit­ten haben, zukünftig abzumildern?
Um die Belastungen der Apotheken durch das AMNOG abzumildern, müsste der Apothekenabschlag, der mit dem AMNOG auf 2,05€ angehoben wurde, wie­‑ der abgesenkt werden. Alternativ ließe sich über Anpassungen des Großhandelsabschlags nachdenken, der gegenwärtig nach meinen Erfahrungen vom Großhandel schlicht an die Apotheken durchgereicht wird. Ich ver­mag jedoch keine Bereitschaft der Bundesregierung, die die alleinige Gesetzgebungskompetenz besitzt, zu erkennen, hier­über ernsthaft nachzudenken, zumal die Änderungen erst seit Jahresbeginn in Kraft getreten sind.

Verbesserungen für die Apotheker und Apothekerinnen halte ich nach alledem frühestens im Jahr 2013 für realistisch, wenn der Apothekenabschlag erstmalig von den Vertragspartnern angepasst werden kann. Bis dahin werden sich die Apotheken wohl mit den von der schwarz-gelben Bundesregierung geschaffenen Bedingungen arrangieren müssen.

Ich werde die Entwicklungen natürlich aufmerksam beobachten, denn eines ist klar: Sparmaßnahmen dürfen letztlich nicht zulasten einer flächendeckenden Versorgung der Bürger gehen. Dies gilt auch und insbesondere für die Versorgung durch öffentliche Apotheken vor Ort.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(16):3-3