Prof. Dr. Reinhard Herzog
Kann Gold teurer sein als Platin? Noch vor wenigen Jahren hätte diese Frage bei Anlageexperten verständnisloses Kopfschütteln ausgelöst. Doch im August kletterte der Goldpreis auf mehr als 1.900 US-Dollar je Feinunze, während Platin an den internationalen Warenbörsen für 1.850 US-Dollar gehandelt wurde. Wichtigster Grund: Gold gilt als besonders leicht handelbar. Ob Münzen, Barren, Zertifikate, ETCs oder auch Goldkonten – die Anlagepalette ist wesentlich vielfältiger als beim Platin, zudem sorgt ein heftiger Konkurrenzkampf der Anbieter für geringere Nebenkosten.
Sicherheit steht hoch im Kurs
Dass der Goldpreis in den vergangenen Monaten so stark gestiegen ist, wird vorrangig auf die Unsicherheiten an den Anlagemärkten zurückgeführt. Die internationale Schuldenkrise, die flaue US-Konjunktur sowie Sorgen um die weitere Wirtschaftsentwicklung in Europa hatten schon im Juli bei Aktien rückläufige Kurse zur Folge. Die Meldung über die Bonitätsabstufung der USA war nur noch das „i-Tüpfelchen“, um den Traum von steigenden Notierungen zum Platzen zu bringen. In den USA brachen die Kurse Anfang August um 15% ein, in Deutschland verloren Standardwerte mehr als 25%.
Aber auch bei Anleihen kam es zu erheblichen Verwerfungen: Staatsanleihen erstklassiger Bonität konnten Gewinne verzeichnen, riskantere Unternehmensanleihen standen unter Druck. Bei den Währungen zählten der Schweizer Franken sowie der australische und der neuseeländische Dollar zu den Gewinnern, hingegen blieb die Relation zwischen Euro und US-Dollar nahezu unverändert.
Gut beraten waren AWA-Leser, die im April 2009 die von uns als „Wertpapier im Test“ vorgestellte Gold-Schuldverschreibung XETRA-Gold erworben haben: In gerade einmal 30 Monaten brachte sie ein Plus von über 100%. Manche Experten rechnen für die kommenden Monate mit der Fortsetzung der positiven Entwicklung und reichen bereits Gold-Prognosen von 2.500 oder sogar 3.000 US-Dollar per Jahresende bzw. Mitte 2012 herum.
Andere warnen jedoch vor den Risiken einer „Blasenbildung“. Denn unbestritten hat der Goldpreis mittlerweile seinen langjährigen Aufwärtstrendkanal nach oben verlassen, sodass sich die Rückschlagsgefahren bedeutend erhöht haben. Aus charttechnischer Sicht besteht derzeit ein Risikopotenzial von durchaus 20% bis 30%, sofern sich die Lage an den Kapitalmärkten wieder entspannt und Anleger z.B. in Aktien wieder größere Chancen sehen als im teuer gewordenen Gold. Zudem lastet auf dem Goldpreis stets das Damoklesschwert der Notenbankbestände. Je höher der Goldpreis und je leerer die Staatskassen, umso größer ist die Neigung zu Verkäufen. Kommt dann auch noch ein gewisser Abgabedruck aus Anlegerkreisen hinzu, kann der Goldpreis schnell massiv einbrechen.
Deviseneinflüsse berücksichtigen
Ohnehin muss man den Goldpreisanstieg etwas relativieren. Die 55% Plus im Jahresvergleich, die derzeit von den Medien bejubelt werden, erzielten lediglich Investoren aus dem Dollar-Raum. Gerechnet in Euro beträgt der Zuwachs jedoch gerade einmal 36%, jeder Kursrückgang des Dollars sorgt auch für ein Minus beim Euro-Goldpreis. Viele Investoren wählen daher gerade jetzt Anlageprodukte, bei denen das Währungsrisiko ausgeschaltet wird. Die Papiere – erkennbar an Zusätzen wie „Quanto“ oder „Hedge“ – spiegeln allein die Preisentwicklung des Edelmetalls wider, Deviseneinflüsse werden durch Sicherungsgeschäfte ausgeklammert. Der Nachteil: Die Absicherung kostet Geld. Bei Zertifikaten sind dies zwischen 2% und 5% pro Jahr, bei ETCs liegen die Sätze geringfügig niedriger.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(17):15-15