Prof. Dr. Reinhard Herzog
Die Aktie der Zooplus AG zählt in diesem Jahr zu den Lieblingen der Börsianer: Das Papier des Spezialisten für Heimtierbedarf konnte seinen Kurs seit Jahresbeginn mehr als verdreifachen und auch für die künftige Entwicklung ist das Management des Unternehmens angesichts guter Umsatzzahlen optimistisch. Doch am 18. Juli erlebten die Anleger einen Schock: Das Papier, das am vorangegangenen Freitag noch über 100€ kostete, war plötzlich nur noch rund 52€ wert. Entsprechend fanden sich Meldungen in einigen Medien, die – oft kommentarlos – den Rückschlag publizierten.Doch der Tierfutterhändler war keineswegs über Nacht in eine Schieflage geraten. Vielmehr hatte sich das Management zu einer Kapitalmaßnahme entschlossen, um die Aktie optisch preiswerter zu machen. Im konkreten Fall war dies eine „Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln“, d.h., das Unternehmen wandelte Kapitalrücklagen in Grundkapital um und gab die Aktien kostenlos an die bisherigen Aktionäre aus. Wer bislang eine Aktie im Bestand hatte, konnte sich nun über zwei Papiere freuen. Der Anleger hat also „Berichtigungsaktien“ erhalten, besser bekannt als „Gratisaktien“, denn die Papiere wurden ihm kostenlos zugeteilt. Vom Wert her änderte sich dabei jedoch nichts, denn schließlich hat sich der Kurs am Tag der Kapitalmaßnahme halbiert.
Unklare Terminologie
Allerdings hatte selbst Zooplus Probleme mit der Terminologie der Börse. Denn in seiner Publikation sprach das Unternehmen nicht von einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, sondern von einem „Aktiensplit“. Hierbei werden jedoch keineswegs Rücklagen umgewandelt, vielmehr wird die Aktie lediglich „geteilt“, um sie optisch billiger zu machen. Es handelt sich also allein um eine Maßnahme der Kurspflege, nicht um eine bilanztechnisch wirksame Transaktion.
Auch wenn beide Varianten für den Aktionär zunächst bedeuten, dass er mehr Aktien zu einem niedrigeren Preis im Depot hat, ergeben sich hinsichtlich der Bewertung doch Unterschiede. Gemeinsam ist beiden Kapitalmaßnahmen, dass ein niedrigerer Kurs wieder mehr Investoren anlocken kann. Kostet ein Papier z.B. über 100€ oder sogar mehr als 1.000€, schwindet das Interesse von spekulativ eingestellten Kleinanlegern. Notiert ein Wert jedoch z.B. bei 10€ oder 50€, wird er meist wesentlich intensiver gehandelt. Ein Kursanstieg von 10€ auf 15€ ist daher – so unsinnig dies klin-gen mag – auch wesentlich wahrscheinlicher als ein Zuwachs von 1.000€ auf 1.500€.
Wurde jedoch ein Aktiensplit vorgenommen, sagt dies über die Gewinnsituation eines Unternehmens noch gar nichts aus. Die Erträge können sprudeln, aber auch eher flau ausfallen: Da sich die Kennzahlen mit dem Split entsprechend reduzieren, bleibt die fundamentale Bewertung unverändert.
Die Ausgabe von Gratisaktien lässt hingegen darauf schließen, dass ein Unternehmen überaus „gesund“ ist: Wenn die Gewinnrücklagen so hoch sind, dass sie gratis an die Anleger ausgegeben werden können, lässt sich daraus der Optimismus des Managements erkennen – und davon sollte auch die Aktie profitieren.
Nachdem bereits Gerry Weber und Sixt ähnliche Maßnahmen vorgenommen haben, dürften in den kommenden Monaten noch weitere Firmen folgen. Durchaus lohnend kann es daher sein, den Börsenzettel auch nach Papieren mit auffallend starken Kurssteigerungen und optisch hohen Notierungen zu durchforsten, denn speziell Gratisaktien werden von der Börse meist mit deutlichen Kursgewinnen honoriert. Ein Aktiensplit sollte hingegen nur dann ein Kaufgrund sein, wenn das Unternehmen „gesund“ ist und entsprechende Gewinnsteigerungen erwarten lässt.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(17):12-12