Helmut Lehr
Wer mehrfach Grundstücke des „Privatvermögens“ veräußert, wird aus Sicht der Finanzverwaltung schnell zum gewerblichen Grundstückshändler. In diesen Fällen werden die steuerwirksamen Abschreibungen „zurückgedreht“, weil die Grundstücke als Umlaufvermögen gelten, und es drohen mitunter saftige Gewerbesteuernachzahlungen. Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt insbesondere dann vor, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als drei Objekte veräußert werden und die Veräußerungsabsicht schon im Zeitpunkt der Anschaffung (bedingt) bestand1). Allerdings hat die Drei-Objekt-Grenze letztlich nur eine – wenn auch gewichtige – Indizwirkung für das Vorliegen eines Grundstückshandels. In Einzelfällen geht die Finanzverwaltung, zum Teil in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung, auch bei der Veräußerung von ein oder zwei „Großobjekten“ von einem Grundstückshandel aus, sofern weitere Aktivitäten damit in Verbindung stehen.
Steuerzahlerfreundliche Grundsatzentscheidung
Durchaus überraschend hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 5. Mai 20112) einen gewerblichen Grundstückshandel in folgendem Fall verneint: Eine GbR (Frau A und Frau B) hatte ein aus drei Parzellen bestehendes zusammengehörendes Grundstück mit fünf (!) Mehrfamilienhäusern bebaut und kurz vor der Fertigstellung mit der Verpflichtung zur Fertigstellung und zur Vermietung der Wohnungen bzw. mit einer Mietgarantie verkauft. In den Gebäuden befanden sich insgesamt 36 (!) Wohnungen. Architekt war der Ehemann von Frau A, Bauleiter der Ehemann von Frau B, ein Bauunternehmer.
Hinweis: Allein die Branchennähe der handelnden Personen ist für die Finanzverwaltung oft (mit-)ausschlaggebend für die Annahme eines gewerblichen Handelns.
Für die Praxis sind insbesondere folgende Aspekte interessant und können bei der Argumentation gegenüber der Finanzverwaltung von großem Nutzen sein:
- Obwohl sich auf dem Grundstück gleich fünf Mehrfamilienhäuser befanden, lag nur ein Objekt vor, weil es sich um ein einziges (ungeteiltes) Grundstück im Sinne des Zivilrechts handelte.
- Die Veräußerung des Objekts noch während der Bauphase und die Verpflichtung zur Fertigstellung und zur Vermietung führt für sich gesehen nicht zwangsläufig zu einem gewerblichen Grundstückshandel.
- Auch die Branchennähe der Gesellschafterinnen bzw. der Ehemänner ist für sich betrachtet kein K.-o.-Kriterium.
- Eine bereits im Zeitpunkt des Erwerbs bestehende Veräußerungsabsicht liegt nicht zwangsläufig vor, wenn der Steuerpflichtige bereits wenige Wochen nach Erwerb zum Ausdruck bringt (Maklerauftrag), das Grundstück veräußern zu wollen. Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass es während dieser Zeit hinsichtlich der beabsichtigten Nutzung des Grundstücks zu einem Sinneswandel gekommen ist.
Hinweis: Die Klägerinnen hatten (offenbar erfolgreich) argumentiert, dass sie das Grundstück zur Altersversorgung (Mieteinnahmen) erworben hätten, da sie als „Hausfrauen“ nur mit einer geringen Rente rechnen könnten.
Klagen Erfolg versprechend
Der Urteilsfall zeigt, dass entsprechende Feststellungen der Finanzämter keinesfalls widerspruchslos hingenommen werden sollten. Auch bei „größeren Projekten“ muss nicht zwangsläufig ein Grundstückshandel vorliegen.
Hinweis: In Abgrenzung zur aktuellen Rechtsprechung kann man einen Grundstückshandel allerdings vermutlich nicht durch gezielte Zusammenlegung vormals selbstständiger Grundstücke/Objekte zu einem Grundstück vermeiden, wenn dieses alsbald veräußert wird.
1) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 3 vom 1. Februar 2011, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 18.
2) Aktenzeichen IV R 34/08.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(17):17-17