Helmut Lehr
Benutzen Arbeitnehmer ihren privaten Pkw für eine Dienstreise, können sie ohne Einzelnachweis 0,30€/Kilometer steuerlich geltend machen, sofern die Kosten nicht vom Arbeitgeber ersetzt werden1). Dieser Kilometersatz wurde in Anlehnung an die Wegstrecken- und Mitnahmeentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz ermittelt. Für dienstliche Fahrten mit einem Motorrad oder einem Motorroller beträgt der Kilometersatz 0,13€, für Fahrten mit einem Moped oder Mofa 0,08€ und für Fahrten mit dem Fahrrad 0,05€.
Die Kilometersätze haben auch für den zutreffenden Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber mitunter große Bedeutung. Schließlich dürfen Arbeitgeber außerhalb des öffentlichen Dienstes die Aufwendungen in dieser Höhe (lohn-)steuerfrei erstatten (§3 Nr. 16 Einkommensteuergesetz). Für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes gibt es eine ähnliche Regelung (§3 Nr. 13 Einkommensteuergesetz). Allerdings richtet sich die Höhe der Steuerfreiheit bzw. des Kilometersatzes nach den reisekostenrechtlichen Regelungen der einzelnen Bundesländer.
Steuerliche Ungleichbehandlung
Die Landesreisekostengesetze der Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Mecklenburg-Vorpommern sehen Wegstreckenentschädigungen von 0,35€/Kilometer vor. Daraus folgt faktisch eine steuerliche Ungleichbehandlung bei Arbeitgebererstattungen, weil Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in diesen Ländern immerhin 0,05€/Kilometer mehr „steuerfrei vereinnahmen“ können als andere Arbeitnehmer, insbesondere aus der privaten Wirtschaft.
Hinweis: Werden die Reisekosten (von Arbeitgebern der privaten Wirtschaft) nicht erstattet, kommt – wie eingangs erwähnt –ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten ein Werbungskostenabzug in Höhe von 0,30€/Kilometer in Betracht. Die Ungleichbehandlung tritt auch in diesen Fällen ein, weil Beschäftigte im öffentlichen Dienst mitunter 0,35€/Kilometer steuerfrei vereinnahmen und damit faktisch geltend machen dürfen.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg sieht vorliegend keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung für Arbeitnehmer der privaten Wirtschaft und hält den Kilometersatz von 0,30€ für rechtens2). Die vom Kläger erhobene Beschwerde hat der Bundesfinanzhof als unzulässig zurückgewiesen3).
Hinweis: Die Gerichte machten deutlich, dass es sich bei dem Kilometersatz letztlich um eine Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung handelt und es den Steuerpflichtigen stets unbenommen bleibe, etwaige höhere tatsächlich entstandene Kosten steuerlich geltend zu machen.
Verfassungsbeschwerde
Gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs wurde zwischenzeitlich Verfassungsbeschwerde erhoben4). Es ist durchaus denkbar, dass das Bundesverfassungsgericht angesichts der in den letzten Jahren deutlich gestiegenen Benzinpreise die vom Grundsatz her (natürlich) zulässige Schätzung der Finanzverwaltung als nicht mehr realitätsgerecht ansieht. Konkret könnte es also darum gehen, dass der Ansatz von 0,30€/Kilometer nicht mehr sachgerecht ist und Steuerpflichtige „Anspruch“ auf eine höhere Pauschale haben.
Hinweis: Wer seine beruflichen Reisekosten mit dem privaten Pkw fortan in Höhe von 0,35€/Kilometer geltend macht, kann gegen den ablehnenden Einkommensteuerbescheid Einspruch einlegen und ein Ruhen seines Verfahrens beantragen.
Keine Auswirkungen auf Entfernungspauschale
Weil zwischenzeitlich vermehrt Einsprüche in dieser Sache bei den Finanzämtern eingehen, hat die Oberfinanzdirektion Münster5) bereits bestätigt, dass die Einspruchsverfahren kraft Gesetzes ruhen, sofern sich Steuerpflichtige konkret auf die anhängige Verfassungsbeschwerde beziehen. Allerdings weist die Finanzverwaltung in diesem Zusammenhang klar darauf hin, dass dies nicht gilt, wenn ein höherer (als der gesetzlich vorgesehene) Ansatz der Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte begehrt wird.
Hinweis: Die Entfernungspauschale beträgt zwar auch 0,30€, allerdings nur pro Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, also faktisch 0,15€ pro tatsächlich gefahrenem Kilometer. Außerdem ist diese im Gesetz verankert und löst damit zumindest keine offenkundige Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst und der privaten Wirtschaft aus.
Bedeutung auch für Apotheker
Wer als Unternehmer seinen betrieblichen Pkw für Geschäftsreisen etc. nutzt, macht in der Regel die gesamten Pkw-Kosten (inkl. Abschreibung etc.) als Betriebsausgaben geltend. Eine Korrektur erfolgt „nur“ in Höhe des Privatanteils. Der Ansatz einer Kilometerpauschale kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht. Dennoch kann die Thematik auch für Apotheker und andere Einzelunternehmer bzw. Selbstständige relevant sein. Zum einen ordnet nicht jeder Unternehmer seinen Pkw zwangsläufig dem Betriebsvermögen zu, zum anderen werden nicht sel-ten auch andere Fahrzeuge (z.B. Zweitwagen bzw. Fahrzeug des Ehepartners) für betriebliche Zwecke genutzt. Hier werden die Kosten ebenfalls mit 0,30€/Kilometer geltend gemacht, sofern kein Einzelnachweis erfolgt.
Hinweis: Auch die Anweisun-gen der Finanzverwaltung stellen klar, dass die Reisekostenregelungen in den Lohnsteuerrichtlinien sinngemäß für betriebliche Fahrten anzuwenden sind6), sofern es sich um private Beförderungsmittel handelt.
1) Vgl. Hinweis 9.5 Lohnsteuer-Hinweise 2011, Stichwort: Pauschale Kilometersätze.
2) Vgl. Urteil vom 22. Oktober 2010, Aktenzeichen 10 K 1768/10.
3) Vgl. Beschluss vom 15. März 2011, Aktenzeichen VI B 145/10, nicht amtlich veröffentlicht.
4) Aktenzeichen 2 BvR 1008/11.
5) Vgl. Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 20/2011 vom 20. Juli 2011.
6) Vgl. Richtlinie 4.12 Absatz 2 Einkommensteuer-Richtlinien 2008.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(18):18-18