Prof. Dr. Reinhard Herzog
Geht es um Gebühren, sind Banken und Sparkassen erfinderisch: Ob Scheckeinreichungsentgelt, Nachforschungskosten, Rückgabegebühren oder auch Wechselentgelte – nahezu jede Dienstleistung kostet Geld. Vorbei sind die Zeiten, in denen mit der monatlichen Kontoführungsgebühr nahezu alle Dienstleistungen abgegolten waren und zusätzliche Handreichungen als Kulanz gewährt wurden. Schon mehrfach haben allerdings die Gerichte dem „munteren Treiben“ Einhalt geboten, zählen doch viele Dienstleistungen – etwa die Auszahlung von Bargeld am Schalter – zum klassischen Kundengeschäft, sodass grundsätzlich keine gesonderte Vergütung mehr verlangt werden darf.
Am 7. Juni 2011 erlitten die Banken erneut eine Niederlage: Die Berechnung von Kontoführungsgebühren für Darlehen sind – so urteilte der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen XI ZR 388/10) – unzulässig, da der Kunde mit diesem in den AGB festgelegten Entgelt unangemessen benachteiligt werde. Denn schließlich handle es sich bei der Kontoführung um keine Sonderleistung für den Kunden, vielmehr liege sie allein im Interesse der Bank. Mit der Führung des Darlehenskontos genüge das Kreditinstitut lediglich seiner Rechnungspflicht, die eingehenden Darlehensraten zu verbuchen und den Kunden darüber zu informieren. Es handle sich also um eine vertragliche Verpflichtung, für die keine gesonderte Vergütung verlangt werden darf.
Weitreichende Bedeutung
Das Urteil erging zwar nur gegen das vergleichsweise kleine „Internationale Bankhaus Bodensee“ (IBB), das dem Würth-Konzern zuzurechnen ist, es hat aber auch Bedeutung für die meisten anderen Banken und Sparkassen. Zumindest bisher zeigen sich diese jedoch alles andere als kooperativ: Ein Großteil der Institute – darunter insbesondere Sparkassen und Genossenschaftsbanken – lehnt entsprechende Rückerstattungen mit der Begründung ab, es handle sich beim erstrittenen Urteil um eine Einzelfallentscheidung. Denn schließlich habe das IBB die Kontoführungsgebühren bereits in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegt, während die entsprechende Klausel üblicherweise in den Darlehensverträgen zu finden sei. Somit habe man eine individuelle Vereinbarung getroffen, die rechtlich Bestand haben sollte.
Die Verbraucherschützer sehen dies anders: Zwar sei es zutreffend, dass die Klausel meist in den Darlehensverträgen zu finden ist. Dennoch handle es sich dabei um Formularverträge, die für alle Kunden gleich seien und die daher mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichzusetzen seien. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (www.vz-nrw.de) bietet daher auf ihrer Homepage einen Musterbrief an, mit dem gezahlte Kontoführungsgebühren zurückgefordert werden können. Verweigert das Kreditinstitut die Zahlung, soll der Vertrag zur Prüfung und ggf. Abmahnung an die Verbraucherzentrale eingeschickt werden.
Verjährung beachten
Um Kleinbeträge geht es dabei nur auf den ersten Blick: Die monatliche Belastung beträgt zwar meist nur 1,00€ bis 3,00€, doch schließlich laufen Darlehen oft 20 Jahre und mehr, sodass in der Summe schnell einige Hundert Euro berechnet werden. Ein Knackpunkt ist in jedem Fall die Verjährung. Während sich die Kreditwirtschaft – soweit sie überhaupt Zahlungsbereitschaft signalisiert – auf eine dreijährige Verjährungsfrist beruft, geht die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen davon aus, dass die Verjährung erst nach Beendigung des Darlehensvertrags zu laufen beginnt. Danach kann bei allen Darlehensverträgen reklamiert werden, die entweder noch bestehen oder seit 2008 abgelaufen sind.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(18):16-16