Steuer-Spartipp

Erbschaft- und Schenkungsteuer: Aktuelle Entwicklungen


Helmut Lehr

Einkommensteuerschulden des Erblassers

Zuletzt haben sowohl das Finanzgericht Niedersachsen1) als auch das Finanzgericht Münster2) entschieden, dass eine Einkommensteuernachzahlung des Verstorbenen für das Todesjahr bei der Berechnung der Erbschaftsteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden kann. Faktisch entsteht damit eine erhöhte Belastung, weil die Schuld vom Erben (aus dem erhaltenen Vermögen) zu entrichten ist, das allerdings in voller Höhe der Erbschaftsteuer unterliegt.

Hinweis: Ob diese Sichtweise tatsächlich zutreffend ist, muss nun der Bundesfinanzhof abschließend entscheiden3).

Die Problematik lässt sich zumindest in Einzelfällen vermeiden. Stellt der Erblasser zu Lebzeiten rechtzeitig einen Antrag auf Erhöhung der Einkommensteuervorauszahlungen, vermeidet er womöglich eine Nachzahlung. Weil das Todesjahr im Vorfeld meist nicht bestimmbar ist, könnte ganz allgemein und aus rein erbschaftsteuerlichen Überlegungen heraus erwogen werden, ab einer bestimmten Lebensphase die Einkommensteuervorauszahlungen immer so hoch wie möglich bzw. nötig anzusetzen, sofern man auf die Liquidität unterjährig nicht angewiesen ist.

Hinweis: Eine aus den hohen Vorauszahlungen ggf. resultieren­de Einkommensteuererstattung für das Todesjahr des Erblassers unterliegt nicht der Erbschaftsteuer4) . Daher ist die Er­höhung der Vorauszahlungen insoweit ohne „Risiko“. Hingegen werden Steuererstattungsansprüche und Steuernachzahlungen für Veranlagungszeiträume, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers endeten, bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer berücksichtigt.

Familien(wohn)heim

Nach altem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht war die Übertragung des Familienwohnheims nur bei Schenkungen zwischen Ehegatten begünstigt. Seit Inkrafttreten der Erbschaft- und Schenkungsteuerreform zum 1. Januar 2009 wurden die steuergünstigen Übertragungsmöglichkeiten für das „eigene Häuschen“ erweitert und im Ergebnis etwas komplizierter ausgestaltet5). Nach Ansicht der Finanzverwaltung sind sowohl nach altem als auch nach neuem Recht Fe­rien-, Wochenend- oder Zweitwohnungen (z.B. bei Berufspendlern) nicht begünstigt, weil sich in solchen Wohnungen nicht der Mittelpunkt des familiären Lebens befindet.

Hinweis: Die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung wurde kürzlich vom Finanzgericht Müns­ter6) bestätigt. Allerdings ist zwischenzeitlich das Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig7). Deshalb sollte bis auf Weiteres die Steuerbefreiung für das Familienheim auch bei geschenkten/geerbten Ferien-, Wochenend- oder Zweitwohnungen geltend gemacht werden, sofern die übrigen Voraussetzungen8) erfüllt sind. Gegen ablehnende Bescheide sollte Einspruch eingelegt und ein Ruhen des Ver­fahrens beantragt werden.

Kettenschenkungen

Als Kettenschenkungen bezeichnet man die Übertragung von Vermögen an den Beschenkten unter Vorschaltung eines Zwischenerwerbers. Entscheidet man sich aus rein steuerlichen Gründen für eine solche Gestaltung, dann zumeist mit dem Ziel, persönliche Freibeträge mehrfach auszunutzen.

Beispiel: Die Mutter überträgt ihrem Sohn Wohneigentum an einer Eigentumswohnung. Am gleichen Tag überträgt der Sohn den hälftigen Miteigentumsanteil unentgeltlich an seine Ehefrau.

Das Finanzamt erkennt die Schenkung an den Sohn bezüglich des hälftigen Anteils nicht an, sondern geht von einer direkten Schenkung der Mutter an ihre Schwiegertochter aus, was einen deutlich geringeren Freibetrag zur Folge hat. Die Gestaltung, so die Auffassung der Behörde, sei ausschließlich gewählt worden, um Schenkungsteuer zu sparen, ohne dass bezüglich des hälftigen Miteigentumsanteils die Absicht bestanden habe, diesen dem eigenen Kind zukommen zu lassen.

Finanzgericht bestätigt Verwaltungsauffassung

Die von der Mutter vorgebrachten Gründe (Anrechnung der gesamten Schenkung auf Pflichtteil des Sohnes, kein Einfluss auf die Weiterübertragung, bei direkter Schenkung Nachteile beim Zugewinnausgleich) konnten das Finanzgericht München9) nicht überzeugen. Die Kettenschenkung wurde insoweit nicht anerkannt, sondern die Richter gingen hinsichtlich des hälftigen Anteils von einer direkten Schenkung der Mutter an ihre Schwiegertochter aus, auch wenn zivilrechtlich unstrittig eine Schenkung an den Sohn vorlag.

Hinweis: Damit eine Kettenschenkung nicht nur zivilrechtlich, sondern auch steuerlich wirksam ist, muss der Eindruck eines vorgefassten Gesamtplans vermieden werden, insbesondere die zeitliche Nähe von Schenkung und Weiterschenkung10). Ob die harte Linie der Finanzverwaltung und der Finanzgerichte weiter Bestand hat, muss nun der Bundesfinanzhof abschließend entscheiden11). Bis dahin sollten erhöhte Schenkungsteuerfestsetzungen bei „Kettenschenkungen“ nicht akzeptiert werden.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(20):18-18