Dr. Stefan Weber
Personelle Kompetenzen
Unabdingbar ist es, dem Filialleiter im Arbeitsvertrag die Beaufsichtigung des pharmazeutischen Personals zu ermöglichen; andernfalls könnte er die Pflichten eines Apothekenleiters im Sinne des ApoG und der ApBetrO nicht erfüllen. Auch die Beaufsichtigung des nichtpharmazeutischen Personals und die Ausbildung der Pharmazie- und PTA-Praktikanten sowie der PKA-Auszubildenden sollten zu seinen Befugnissen gehören. Er übt insoweit das Direktionsrecht des Arbeitgebers gegenüber den Mitarbeitern der Filialapotheke aus.
Filialleiter als leitender Angestellter?
Der Filialleiter ist zwar in apothekenrechtlicher Hinsicht verantwortlich für die Filialapotheke. Dies allein gibt ihm aber noch nicht die Stellung als leitender Angestellter im arbeitsrechtlichen Sinn. Erforderlich hierfür wäre, dass der Filialleiter für den Betrieb maßgebliche Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen treffen, insbesondere selbstständig Mitarbeiter einstellen und entlassen kann. Gerade Letzteres ist aber in der Praxis in der Regel nicht der Fall. Vielmehr behält sich meist der Inhaber der Apotheke grundlegende Entscheidungen wie die Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern, den zentralen Wareneinkauf oder die Festsetzung von nicht gesetzlich oder durch Verträge mit den Krankenkassen festgelegten Abgabepreisen vor. Um hier keine Unklarheiten aufkommen zu lassen, sollte im Arbeitsvertrag des Filialleiters im Detail festgelegt werden, welche Kompetenzen der Filialleiter in Personalfragen, beim Einkauf, bei Werbung und Marketing sowie in sonstigen Bereichen haben soll.
Handlungsvollmacht
Eine weitere Facette der Rechtsstellung des Filialleiters ist, dass er in zivilrechtlicher Hinsicht als Vertreter des Inhabers handelt, da er dessen Geschäfte besorgt und Verträge abschließt. Zweckmäßigerweise sollte dem Filialleiter eine Handlungsvollmacht nach §54 HGB erteilt werden. Diese erstreckt sich nach dem Gesetz auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt. Gegebenenfalls kann diese Handlungsvollmacht in Einzelfragen eingeschränkt, erweitert oder präzisiert werden.
Haftung
Die Haftung des Filialapothekenleiters richtet sich nach den gleichen Grundsätzen wie die Haftung anderer Apothekenmitarbeiter. Zu unterscheiden sind die Fälle der Schädigung des Apothekeninhabers durch schuldhafte Pflichtverletzungen des Filialleiters, etwa durch Fehler bei der Kassenführung, einerseits und die Schädigung betriebsfremder Dritter wie z.B. von Kunden andererseits.
Nach den allgemeinen Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten ist die Haftung des Filialleiters wie die jedes anderen Arbeitnehmers beschränkt. Bei normaler (mittlerer Fahrlässigkeit) führt dies dazu, dass der Schaden in aller Regel zwischen Inhaber und Arbeitnehmer nach einer Quote zu verteilen ist. Schädigt der Filialleiter einen Kunden durch Abgabe eines falschen Arzneimittels, haftet er diesem gegenüber zivilrechtlich für den entstandenen Schaden. Da er diese Pflichtverletzung aber im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses begangen hat und der Apothekeninhaber das Betriebsrisiko für seinen Betrieb trägt, kann der Filialleiter vom Inhaber Freistellung von den Schadensersatzansprüchen des Dritten verlangen, und zwar je nach dem Grad der Fahrlässigkeit, der im konkreten Fall vorliegt.
Arbeitszeit
Unbedingt erforderlich ist es, im Arbeitsvertrag des Filialleiters Regelungen über die Arbeitszeit sowie über die Mehrarbeit und deren Vergütung zu treffen. Denn die entsprechenden Vorschriften des Bundesrahmentarifvertrags für Apothekenmitarbeiter (BRTV) gelten für Filialapothekenleiter nicht. Auch wenn auf das Arbeitsverhältnis des Filialleiters der BRTV anwendbar sein sollte, sind also in jedem Fall im Arbeitsvertrag entsprechende Festlegungen zu treffen. Andererseits ist das Arbeitszeitgesetz zu beachten, das die wöchentliche Arbeitszeit grundsätzlich auf 48 Wochenstunden beschränkt.
Die andere Frage geht dahin, welchen Umfang die Arbeitszeit eines Filialleiters mindestens haben muss, damit dieser die ihm obliegenden Leitungsfunktionen nach dem Apothekenrecht ausüben kann. Die Auffassungen der zuständigen Behörden in den einzelnen Bundesländern sind in diesem Punkt nicht einheitlich. Die Mehrzahl der Länder verlangt wohl eine Vollzeittätigkeit, in anderen Bundesländern werden auch geringere Arbeitszei-ten akzeptiert. Im Zweifel sollte also mit der Aufsichtsbehörde Kontakt aufgenommen werden, wenn diese nicht ohnehin die Vorlage des Arbeitsvertrags des Filialapothekenleiters verlangt.
Vergütung
Besondere Aufmerksamkeit im Arbeitsvertrag mit dem Filialleiter verdient die Regelung der Vergütung. Ausgangspunkt kann das Tarifgehalt für die betreffende Berufsjahrstufe sein. Dazu kommt in der Regel ein Zuschlag, dessen Höhe nach den Erfahrungen in der Praxis stark variiert. In etlichen Fällen werden neben einem Fixum auch variable Vergütungsanteile gewährt. Empfohlen wird insoweit, solche variablen Anteile an das Erreichen vereinbarter Ziele zu knüpfen, z.B. an die Erzielung eines bestimmten Umsatzes oder Rohgewinns, an die Senkung von Kosten oder anderes. Wenn eine solche Regelung gewollt ist, muss sie sehr sorgfältig formuliert werden; hier sollte sich der Apothekeninhaber von Fachleuten beraten lassen.
Häufig wünschen Apothekeninhaber, dass mit einer entsprechend hohen Vergütung auch Mehrarbeitsstunden und Notdienste abgegolten sind. Bei der Formulierung einer solchen Abgeltungsregelung werden in der Praxis oftmals Fehler gemacht. Denn die Festlegung einer pauschalen Abgeltung von Überstunden oder Notdiensten ohne nähere Eingrenzung ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot bei vorformulierten Arbeitsverträgen unwirksam. Vielmehr muss sich aus der vertraglichen Regelung für den Filialleiter ergeben, welche Arbeitsleistungen von der pauschalen Abgeltung erfasst werden sollen. Deshalb muss im Vertrag festgelegt werden, welche Höchstzahl von Mehrarbeitsstunden bzw. Notdiensten mit der Vergütung pauschal abgegolten wird.
Buch-Tipp
Dr. Stefan A. Weber, Dr. Gerhard Etzel, Günter Kern: Arbeitsrecht für Apotheker, Formular-Handbuch mit Online-Plus Angebot, Deutscher Apotheker Verlag, 2011, 119,50 €
zu beziehen über den Deutschen Apotheker Verlag (Telefon: 0711/2582 341, Telefax: 0711/2582 290, E-Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de)
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(20):10-10