Jasmin Theuringer
Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung
Beispiel
Apothekenleiter A beschäftigt in seiner Apotheke sechs Vollzeitarbeitnehmer, eine Halbtagskraft sowie einen Boten. Seine Vollzeit-PTA P möchte künftig ebenfalls nur noch halbtags arbeiten und beantragt bei A daher unter Berufung auf §8 TzBfG die Verringerung ihrer Arbeitszeit auf 20 Stunden wöchentlich.
Ziel des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ist es unter anderem, die Teilzeitbeschäftigung zu fördern, um so mehr Arbeitsplätze zu schaffen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Deshalb gibt das Gesetz den Arbeitnehmern einen durchsetzbaren Anspruch auf Verringerung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit. Das TzBfG ist allerdings grundsätzlich nur in Betrieben anwendbar, in denen mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Apothekenleiter A ist daher nicht verpflichtet, P einen Teilzeitarbeitsplatz anzubieten.
Variante
A betreibt neben seiner Hauptapotheke eine Filiale und beschäftigt dort weitere vier Vollzeitkräfte, drei Halbtagskräfte sowie eine Putzhilfe als 400-€-Kraft.
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz zählt – anders als etwa das Kündigungsschutzgesetz – sämtliche Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf die Anzahl ihrer wöchentlichen Arbeitsstunden „nach Köpfen“ mit. Auch die Mitarbeiter einer Filiale werden stets mit berücksichtigt. A beschäftigt somit acht Arbeitnehmer in der Haupt- und weitere acht Arbeitnehmer in der Filialapotheke, insgesamt also 16 Arbeitnehmer. P kann sich daher auf das TzBfG berufen.
Beispiel
PKA K hat vor ihrer Eltern-zeit eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt und möchte – mangels Kinderbetreuungsmöglichkeiten – nun nur noch von Montag bis Freitag vormittags arbeiten. A ist mit einer Verringerung der Arbeitszeit einverstanden, nicht aber mit der von K gewünschten Verteilung, da er vor allem nachmittags und samstags auf zusätzliches Personal angewiesen ist.
Das Gesetz sieht vor, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Teilzeitwunsch mit dem Ziel einer Einigung erörtern. Ist diese nicht möglich, stellt sich die Frage, ob A das Verlangen von K ablehnen darf. Der Arbeitgeber muss dem Verlangen nach Teilzeit ebenso wie der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit nur nachgeben, wenn betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Das Erfordernis, auch nachmittags und samstags genügend Personal vorzuhalten, ist im Allgemeinen ein Grund, das Teilzeitverlangen abzulehnen. Der Arbeitgeber muss aber stets prüfen, ob eine Änderung der Arbeitszeiten von Kollegen möglich ist, um so dem Wunsch des Mitarbeiters entsprechen zu können.
Variante
K hat ihren Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit drei Monate vor dem Ende ihrer Elternzeit schriftlich an A gerichtet. A ist nicht einverstanden und reagiert nicht. K erscheint am ersten Tag nach ihrer Elternzeit pünktlich zum Antritt ihrer Tätigkeit in der Apotheke und arbeitet bis zum Mittag.
Das Verlangen nach einer Teilzeitbeschäftigung muss spätestens drei Monate vor deren Beginn ausgesprochen werden. Der Arbeitgeber hat das Verlangen zu prüfen und seine Entscheidung spätestens einen Monat vor Beginn der Teilzeitbeschäftigung schriftlich mitzuteilen. Da A auf das rechtzeitige Verlangen der K nicht reagiert hat, gilt die verringerte Arbeitzeit einschließlich deren Lage als vereinbart. K hat sich also vollkommen korrekt verhalten.
Zurück zu Vollzeit
Beispiel
Die angestellte Apothekerin F hat wegen der Geburt ihres Kindes einige Jahre in Teilzeit gearbeitet. Sie möchte nun zurück zu ihrer Vollzeitbeschäftigung als Filialleiterin und beantragt, ihre Arbeitszeit wieder auf 40 Wochenstunden aufzustocken. Apothekenleiter A hat jedoch längst eine neue Filialleiterin als Ersatzkraft eingestellt und keinen Bedarf.
Hat der Arbeitnehmer einmal seine Arbeitszeit verringert, ist ein Zurück zur Vollzeitbeschäftigung schwer, einen gesetzlichen Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit gibt es nicht. Der Arbeitnehmer hat nur das Recht, bei der Besetzung einer freien Stelle für eine Vollzeitbeschäftigung vorrangig berücksichtigt zu werden. Er kann aber vom Arbeitgeber weder verlangen, eine solche Stelle zu schaffen noch die zur Kompensation der verringerten Arbeitskraft eingestellte Ersatzkraft wieder zu kündigen.
Gleichbehandlung
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz verlangt vom Arbeitgeber weiter, Teilzeitbeschäftigte genauso zu behandeln wie Vollzeitmitarbeiter.
Beispiel
Apothekenleiter A beschäftigt neben einigen Vollzeitkräften PTA T als Halbtagskraft. A ist nicht Mitglied im ADA, sodass die Arbeitsverhältnisse in der Apotheke nicht dem Tarifvertrag unterliegen. A zahlt dennoch im November den Voll-zeitkräften ein Weihnachtsgeld von 1.000€. T erhält nur eine Zahlung von 200€.
Aus dem Gleichbehandlungsgebot folgt, dass Leistungen, die Vollzeitbeschäftigte erhalten, den Teilzeitbeschäftigten nicht vorenthalten werden dürfen. Darüber hinaus verbietet das TzBfG diese Ungleichbehandlung ausdrücklich. In §4 Absatz 1 TzBfG heißt es, dass Arbeitsentgelt dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer mindestens in dem Umfang zu gewähren ist, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines Vollzeitmitarbeiters entspricht. Erhalten Vollzeitbeschäftigte 1.000€ als Weihnachtsgeld, so muss T als Halbtagskraft zumindest 500€ bekommen.
Variante
Bei T handelt es sich um eine 400-€-Kraft. A zahlt ihr gar kein Weihnachtsgeld.
Mit der Zahlung eines Weihnachtsgeldes an eine 400-€-Kraft wird die Jahresentgeltgrenze von 4.800€ unter Umständen überschritten mit der Folge, dass die Vergütung den üblichen Sätzen in der Sozialversicherung und Lohnsteuer unterliegt. Um dies zu vermeiden, erhalten die meisten 400-€-Kräfte in Apotheken kein Weihnachtsgeld, auch wenn sämtliche Kollegen eine Zahlung bekommen. Diese Praxis verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot. Allein die Befürchtung, die Jahresentgeltgrenze zu überschreiten, rechtfertigt es nicht, 400-€-Kräfte von der Zahlung eines Weihnachtsgeldes auszunehmen.
Apothekenleiter, die freiwillig oder aufgrund tariflicher bzw. arbeitsvertraglicher Regelung den Mitarbeitern ein Weihnachtsgeld zahlen, sollten bei der Vereinbarung der Vergütung der geringfügig Beschäftigten darauf achten, dass diese – bei entsprechend geringerer Arbeitszeit – monatlich nicht mehr als 369€ erhalten. So wird auch bei Zahlung eines Weihnachtsgeldes die Geringfügigkeitsgrenze von 4.800€ im Jahr nicht überschritten.
Überstundenzuschläge werden erst ab Überschreitung der betriebsüblichen Arbeitszeit gezahlt, nicht schon bei einer Überschreitung der individuell ausgehandelten wöchentlichen Arbeitszeit. Daher stellt die Zahlung eines Zuschlags für alle Mitarbeiter erst ab der 41. Wochenstunde keine Benachteiligung der Teilzeitbeschäftigten dar. Auch sie müssen zunächst die betriebsübliche Wochenarbeitszeit überschreiten. B kann erst dann auf Überstundenzuschläge hoffen, wenn er an mehr als 40 Stunden in der Woche eingesetzt wird.
Notdienste
Beispiel
Apothekenleiter A beschäftigt eine Apothekerin in Vollzeit sowie die approbierte Halbtagskraft H mit einer 20-Stunden-Woche. Er setzt beide abwechselnd für die Notdienste ein. H beschwert sich und argumentiert, es wäre gerechter, wenn sie nur halb so viele Notdienste machen müsste wie ihre vollzeitbeschäftigte Kollegin.
Die hälftige Aufteilung der Notdienste zwischen den beiden Approbierten könnte eine Benachteiligung von H sein, da sie im Verhältnis zu ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit überdurchschnittlich mit Notdiensten belastet wird.
Der Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter sieht in §5 Ziffer 4 vor, dass die Notdienste zwischen allen dazu verpflichteten Mitarbeitern möglichst gleichmäßig aufzuteilen sind. Der Tarifvertrag unterscheidet also nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten.
Weiterhin hat das Bundesarbeitsgericht in einer älteren Entscheidung erklärt, es verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn einer Teilzeitkraft die gleiche Anzahl von Wochenenddiensten übertragen werde wie einer Vollzeitkraft. Die gleichmäßige Verteilung der Notdienste auf alle hierzu verpflichteten Mitarbeiter ohne Rücksicht auf die jeweilige wöchentliche Arbeitszeit dürfte daher nicht zu beanstanden sein.
Urlaub
Beispiel
Hier drängt sich die unter Juristen beliebteste Antwort auf: Es kommt drauf an. Grundsätzlich dürfen Teilzeitbeschäftigte auch hinsichtlich des Urlaubs nicht benachteiligt werden. M steht also der gleiche Urlaubsanspruch zu wie V. Der in Werktagen ausgedrückte Urlaub ist allerdings mit der Anzahl der tatsächlichen wöchentlichen Arbeitstage in ein Verhältnis zu setzen.
Wenn M an sechs Tagen in der Woche jeweils drei Stunden arbeitet, so hat sie ebenfalls Anspruch auf 30 Werktage Urlaub im Jahr. Dies ist keine Besserstellung der Teilzeitmitarbeiter, da diese für eine Woche nicht sechs volle Tage bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht erhalten, sondern nur sechs halbe Tage bezahlte Freistellung.
Variante
M arbeitet nur an vier Tagen in der Woche in der Apotheke.
Arbeitet der Mitarbeiter hingegen an weniger Wochentagen, so ist der Urlaubsanspruch entsprechend umzurechnen. Bei einer Beschäftigung an vier Tagen in der Woche besteht dann ein Anspruch auf 20 Tage Urlaub. Nimmt der Mitarbeiter sich eine Woche frei, so verbraucht er von seinen 20 Urlaubstagen auch nur vier Tage. Beide Mitarbeiter werden so im Jahr auf fünf Wochen Urlaub kommen und somit gleichbehandelt.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(10):10-10