Helmut Lehr
Der Ausgangsfall
Der Steuerpflichtige ist Eigentümer eines 1983 bezugsfertig gewordenen Zweifamilienhauses, dessen Erdgeschosswohnung er zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Die Wohnung im ersten Obergeschoss war an seine Mutter vermietet; seit ihrem Tod 1997 stand sie leer. Im Dachgeschoss befindet sich ein Zimmer mit Bad, das nach Bezugsfertigkeit des Hauses zu keinem Zeitpunkt vermietet war.
Der Kläger schaltete etwa vier Mal im Jahr Chiffreanzeigen in einer überregionalen Tageszeitung, in denen er die Wohnung möbliert zur Anmietung anbot. Die Miethöhe errechnete er aus dem jeweils aktuellen Mietspiegel. Nach seinen Angaben haben sich bis heute keine „geeignet erscheinenden Mieter“ gemeldet. Für das Zimmer im Dachgeschoss habe er in früheren Jahren gelegentlich (erfolglos) Aushänge in der Nachbarschaft angebracht, mit denen er das Zimmer zur Anmietung anbot.
Hinweis: 2004 bis 2006 ließ das Finanzamt den Werbungskostenabzug für die Mietwohnung und das Zimmer im Dachgeschoss unberücksichtigt.
Finanzamt war im Recht
Nach Ansicht des BFH hat die Finanzbehörde den Werbungskostenabzug zu Recht verweigert – der Kläger habe keine ernsthaften und nachhaltigen Vermietungsbemühungen entfaltet. Zwar stehe es einem Steuerpflichtigen frei, die im Einzelfall geeignete Art und Weise der Platzierung eines von ihm angebotenen Mietobjekts am Wohnungsmarkt und seine Bewerbung selbst zu bestimmen. Die für das Dachgeschosszimmer entstandenen Aufwendungen könnten im Streitfall aber schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil der Kläger dieses Objekt gar nicht habe vermieten wollen. Die für die Wohnung im ersten Obergeschoss angefallenen Kosten waren laut BFH nicht abziehbar, weil der Steuerpflichtige nach den erfolgslosen Zeitungsanzeigen sein Verhalten hätte anpassen und sowohl geeignetere Wege der Vermarktung suchen als auch seine Vermietungsbemühungen intensivieren müssen.
Hinweis: In solchen Fällen ist es dem Steuerpflichtigen offensichtlich zuzumuten, Zugeständnisse (etwa bei der Miethöhe oder im Hinblick auf die für ihn als Mieter akzeptablen Personen) zu machen. Da er dies nicht getan habe, ist nach Auffassung des BFH davon auszugehen, dass er den Entschluss zur Einkünfteerzielung insoweit aufgegeben habe.
Wichtige Kernaussagen
Aus der aktuellen Rechtsprechung des BFH lassen sich für Eigentümer von leer stehenden „Mietobjekten“ wichtige Grundregeln ableiten:
- Steuerpflichtige können die Art und Weise der Vermarktung ihrer Immobilien im Allgemeinen selbst bestimmen.
- Sind ihre Bemühungen erkennbar erfolglos, bestehen für Zwecke der Besteuerung höhere Anforderungen an die Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen.
- In solchen Fällen sind „Vermieter“ gehalten, geeignetere Wege der Vermarktung zu suchen. Sie sollten die Vermietungsaktivitäten durch Einschaltung eines Maklers intensivieren oder sie durch Zugeständnisse bei der Ausgestaltung des Mietangebots (Vertragslaufzeit, Mietzins) optimieren.
- Steuerpflichtige sind auch gehalten, ggf. die persönlichen Ansprüche an ihren künftigen Mieter entsprechend der Lage auf dem Wohnungsmarkt anzupassen.
- Ein besonders lang andauernder Leerstand kann nach Ansicht des Bundesfinanzhofs dazu führen, dass eine bestehende Einkünfteerzielungsabsicht ohne Zutun oder Verschulden des Steuerpflichtigen wegfällt, wenn absehbar ist, dass das Mietobjekt keine geeignete Marktgängigkeit mehr besitzt oder aufgrund anderweitiger struktureller Vermietungshindernisse in absehbarer Zeit nicht wieder vermietet werden kann.
Hinweis: Insbesondere letztgenannte Aussage könnte die Finanzverwaltung künftig zum Anlass nehmen, um bei längeren Leerständen in strukturschwachen Gebieten den Werbungskostenabzug früher als bisher zu versagen. Unabhängig davon wird von einem Vermieter nicht ohne Weiteres verlangt werden können, dass er sein Objekt zu „Dumping-Mieten“ anbietet.
Anhängige Verfahren
Immobilieneigentümer müssen wissen, dass zur Problematik des „langjährigen Leerstands“ noch zahlreiche Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig sind, die weitere Aufklärung versprechen. Auf einige wichtige wird nachfolgend verwiesen:
- Reaktion auf „Mietgesuche“ als ernsthafte Vermietungsbemühung?2);
- keine Nachweise über Art, Umfang und Intensität von Vermietungsbemühungen in der Leerstandszeit3);
- „punktuelle Vermietungsbestrebungen“ bei gleichzeitiger Verkaufsabsicht4);
- Leerstand bei Untervermietung und Zwischenvermietung5).
Hinweis: Bei leer stehenden Gewerbeobjekten legt die Finanzverwaltung noch strengere Maßstäbe an. Sofern hierfür erkennbar kein Markt besteht, verlangt sie ggf. sogar bauliche Umgestaltungen6).
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(05):18-18