Steuer-Spartipp

Erbschaft- und Schenkungsteuer: Niedrigeren Grundstückswert nachweisen


Helmut Lehr

  • Vergleichswertverfahren,
  • Ertragswertverfahren,
  • Sachwertverfahren.

Außerdem gibt es besondere Bewertungsvorschriften unter anderem für Erbbaurechte, Erbbaugrundstücke, Gebäude auf fremdem Grund und Boden und für Grundstücke im Zustand der Bebauung.

Hinweis: Es kommt allerdings immer wieder vor, dass der tatsächliche Verkehrswert eines Grundstücks unter dem für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer „maßgebenden“ Wert liegt – schließlich basieren die drei Regelbewertungsverfahren auf teils sehr typisierten Grundsätzen und insbesondere in kleinstädtischen und ländlichen Bereichen stehen den örtlichen Gutachterausschüssen oft wenig Vergleichswerte zur Verfügung.

Steuerpflichtiger kann Gegenbeweis antreten

Aufgrund der Schwächen des Bewertungssystems sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass Steuerpflichtige, also insbesondere Erben und Beschenkte, dem Finanzamt den gemeinen Wert des „erworbenen“ Objekts nachweisen können. Liegt dieser unter dem eigentlichen Grundbesitzwert, ist er der Besteuerung zugrunde zu legen (vgl. §198 Bewertungsgesetz).Das bedeutet: Beträgt der Erbschaftsteuersatz z.B. 19% und gelingt dem Erben der Nachweis, dass der gemeine Wert des vererbten Grundbesitzes um 50.000€ niedriger ist als dessen Grundbesitzwert, spart er auf diese Weise bis zu 9.500€ Erbschaftsteuer.

Hinweis: Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes kann entweder durch ein ge­sondert angefertigtes Verkehrswertgutachten oder durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr vereinbarten Kaufpreis erbracht werden.

Beispiel: Herr Classen erbt von seinem Vater eine Immobilie, deren erbschaftsteuerlichen Wert das Finanzamt später mit 800.000€ ermittelt. Neun Monate nach der Erbschaft veräußert er das Objekt für 765.000€.

Herr Classen hat nun die Möglichkeit, den tatsächlich niedrigeren gemeinen Wert anhand des Kaufpreises nachzuweisen. Ist zum Zeitpunkt des Verkaufs der Grundbesitzwert bereits bestandskräftig festgestellt, kann die Wertermittlung aufgrund einer besonderen verfahrensrechtlichen Vorschrift (Änderung bei rückwirkenden Ereignissen) noch korrigiert werden. Der niedrigere Wert wird dann der Erbschaftsteuerfestsetzung zugrunde gelegt.

Hinweis: Die Finanzverwaltung berücksichtigt nachgewiesene Kaufpreise ohne Probleme, wenn der Verkauf innerhalb eines Jahres nach dem Bewertungsstichtag erfolgt ist. Liegt eine längere Zeit dazwischen, muss der Steuerpflichtige darlegen, dass die maßgeblichen Verhältnisse zwischen Bewertungsstichtag und Abschluss des Kaufvertrags unverändert geblieben sind.

Indikatoren für niedrigeren Wert

Natürlich ist es theoretisch möglich, dass nahezu jedes Grundstück einen niedrigeren gemeinen Wert hat, als pauschal vom Finanzamt ermittelt. Die Praxis zeigt allerdings, dass bestimmte Umstände auf einen möglichen niedrigeren gemeinen Wert hinweisen. Dies können bei unbebauten Grundstücken z.B. eine Ecklage, der Zuschnitt, die Oberflächenbeschaffenheit des Baugrunds, Lärm-, Rauch-, Staub­belästigungen oder auch Schadstoffbelastungen sein, weil es den früher hierfür möglichen 20%- Abschlag nun nicht mehr gibt.

Bei bebauten Grundstücken sind vor allem öffentlich-recht­liche Belastungen Anknüpfungspunkt für einen Gutachtennachweis. Diese können sich aus dem Planungs-, dem Bauordnungs-, dem Abgaben-, dem Denkmalschutz- sowie aus dem Landschafts- und Gewässerschutzrecht ergeben. Bei im Ertragswertverfahren bewerteten Gebäuden sind Abweichungen u.a. aufgrund höherer Bewirtschaftungskosten (z.B. bei sehr alten Gebäuden) oder einer geringeren Restnutzungsdauer denkbar.

Im Sachwertverfahren kann es gerade bei Geschäftsgrund­stücken durch die Anwendung stark vereinfachter „Regelherstellungskosten“ zu Überbewertungen kommen.

Hinweis: Bestehen solche oder andere Anhaltspunkte (z.B. Gebäudemängel, Renovierungsstau) dafür, dass der gemeine Wert des erhaltenen Grundstücks womöglich (deutlich) niedriger ist als der vom Finanzamt festzustellende Grundbesitzwert, sollte darüber nachgedacht werden, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Erörterung mit dem steuerlichen Berater

Natürlich ist es für einen Laien nur schwer zu überblicken, ob ein Gutachten einen geringeren Wert ausweisen wird als der vom Finanzamt festzustellende (voraussichtliche) Wert. Vor Beauftragung eines Gutachtens sollte der steuerliche Berater deshalb zumindest überschlägig prüfen, ob die mögliche Minderung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer die voraussichtlichen Kosten für das Gutachten (und etwaige zusätzliche Beratungskosten) deutlich übersteigt.

Hinweis: Grob geschätzt kann davon ausgegangen werden, dass ein Gutachten für ein durchschnittliches Ein- oder Zwei­familienhaus zwischen 1.000€ und 2.000€ kostet. Bei höheren Verkehrswerten bzw. schwierigen Ermittlungen sind deutlich höhere Werte denkbar. Die Finanzverwaltung erkennt grundsätzlich nur solche Gutachten an, die vom örtlichen Gutachter­ausschuss oder einem Sachver­ständigen für die Bewertung von Grundstücken erstellt wurden.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(17):18-18