Steuer-Spartipps

Erstausbildung und Erststudium:Konkrete Handlungsoptionen


Helmut Lehr

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs sind Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung grundsätzlich in voller Höhe als (vorweggenommene) Werbungskosten abzugsfähig1). Das oberste deutsche Steuergericht hält die aktuelle Gesetzeslage, nach der nur ein begrenzter Sonderausgabenabzug möglich ist, für verfassungswidrig2). Sollte das Bundesverfassungsgericht diese Auffassung bestätigen, könnten insbesondere die oft hohen Kosten für ein Erststudium insgesamt steuerlich geltend gemacht werden – ggf. im Wege einer Verlustfeststellung.

Viele Eltern fragen sich derzeit allerdings, was konkret zu tun ist, damit ihre studierenden Kinder steuerliche Verlustvorträge ansammeln können. Die nachfolgenden Handlungsoptionen sollen für mehr Klarheit sorgen.

Hinweis: An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass Aufwendungen im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses, z.B. auch das Studium an einer „Beamtenfachhochschule“, unstrittig als Werbungskosten abzugsfähig sind und insoweit kein besonderer Handlungsbedarf besteht.

Welche Kosten sind überhaupt absetzbar?

Zunächst muss man sich vergegenwärtigen, welche Ausgaben dem Grunde nach als vorweggenommene Werbungskosten für den mit dem Studium angestrebten Beruf absetzbar sein können.

Arbeitsmittel: Allgemein bekannt dürfte sein, dass Kosten für Fachbücher, Computer, Büromaterial etc. als Arbeitsmittel abzugsfähig sind, ggf. allerdings (nur) in Höhe der jeweiligen Jahresabschreibung.

Studiengebühren: Insoweit sind nicht nur die Gebühren als solche begünstigt, sondern auch etwaige Finanzierungskosten (Zinsen) für entsprechende Kredite.

Fahrtkosten: Fahrten zur Hochschule, Privatschule oder zu Lerngemeinschaften sind zumindest für die Vergangenheit in voller Höhe (ggf. pauschal mit 0,30 €/gefahrener Kilometer) zu berücksichtigen. Hinweis: Nach der Reisekostenreform zum 1. Januar 2014 gilt die Hochschule als „erste Tätigkeitsstätte“, sodass ab 2014 die Fahrten nur noch mit der Entfernungspauschale begünstigt sind (0,30 €/einfacher Fahrtkilometer)3).

Verpflegungsmehraufwendungen: Hier können die gesetzlichen Pauschalen (z.B. 24 €/Tag bei 24-stündiger Abwesenheit) angesetzt werden, allerdings nur für die ersten drei Monate. Bei einem Wechsel der Hochschule beginnt der Zeitraum erneut.

Mieten: Die Miete für die „Studentenbude“ ist grundsätzlich in voller Höhe begünstigt, sofern sie nicht offensichtlich unangemessen ist – dies dürfte unstrittig zumindest für die Zeit bis einschließlich 2013 gelten.

Umzugskosten: Tatsächliche Aufwendungen für Makler, Telefonate und Besichtigungsfahrten im Vorfeld sind Werbungskosten. Alternativ ist der Ansatz der Pauschalen nach dem Bundesumzugskostengesetz möglich.

Verlustfeststellungen für Altjahre beantragen

Wer bisher noch nicht aktiv war, hat grundsätzlich die Möglichkeit, erstmals Verlustfeststellungen zu beantragen. Eine Verlustfeststellung kommt natürlich nur in Betracht, wenn sich durch den vorweggenommenen Werbungskostenabzug für Studienkosten unter dem Strich auch tatsächlich ein Verlust ergibt. Dies ist womöglich nicht der Fall, wenn Studenten nebenbei nennenswerte eigene zu versteuernde Einkünfte erzielen („auf Lohnsteuerkarte“ oder als „Selbstständiger“). In diesen Fällen wirkt sich aber auch der Werbungskostenabzug direkt in der laufenden Einkommensteuererklärung aus – ggf. führt hier bereits der unstrittige Sonderausgabenabzug von 6.000 €/Jahr zum Ziel.

Häufig wird es jedoch so sein, dass für zurückliegende Jahre mangels steuerpflichtiger Einkünfte über dem Grundfreibetrag noch gar keine Einkommensteuererklärung eingereicht wurde. In diesen Fällen könnte zumindest für die letzten vier Jahre eine Verlustfeststellung beantragt werden. Der gesondert festgestellte Verlustvortrag stünde dann in späteren Jahren zur Verrechnung mit (ersten) positiven Einkünften des (vormaligen) Studenten zur Verfügung.

Hinweis: Es spricht derzeit viel dafür, dass ein isolierter Verlustbescheid (d.h. ohne vorhergehende Einkommensteuerveranlagung) auch noch für die letzten sieben Jahre möglich ist – steuerverfahrenstechnisch ist dies allerdings noch nicht einwandfrei geklärt. In diese Entscheidung sollte der steuerliche Berater eingebunden werden.

Praxisproblem: Aufwand der Eltern

Damit Werbungskosten dem Grunde nach anerkannt werden können, sollten sie nachweislich auch von den studierenden Kindern gezahlt worden sein. Ideal wäre die Begleichung vom Girokonto der Kinder (... das die Eltern im Vorfeld mit entsprechenden Mitteln – Schenkung – ausgestattet haben). Ggf. könnten die Eltern zur „Absicherung der Verträge“ auch als Bürge auftreten. Wenn die Eltern die Ausgaben für die „Studentenbude“ selbst zahlen und womöglich auch als Mieter im Vertrag oder als Kreditnehmer genannt werden, sind die Kosten bei den Kindern nicht ohne Weiteres abzugsfähig (sog. Drittaufwand). Man sollte dann gegenüber dem Finanzamt argumentieren, dass hier lediglich eine Abkürzung des Zahlungswegs vorlag.

Trotz der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die Finanzverwaltung bis zu einer abschließenden Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht natürlich der Auffassung, dass die aktuelle Gesetzeslage rechtens ist. Deshalb werden Verlustfeststellungsanträge zunächst abgelehnt werden. Gegen die Ablehnung ist dann Einspruch zu erheben, der bis zur abschließenden Klärung durch das Bundesverfassungsgericht ruhen sollte.

1) Vgl. Beschlüsse vom 17. Juli 2014, Aktenzeichen VI R 2/12 und VI R 8/12.

2) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 24 vom 15. Dezember 2014, Seite 17.

3) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 23 vom 1. Dezember 2014, Seite 18.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(02):18-18