Asset Management

Mit dem „Magischen Dreieck“ zum Erfolg


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Wer sein Vermögen breit streut, muss eine Krise an den Kapitalmärkten nicht fürchten. Denn dann werden Risiken einzelner Bereiche, z.B. der Aktienmärkte, durch Chancen anderer Segmente, wie etwa der Rohstoffe, ausgeglichen. Eine solche Streuung ist leichter als vermutet.

Geht es mit den Preisen für Aktien, Anleihen, Rohstoffe oder Immobilien aufwärts, sind deutsche Anleger meist lange Zeit skeptisch. Sie wagen ein Investment erst, wenn die Preise bereits massiv geklettert sind. Oft mit fatalen Folgen, denn bei volatilen Werten wie Aktien können Kursrückschläge beträchtlich ausfallen.

Allerdings ist es recht einfach, sich vor solchen Verlusten zu schützen. Denn schließlich entwickeln sich die einzelnen Anlagemärkte zumindest auf Dauer meist gegenläufig, jedoch selten in „friedlicher Eintracht“. Das Zauberwort daher: „Asset Allocation“, also die optimale Vermögensaufteilung.

Es genügt freilich nicht, das Gesamtvermögen weitgehend gleichmäßig auf die einzelnen Anlageformen zu verteilen, z.B. jeweils zu einem Drittel in Aktien, Anleihen sowie Immobilien und alternative Produkte zu investieren. Entscheidend sind letztlich die persönlichen Anlageziele, speziell die Anlagedauer und die eigene Risikobereitschaft.

Drei Kriterien

Bei jeder Form der Depotzusammenstellung unter diesen Gesichtspunkten ist das „Magische Dreieck“ zu berücksichtigen, das in den vergangenen Jahren etwas in Vergessenheit geraten ist, jetzt aber ein „Comeback“ erlebt. Die Eckpunkte stellen die Anlageziele Risiko, Rendite und Liquidität dar. Alle drei Ziele korrelieren zwar miteinander, unter einen Hut zu bringen sind sie jedoch nicht. So bedeutet ein geringes Risiko oder ein hohes Maß an Liquidität regelmäßig eine niedrige Rendite. Wird jedoch eine hohe Rendite angestrebt, muss der Anleger entweder risikoreicher investieren oder durch lange Laufzeiten auf Liquiditätsvorteile verzichten.

Vor der Anlageentscheidung sind also zunächst die eigenen Anlageziele klar abzustecken. Bei der Frage nach dem Risiko ist zu prüfen, wie hoch der maximale Verlust sein darf. Wer eher risikoscheu ist, sollte sich überwiegend in konservativen Anlageformen wie etwa Rentenwerten mit mittleren Laufzeiten oder „sicheren“ Fondsprodukten engagieren. Wer indes im Interesse einer höheren Rendite auch gewisse Risiken in Kauf nehmen will, ist im Aktienbereich gut aufgehoben.

In jedem Fall ist jedoch eine weitere Diversifizierung möglich – und sinnvoll. Risikofreudigere Anleger können auch im Aktiensegment die Gefahren in überschaubare Größenordnungen bringen durch die Aufteilung auf unterschiedliche Werte, Branchen und Länder. Wird z.B. das Aktienkapital auf zehn Positionen mit unterschiedlichem Charakter aufgeteilt, bedeutet selbst der – theoretische – Totalverlust einer dieser Positionen einen maximalen Verlust von 10 %. Wenn die anderen neun Aktien lediglich um 1,0 % steigen, ist dieses Minus bereits fast wieder ausgeglichen.

Aber auch im konservativen Rentenkonzept lassen sich die eigentlich gegensätzlichen Faktoren des „Magischen Dreiecks“ zum eigenen Vorteil nutzen. Um die Rendite zu steigern, ist es sinnvoll, einige wenige Papiere mit längeren Laufzeiten oder von Emittenten schwächerer Bonität ins Depot aufzunehmen. Hier gilt dasselbe wie bei Aktien: Wer zehn Rentenpositionen hält, verliert beim theoretischen Totalausfall eines Titels nur 10%. Und dies lässt sich durch die Renditevorteile anderer Papiere wettmachen.

Rendite realistisch kalkulieren

Als Anlageziel im Bereich des Eckpunkts Rendite nennen die meisten Investoren dieselbe Erwartung: „Möglichst viel.“ Sicher erscheint es sinnvoll, nach hohen Erträgen zu streben – sofern die anderen beiden Eckpunkte nicht darunter leiden. Eine realistische Betrachtungsweise ist also gerade hier erforderlich. Wer risikoscheu lediglich auf kurzlaufende Rentenwerte setzt, kann keine Zuwachsraten von 5,0 % oder 7,0 % erwarten. Umgekehrt muss aber auch ein Aktienanleger wissen, dass bei einer risikostreuenden Aufteilung des Kapitals nicht immer die Maximalrenditen zu erzielen sind, die in den Medien für einzelne Wertpapiere genannt werden.

Spekulanten unter den Sparern führen nun ins Feld, dass die Konzentration auf die aktuell tatsächlich chancenreichen Produkte, z.B. eine einzige Aktie mit prognostiziertem Kurspotenzial von 100 %, letztlich den größten Erfolg bringt. In der Tat lässt sich auf diese Weise das Vermögen verdoppeln – sofern das Geschäft aufgeht und die Aktie tatsächlich steigt. Die Erfahrung zeigt aber, dass es „sicher kalkulierbare Kursraketen“ nur in ganz wenigen Ausnahmefällen gibt. Stattdessen werden spekulationsfreudige Anleger oft massiv enttäuscht. Wiederholen sie dann ihre Fehler, kann dies schnell zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen. „Klumpenrisiken“ – also die Häufung bestimmter Anlageformen oder die Konzentration auf einzelne Märkte oder Wertpapiere – sind zwar manchmal chancenreich, letztlich jedoch extrem riskant.

Realismus ist schließlich auch beim Eckpunkt Liquidität angesagt: Viele Sparer begehen den Fehler, ein möglichst hohes Polster sehr liquider Anlagen aufzubauen und über Jahre zu halten. „Falls ich doch einmal Geld brauche ...“, lautet die Begründung für diese – in früheren Jahren durchaus berechtigte – Vorgehensweise. Heutzutage lässt sich indes meist genau vorhersehen, wann wie viel Geld benötigt wird. Ist z.B. das Auto neuwertig und vollkaskoversichert, muss vorerst kein Liquiditätspolster für eine Neuanschaffung gehalten werden. Ist der Wagen jedoch in die Jahre gekommen, sollte rechtzeitig Kapital beiseitegelegt werden. Ohne konkreten Plan ist ein Liquiditätspolster nur erforderlich, um laufende Kosten und vielleicht die eine oder andere Ersatzbeschaffung abzudecken.

Im Übrigen gibt es gerade bei unerwartetem Kapitalbedarf Möglichkeiten, schnell an sein Vermögen zu kommen: Die meisten Kapitalanlagen lassen sich innerhalb kürzester Zeit wieder an der Börse verkaufen, bei einer zuvor beachteten Risikostreuung drohen allenfalls geringe Kursverluste. Muss nur ein kurzzeitiger Liquiditätsbedarf abgedeckt werden, ist ein Kredit oft günstiger als ein langjähriger Renditeverzicht.

Gerade der Liquiditätsaspekt wird von vielen Vorsorgesparern kaum beachtet. Oft wird alles daran gesetzt, dass das Kapital zum voraussichtlichen Beginn des Ruhestands zur Verfügung steht. Doch einerseits lässt sich dieser Termin insbesondere für jüngere Menschen kaum noch konkret vorhersagen, andererseits stellt sich die Frage, ob das Geld dann wirklich in einer Summe benötigt wird. Das Einkommen wird mit Rentenbeginn zwar meist niedriger, es fallen aber auch geringere Kosten an. Wird dann jedoch quasi das gesamte Sparkapital in einer Summe fällig, steigt die Gefahr unüberlegter Entscheidungen, z.B. der zu frühen Vermögensübertragung an Dritte.

Marktlage entscheidet

Wurden die Eckdaten abgesteckt und die Anlageprodukte entsprechend ausgewählt, sollte ein weiteres Kriterium beachtet werden: die Marktlage. Erfahrene Börsianer investieren nicht dann in Aktien, wenn sie gerade Geld zur Verfügung oder sich mit ihrer Vermögensplanung auseinandergesetzt haben. Sie warten eine günstige Börsenlage ab, um rechtzeitig einzusteigen. Abwarten kann sich aber auch in anderen Bereichen lohnen, beispielsweise bei langlaufenden Rentenwerten, die nicht unbedingt in einer Niedrigzinsphase gekauft werden müssen.

Lohnend ist zudem die regelmäßige Überwachung und – eng damit verbunden – die Abstimmung auf die aktuellen Zielsetzungen. Viele Anleger kaufen interessante Produkte, verlieren sie aber anschließend aus den Augen. Oftmals steigt der Kurs dann sogar, um jedoch hinterher vielfach massiv einzubrechen. Wer sich hier realistische Ertragsziele setzt und auch vor der Gewinnmitnahme nicht zurückschreckt, wird letztlich den größten Erfolg haben.

Allerdings neigen gerade deutsche Anleger dazu, ihre Papiere mit Gewinn zu früh zu verkaufen, hingegen Verlustpositionen mehr oder minder verzweifelt „auszusitzen“. Diese Verhaltensweise lässt sich auch psychologisch begründen: Hat jemand einen Erfolg, will er diesen – gerade in der heutigen, wenig erfolgsverwöhnten Zeit – möglichst schnell sichern. Hingegen will man sich einen Misserfolg nur ungern eingestehen. Vielmehr geht man oftmals davon aus, dass die Einschätzung richtig war und die aktuellen Verluste nur von vorübergehender Dauer sind. Besser ist es jedoch, die erfolgreichen Positionen so lange – unter Beobachtung – laufen zu lassen, bis eine Trendwende eindeutig erkennbar ist.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(02):15-15