Ute Jürgens
Gerade in Kleinbetrieben wie Apotheken kann man nicht einfach darüber hinwegsehen, weil man sich ständig begegnet. Es gibt keine ferne Abteilung, in die jemand geschickt werden kann, und die Arbeitszeiten lassen sich auch nicht immer getrennt einrichten. Das Gefühl des Unbehagens hat zudem die unangenehme Eigenschaft zu wachsen, wenn man es ständig wahrnimmt oder es nicht akzeptieren will.
Lässt man jedoch alles, wie es ist, geht man schon mit schlechter Laune in die Apotheke oder ist dort ständig damit beschäftigt, alles so einzurichten, dass man möglichst wenig miteinander in Kontakt kommt. Das heißt: Der Mitarbeiter ist im HV und Sie bleiben im Büro, anstatt nach vorne zu gehen, wenn die Offizin sich füllt.
Ein anderes Beispiel: Einige organisatorischen Dinge wie Urlaubszeiten und die nächste Apothekenaktion sind dringend zu besprechen. Normalerweise ist es kein Problem, das Team für ein Treffen einzuberufen. In Erwartung unangenehmer Wortmeldungen des „ungeliebten“ Mitarbeiters schieben Sie den Termin der Versammlung immer weiter vor sich her. Die anderen verstehen nicht warum und fühlen sich in beruflichen und privaten Angelegenheiten behindert. Dieses Mal tangiert Ihre Aversion gegen den Mitarbeiter Ihre Angestellten, das Betriebsklima und den Zeitpunkt der Aktion.
Situationsanalyse
Starten Sie zu Beginn mit einer Analyse wie im Labor: Was ist da und was nicht? Erstellen Sie eine Liste mit den Faktoren, die Sie stören oder die Sie vermissen. Sortieren Sie: Sind es eher Ihre ganz eigenen persönlichen Aversionen oder handelt es sich um Verhaltensweisen, die auch andere im Team oder manche Kunden abstoßen wie Unzuverlässigkeit, Ungepflegtheit oder ein unfreundlicher Umgang?
Handelt es sich eher um Punkte, die die Arbeit an sich betreffen, oder um allgemeine Unzulänglichkeiten, ist ggf. ein ausführliches Mitarbeitergespräch erforderlich. Wenn es hingegen an Ihnen selbst liegt, müssen Sie „nur“ an Ihrer Einstellung arbeiten.
Einige Mitarbeiter sind uns unsympathisch, weil sie in ihrem Aussehen, ihren Bewegungen, ihrer Art zu sprechen etc. unangenehme Erinnerungen an Menschen aus vergangenen Zeiten wie Verwandte oder Lehrer aus der Grundschule wecken. Oft hilft es schon herauszubekommen, an wen genau man sich erinnert, und sich klar zu machen, dass der Mitarbeiter absolut nichts damit zu tun hat.
Auch aus diesem Grund sollte man aufmerksam wahrnehmen, ob man beliebtere Kollegen vorzieht. Sympathie ja oder nein: Fairness und Gerechtigkeit sind Trumpf. Es geht nicht, dass Mitarbeitern, die man mag, jeder Urlaubs- oder Fortbildungswunsch erfüllt wird, ihre Meinungsäußerungen auch kritischer Art als wertvolle Anregungen aufgefasst werden und einem unsympathische Angestellte grundsätzlich das Nachsehen haben.
Ihr „Gegenspieler“ merkt natürlich, dass die Chemie von Ihrer Seite aus nicht stimmt, und reagiert mehr oder weniger bewusst darauf. Entweder wecken Sie in ihm eine gewisse Unsicherheit, Demotivation und Ablehnung, wenn er sich nicht respektiert fühlt. Dann zieht er sich zurück und nicht selten entsteht ein Teufelskreis aus Reaktionen zwischen den Betroffenen mit immer weniger Bereitschaft zu Austausch und Klärung. Oder er geht – falls es sich um jemanden handelt, der es wissen will – auf Sie zu und spricht Sie auf z.B. unfaires Verhalten an. Falls Sie sich angegriffen fühlen, werden Sie ihn wahrscheinlich zurückweisen, woraufhin er sich in seiner Wahrnehmung der Ablehnung bestätigt fühlt.
Auch das Team schaut nicht die ganze Zeit unbeteiligt zu, sondern beschäftigt sich möglicherweise ebenfalls mit der Situation. Dadurch wird Konzentration von der Arbeit abgezogen. Zudem gibt es einen internen Austausch und Klatsch, der dazu führen kann, dass Partei ergriffen wird.
Die zwei Seiten der Medaille
So weit darf es nicht kommen. Geben Sie sich als erstes – so paradox es sich anhört – die Erlaubnis, den anderen unsympathisch zu finden. Suchen Sie sodann die Nähe des betreffenden Mitarbeiters und überzeugen Sie sich auch von seinen positiven Seiten. Falls er Sie an jemanden erinnert, werden Sie immer wieder Unterschiede zu der eigentlich ungeliebten Person feststellen und so eine Entkoppelung für sich ermöglichen.
Richten Sie zudem den Blick auf die „Kehrseite“ dessen, was Sie stört. Kennen Sie etwa Kollegen, die dauerhaft zu überschwänglichen Reaktionen neigen oder die die geborenen „Charmebolzen“ sind? Viele Kunden fühlen sich hierdurch besonders angesprochen und werden zu Stammkunden. Ein für Sie nervtötendes Verhalten bringt so einen Nutzen für Ihre Apotheke.
Trennen Sie grundsätzlich das Verhalten von der Person. Sprechen Sie selbst Kleinigkeiten frühzeitig an, wenn sie für Sie extrem lästig sind. So kommt es gar nicht erst zu einer ausgewachsenen Antipathie. Mit Kleinigkeiten meine ich dabei z.B. „chronisches Kuliverschleppen“ oder das Arbeiten an IHREM Bildschirm beim HV.
Ein weiterer Tipp – setzen Sie Rahmenbedingungen: „Wir haben uns darauf geeinigt, dass der Schlüssel grundsätzlich hier liegt und nicht anderswo“, „Wenn Sie Ideen und Anregungen haben, sprechen Sie mich bitte nicht an, wenn ich schon im Gehen begriffen bin, sondern in der ersten Stunde, nachdem ich gekommen bin“, „Private Gespräche führen Sie bitte in Ihrer privaten Zeit“.
Deutlich zu trennen ist das Ansprechen störender Verhaltensweisen von einem generellen Ansprechen der eigenen Antipathie gegenüber dem Mitarbeiter. Dies sollten Sie im Betrieb grundsätzlich unterlassen. Wenn Sie merken, dass Ihre unangenehmen Gefühle von Dauer sind, ist eher das Gespräch mit einem Coach angebracht, mit dem Sie offen sprechen und Strategien für eine bessere Einstellung erarbeiten können.
Wenn auch das Team leidet...
Sind nicht nur Sie betroffen, sondern allen Mitarbeitern ist der Kollege unangenehm, ist die Ausgangslage anders. Ist es jemand, der neu eingestellt wurde, so verabreden Sie zeitnah ein Vier-Augen-Gespräch und sprechen dort die betreffenden Punkte sachlich an. Lassen Sie Ihr Gegenüber Stellung beziehen. Wenn eine PTA z.B. nicht gleich in den HV eilt, wenn ein Kunde kommt, sondern abwartet, hat sie vielleicht im vorigen Betrieb die Weisung erhalten, dass PTAs immer als letzte nach den Approbierten vorgehen sollen. Klären Sie Derartiges und bitten Sie darum, das Verhalten möglichst innerhalb der Probezeit zu ändern.
Ganz anders ist die Lage, wenn ein langjähriges Teammitglied sich unangenehm verändert. Manchmal ist das der Fall bei langwierigen Krankheiten, Scheidung oder anderen einschneidenden Lebensereignissen. Sind die Umstände bekannt, wird deutlich, wie gut der Teamzusammenhalt ist. Ist die Gruppe bereit, die betroffene Person so lange zu unterstützen, bis sie sich wieder gefangen hat?
Wenn niemand weiß, was eigentlich los ist, heißt es, in Ruhe abzuwarten. Erst wenn der Mitarbeiter sich nicht alleine wieder „ins Lot bringen“ kann und die Arbeitsleistung deutlich nachlässt, ist der Zeitpunkt gekommen, ihn darauf hinzuweisen und um Aufklärung zu bitten. Auch das findet unter vier Augen statt.
Diese Unterredungen zählen nicht gerade zu den einfachsten Aufgaben einer Führungsperson, sollten aber unter keinen Umständen an die „Mutter des Teams“ delegiert werden. Sie würden damit Ihre Stellung als Chef verwässern und darüber hinaus noch in den Ruf kommen, unangenehme Dinge an die Angestellten abzuschieben.
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(02):11-11