Steuerspartipp

Apothekenkasse: Hinzuschätzungen der Finanzverwaltung


Helmut Lehr

Bargeldkassen stehen seit jeher im Fokus der Betriebsprüfung – bei nahezu allen Gewerbetreibenden. In letzter Zeit hat die Finanzverwaltung ihre Kontrollen in diesem Bereich weiter verschärft und wird sich künftig sogar noch intensiver mit der Prüfung von Kassensystemen beschäftigen. Schon im letzten Jahr haben die Finanzminister der Länder die gesonderte Arbeitsgruppe „Registrierkassen“ gegründet, die weitere Vorschläge zur Bekämpfung des Steuerbetrugs mit Kassensystemen ausarbeiten soll1).

Hinweis: Insbesondere Apothekeninhaber sollten darauf achten, dass sie nicht Opfer von über das Ziel hinausschießender Prüfungsaktivitäten der Finanzverwaltung werden. Sie müssen sich ggf. gegen unverhältnismäßige Hinzuschätzungen wehren.

Bundesfinanzhof steckt den Rahmen ab

In einem aktuellen Urteil musste der Bundesfinanzhof umfassend zu den Anforderungen an eine Hinzuschätzung des Finanzamts mittels eines sog. Zeitreihenvergleichs im Rahmen der Betriebsprüfung bei einer Schank- und Speisewirtschaft Stellung beziehen2). Dabei hat er auch wichtige Grundsätze zur generellen Schätzungsbefugnis der Finanzämter aufgestellt – insbesondere im Zusammenhang mit „Unregelmäßigkeiten“ bei programmierbaren Kassensystemen.

Die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs werden von Betriebsprüfern „gerne“ dazu benutzt, um die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung infrage zu stellen und damit die Tür für die (angebliche) Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen aufzustoßen.

Hinweis: Der Zeitreihenvergleich stellt im Grundsatz eine mathematisch-statistische Verprobungsmethode dar; er ist dem Bereich der Strukturanalysen zuzurechnen. Mittels Zeitreihenvergleich überprüft die Finanzverwaltung u.a. teils „automatisiert“, ob auch eine wochenweise Untersuchung der Rohgewinnaufschläge eines Betriebs schlüssig zum durchschnittlich erklärten Rohgewinnaufschlag des Kalenderjahres führt.

Zeitreihenvergleich allein reicht nicht

Der Bundesfinanzhof hat nun glücklicherweise ausdrücklich klargestellt, dass eine formell ordnungsgemäße Buchführung nicht allein aufgrund der Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs „verworfen“ werden darf. Gleiches gilt, wenn das Buchhaltungswerk nur geringe formelle Mängel aufweist.

Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß, kann das Finanzamt aber materielle Unrichtigkeiten der Einnahmenerfassung nicht konkret genug nachweisen, können die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs nur ausnahmsweise einen Anhaltspunkt für die Höhe einer erforderlichen Hinzuschätzung bieten. Im Zweifel sind größere Abschläge bei der Hinzuschätzung angezeigt!

Betriebsanleitung der Kasse unbedingt aufbewahren

Apothekeninhaber müssen unbedingt beachten, dass der Bundesfinanzhof der Aufbewahrung von Unterlagen im Zusammenhang mit der Ladenkasse ganz besondere Bedeutung beimisst. So stellt bei programmierbaren Kassensystemen allein die fehlende Aufbewahrung der Betriebsanleitung sowie der Protokolle nachträglicher Programmänderungen einen formellen Mangel dar. Dieser Mangel steht nach Ansicht des Gerichts in seiner Bedeutung dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei einer Registrierkasse oder dem Fehlen von Kassenberichten bei einer offenen Ladenkasse gleich.

Das bedeutet: Allein die fehlende Aufbewahrung der Betriebsanleitung und der Änderungsprotokolle berechtigt das Finanzamt ggf. zu einer Hinzuschätzung beim Gewinn.

1) Vgl. ausführlich AWA-Ausgabe Nr. 9 vom 1. Mai 2015, Seite 18 und 19.

2) Vgl. Urteil vom 25. März 2015, Aktenzeichen X R 20/13; im Internet unter www.bundesfinanzhof.de bei „Entscheidungen“ und dort unter „Entscheidungen online“ zu finden.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(18):17-17