Personalführung

Konkurrenz im Team


Andreas Kinzel

Erfolg hängt stark von Teamgeist und Wir-Gefühl ab. Starkes Konkurrenzdenken hingegen führt oft zu Konflikten, die das ganze Team lähmen können. Kundenkontakt, Umsatz und Abläufe leiden. Wie lässt sich dies entschärfen und Konkurrenz sogar zur Gewinnsteigerung nutzen?

Ein Sprichwort sagt „Konkurrenz belebt das Geschäft.“ Was im externen Wettbewerb durchaus von Vorteil sein kann, wird intern schnell zum Bumerang. Denn in der Apotheke ist es oftmals wie beim Fußball: Viele gute Einzelspieler erreichen als Mannschaft noch lange nicht die Champions League.

Die Apotheke ist in vielen Belangen nicht mit anderen Unternehmen, in denen z.B. in Großraumbüros gearbeitet wird, oder mit Einzelhandelsketten vergleichbar. Im Allgemeinen ist alles persönlicher, allein schon wegen der individuellen Bedürfnisse der Kunden. Ebenfalls ist – bedingt durch eher kleine Teams und eine komplexe Logistik – eine enge Zusammenarbeit nötig, ähnlich wie bei einem Uhrwerk. Nur als gut funktionierende Einheit ist das sensible Konstrukt aus Fachwissen, Empathie gegenüber den Kunden und Logistik gewinnbringend. Dazu gehört besonders der Teamgeist, der im Wesentlichen vom Wir-Gefühl lebt.

Interne Konkurrenz ist dabei für gewöhnlich eher kontraproduktiv, jedoch kann Wettbewerb in gewissem Maße die Verkaufszahlen stärken. Bei einer friedlichen Konkurrenz etwa zieht dann einer den anderen durch Motivation mit. Durch gegenseitiges Anspornen entsteht ein Spitzenteam. Sollen beispielsweise eine Marke oder bestimmte Zusatzverkäufe gestärkt werden, kann dies mit Verkaufsaktionen unterstützt werden. Wichtig ist dann, dass die Mitarbeiter insgesamt gut verkaufen, und nicht nur der eine besser als der andere.

Konkurrenz hat viele Gesichter

Konkurrenz kann vielschichtig sein und zeigt sich etwa im Machtkampf, im Wettkampf um angenehmere Arbeit oder Kunden, in einer unterschiedlichen Bezahlung oder im Streben nach Anerkennung. Dinge wie z.B. Urlaubswünsche oder Umsatzbeteiligungen bergen je nach Grad der Bevorzugung bzw. Art der Ausgestaltung hohes Konfliktpotenzial durch interne Konkurrenz.

Konkurrenzverhalten kann zudem aus Stress und Überlastung resultieren. Hier stehen dann meist nicht mehr Umsatz oder Profilierung im Vordergrund, sondern die Suche nach Freiräumen für unerledigte Arbeiten oder für eine Kaffeepause. Typische Fragen dabei sind: „Warum schon wieder ich?“ oder „Wieso bin ich der erste, der kommt und der letzte, der geht?“.

In einem Team, das sich als Einheit versteht und das freundschaftlich miteinander umgeht, stellt sich die Frage nach der Konkurrenz meist nicht. Man verfolgt ein gemeinsames Ziel. Durch das Zugehörigkeitsgefühl entsteht eine aktive Einheit, die gemeinsam den Erfolg sucht. So ist es für die Apotheke als Gemeinschaft sinnvoll, wenn die Anerkennung aus dem Team kommt und nicht der Einzelkämpfer nur sich selbst bestätigt.

Hier ist der Apothekenleiter gefordert, stets ein Auge darauf zu haben, dass das Team intern gut funktioniert. Dafür muss er dieses immer wieder ggf. neu definieren. Eine große Rolle spielen dabei die Aufgabenverteilungen und Hierarchien, die von den individuellen Qualifikationen und Begabungen abhängen.

Von Vorteil kann sein, wenn das Team nicht nur wirklich alle Mitarbeiter mit einschließt, sondern eine weitgehende Gleichberechtigung bietet. Der Chef ist dann – wie beim Fußball – als Kapitän oder Trainer Teil des Teams und verteilt die Aufgaben. So wird zwar die PKA natürlich viel mehr Zeit im Backoffice verbringen als im HV. Dennoch werden Teamgeist und Wir-Gefühl gestärkt, wenn man sich die Aufgaben – wo möglich – teilt und vielleicht auch der Apotheker einmal eine Sendung verbucht.

Aktive Konkurrenz schadet

Durch aktive Konkurrenz im Team, versuchen bestimmte Apothekenmitarbeiter besser zu sein als die anderen. Sie wollen sich beim Chef und den Kollegen profilieren. Auf diese Weise entsteht eine Mannschaft von Einzelkämpfern. Diese sind zwar oft primär erfolgreiche Verkäufer und können durchaus Kunden binden. Manchmal sind sie aber auch zu aktiv, was manche Kunden gerade beim sensiblen Thema Gesundheit eher negativ empfinden.

Dagegen fühlen sich Mitarbeiter, die den Teamgeist suchen, durch interne Konkurrenz blockiert und können ihr Potenzial nicht ausschöpfen. Sie haben Angst vor Fehlern und Auseinandersetzungen. Diese Mitarbeiter sind zwar oft zurückhaltend, punkten jedoch durch gute Beobachtungsgabe und angemessene Empathie. Weil sie mit einer geringeren inneren Anspannung arbeiten, nutzen sie weniger das „Pushsystem“, d.h., die Ware wird nicht so stark „zum Kunden gedrückt“. Vielmehr lassen sie den Kunden (scheinbar) selbst entscheiden, dieser zieht sich sozusagen die Ware (Pullprinzip). Gerade im Beratungsgespräch werden diese Eigenschaften von Kunden durchaus geschätzt.

Offener Wissensaustausch wünschenswert

Im Konkurrenzkampf der Mitarbeiter behalten manche ihr Wissen gerne für sich, um sich bei passender Gelegenheit vor Kunden und Chef zu profilieren, aber unter Umständen auch, um Kollegen zu schaden. Muss man sich aber stetig gegenüber den anderen beweisen, geht die Energie in der Selbstvermarktung auf, die Effektivität geht verloren.

Bei einem kooperativen Miteinander hingegen zählt der offene Austausch von Wissen. Besonders in der Apotheke mit ihrem hohen Anspruch an Fachwissen, ist ein laufender Lernprozess unerlässlich, ebenso beim Streben nach stetiger Verbesserung der Logistik. Hier gibt es eine offene Kommunikation auf gegenseitiger Wertschätzung, wobei Erfolge, aber auch Fehler offen angesprochen werden. Dadurch wiederholen sie sich nicht so schnell. Es gibt zudem einheitliche Ziele, nach denen alle streben.

Daher ist es sinnvoll, diese Ziele gemeinsam zu definieren. Wichtig ist, dass sich dabei alle als Gewinner sehen (Win-win-Situation). Denn wenn es nur einzelne Gewinner gibt, muss es zwangsläufig auch Verlierer geben (Win-loose-Situation). Letztere resignieren oft und nehmen ihr Potenzial ggf. zu einem neuen Arbeitgeber mit, oder treten in einen energieaufwendigen Kampf ein. Nur Gewinner sind langfristig zufrieden und leisten mehr, die Fluktuation sinkt. So ist etwa eine gemeinsame Entscheidung für die A-Empfehlungen sinnvoll, da sich so niemand benachteiligt fühlt, aber auch nicht ein Wettbewerb um den Verkauf verschiedener Produkte beginnt.

Der Apothekenleiter hat großen Einfluss auf das Konkurrenzverhalten im Team. So kann er etwa Verdienste als Teamleistung bewerten oder nach individuellen (Korb-)Umsätzen. Im letzteren Fall beginnt der Kampf um die besten Kunden. Scheinbar unattraktive Kunden mit geringen (Korb-)Umsätzen werden ggf. gemieden oder rasch abgefertigt. Allerdings können sich auch diese Kunden auszahlen, z.B. durch ihre hohe Besuchsfrequenz, ein demzufolge großes Vertrauensverhältnis und durch einen Multiplikatoreffekt, d.h. durch das Werben anderer Kunden aus der Familie und dem Freundeskreis mittels Mundpropaganda.

Oft übersehen wird, dass es in der Apotheke Verwaltungs- und Logistikaufgaben gibt, die wesentlich zu einem reibungslosen Ablauf und damit zum Gewinn beitragen, z.B. eine ordentlich geführte Rezeptur oder ein übersichtliches Warenlager. Diese lassen sich jedoch zunächst nicht mit Euro und Cent beziffern.

Fazit: Insgesamt kann Konkurrenz im Team das Geschäft durchaus beleben, es aber unter Umständen auch ausbremsen. Dann entstehen Reibungsverluste, die nicht nur Energie kosten, sondern auch Frustration und Unzufriedenheit hervorrufen. Eine innere Rebellion und Konflikte zwischen den Teammitgliedern sind die Folge. Ein Team sollte daher so aufgestellt sein, dass es wie ein Uhrwerk zusammenarbeitet. Wie beim Fußball gewinnt oft nicht das Team mit den besten und ehrgeizigsten Spielern, sondern das mit der besten Mannschaftsleistung. Der Chef fungiert dabei meist als Trainer am Spielfeldrand, manchmal mittendrin als Kapitän. Entscheidend ist nicht das „Ich“, sondern das „Wir“! Wenn das Team (fast) reibungslos arbeitet und sich (nahezu) blind versteht, fördert das nicht nur direkt Umsatz und Gewinn, sondern auch die Sympathiewirkung der Apotheke. Positive Stimmung färbt dann ab: Guter Chef – gutes Team – gute Kunden.

Andreas Kinzel, Apotheker und Diplom-Kaufmann (FH), 80637 München, E-Mail: a-kin@web.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(18):15-15