Steuer-Spartipps

Objektveräußerung: Spekulationsgewinn vermeiden


Helmut Lehr

Obwohl Mietobjekte in der Regel als langfristiges Investment gesehen werden, gibt es immer wieder Fälle, in denen ein Verkauf bereits einige Jahre nach der Anschaffung erfolgen muss bzw. soll. Werden vermietete Immobilien allerdings innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung veräußert, unterliegt ein eventuell erzielter Veräußerungsgewinn der Einkommensteuer (sog. Spekulationsgeschäft).

Hinweis: Oft wird dabei übersehen, dass sich ein steuerpflichtiger Gewinn auch ergeben kann, wenn der Veräußerungspreis die ursprünglichen Anschaffungskosten gar nicht übersteigt. Das Finanzamt mindert nämlich die Anschaffungskosten noch um die zwischenzeitlich steuerwirksam geltend gemachten Abschreibungen.

Gestaltungsvorschlag

In der steuerrechtlichen Fachliteratur wurde kürzlich eine besondere Gestaltungsvariante vorgestellt, mit deren Hilfe sich der Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft mit Grundstücken (Spekulationsgewinn) vermeiden oder zumindest ganz erheblich reduzieren lassen soll1). Die Gestaltung macht sich die Tatsache zunutze, dass die entgeltliche Ablösung eines sich beim Grundstücksverkauf vorbehaltenen Nießbrauchsrechts auch aus Sicht der Finanzverwaltung ein nicht steuerbarer Vorgang ist2).

Diese Gestaltungsmöglichkeit stellt sich dabei wie folgt dar:

Schritt 1: Statt der geplanten Veräußerung des Objekts zum vollen Kaufpreis behält sich der Verkäufer zunächst den Nießbrauch an dem bebauten Grundstück vor und veräußert dann das Objekt mit der – aus Sicht des Erwerbers – Nießbrauchsbelastung.

Schritt 2: Infolgedessen wird der Erwerber nicht bereit sein, den regulären Grundstückskaufpreis zu entrichten, weshalb die Beteiligten den Veräußerungspreis folgerichtig um den Wert der Nießbrauchsbelastung mindern. Diese deutliche Wertminderung führt dann regelmäßig dazu, dass kein oder nur ein geringer Veräußerungsgewinn entsteht, der sich ja aus der Differenz zwischen Veräußerungspreis und den um die Abschreibungen verminderten Anschaffungskosten ermittelt.

Hinweis: Vereinfacht ausgedrückt berechnet sich der Nießbrauchswert nach dem Jahreswert der Nutzungen (z.B. Mieteinnahmen), multipliziert mit einem Vervielfältiger, der an die Lebenserwartung des Nießbrauchsberechtigten gekoppelt ist.

Schritt 3: Eine gewisse Zeit später löst der Grundstückserwerber das Nießbrauchsrecht ab, indem er dem Nießbrauchsberechtigten (Verkäufer) den dann maßgebenden Kapitalwert der Nutzung zahlt („Quasi-Restkaufpreis“ des Grundstücks). Diese Zahlung führt beim Erwerber zu zusätzlichen steuerwirksamen Anschaffungskosten, während sie beim Veräußerer/Nießbrauchsberechtigten eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung darstellt.

Risiken der Gestaltung

Dass solche Gestaltungen offen publiziert werden, bleibt natürlich auch der Finanzverwaltung nicht verborgen. Sie könnte grundsätzlich argumentieren, dass insoweit von einer missbräuchlichen Steuergestaltung auszugehen sei. Eine nicht anzuerkennende missbräuchliche Steuergestaltung ist insbesondere dann gegeben, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung nur deshalb gewählt wird, um im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung einen gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil zu erlangen3).

Hinweis: Steuerpflichtige müssen dann faktisch nachweisen können, dass beachtliche außersteuerliche Gründe zu der Transaktion geführt haben.

Argumentationsmöglichkeiten

Der Erwerber könnte beim Kauf des Objekts natürlich argumentieren, dass hier ein besonders günstiger Preis vorliegt, weil der „reguläre“ Preis ja um den Wert des Nießbrauchs vermindert wurde. Der Käufer kann das Objekt aufgrund des Nießbrauchsrechts zunächst zwar nicht nach seinen Vorstellungen nutzen, immerhin partizipiert er aber von Beginn an von möglichen Wertsteigerungen – insbesondere in der derzeitigen Niedrigzinsphase.

Bei der zeitnahen Ablösung des Nießbrauchsrechts könnte argumentiert werden, dass der Verkäufer/Nießbrauchsberechtigte zwischenzeitlich erhöhten Kapitalbedarf befriedigen muss, z.B. wegen anderweitiger Investitionen. Hier sollte natürlich frühzeitig eine möglichst aussagekräftige Beweisvorsorge getroffen werden, um dies auch untermauern zu können.

Eindruck eines „Gesamtplans“ vermeiden

Zumindest aus Sicht der Finanzverwaltung spricht ein vorgefasster Gesamtplan tendentiell für eine missbräuchliche Gestaltung. Deshalb sollten die Beteiligten auch nach außen hin nicht den Eindruck entstehen lassen, dass sämtliche Handlungen, insbesondere die zeitnahe Ablösung des Nießbrauchs nach Objektveräußerung, von Beginn an geplant waren.

Vielmehr sollte die jeweils eigenständige Bedeutung der verschiedenen Transaktionen (Nießbrauchsbestellung, Verkauf, Ablösung des Nießbrauchs) konkret herausgearbeitet und betont werden.

Hinweis: Leider gibt es bei solchen oder ähnlichen Gestaltungen keine verbindliche „Schamfrist“, die es einzuhalten gilt. Jedoch sollte klar sein, dass es mit zunehmendem zeitlichen Abstand zwischen Objektverkauf und Ablösung des Nießbrauchs für die Finanzverwaltung immer schwerer wird, einen Gesamtplan für eine missbräuchliche Gestaltung zu unterstellen. Daher erscheint es aus neutraler Sicht ratsam, dass die Beteiligten den Nießbrauch frühestens zwei Jahre nach dem Grundstücksverkauf ablösen und dafür plausible außersteuerliche Gründe ins Feld führen.

1) Vgl. Kessler/Mirbach, Deutsches Steuerrecht 2015, Seite 926.

2) Vgl. Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 30. September 2013, Aktenzeichen IV C 1 - S 2253/07/ 10004, Tz. 60.

3) Vgl. § 42 Abgabenordnung.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(20):18-18