Apotheken-Außendarstellung

Den PR-GAU vermeiden


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Mit Public Relations (PR) wird die Außenkommunikation einer Organisation mit der Öffentlichkeit umschrieben. Selbst wenn Apotheken sicher nicht mit Konzernlenkern und Politikern vergleichbar sind – es lohnt sich auch für sie, auf einen möglichen Tag X vorbereitet zu sein!

Ein Konzernchef räumt Manipulationen an Motoren ein, eine Kanzlerin heißt spontan die halbe Welt willkommen (was jetzt wieder Schrittchen für Schrittchen korrigiert und kanalisiert wird): Gerade die jüngste Zeit war reich an Beispielen, was mehr oder weniger unbedachte Äußerungen so alles auslösen können: Noch gar nicht exakt taxierbare Milliardenschäden für einen Konzern und die dahinter stehende Wertschöpfungskette hier, und möglicherweise dramatische, ebenfalls kaum abschätzbare Folgewirkungen für Gesellschaft und Staatsfinanzen dort. Sicher ist jedoch: Am Ende der „Nahrungskette“ steht stets der Bürger und Steuerzahler.

Kleine Apothekenwelt?

Nun, als „Löwen-Apothekerin“ in Musterstadt oder Stadt-Apotheker in Kleckersdorf zeichnen Sie nicht für das Wohlergehen eines ganzen Konzerns, einer Region oder einer ganzen Nation verantwortlich. Auch dürften Ihre Äußerungen nicht die überregionale Verbreitung und Bedeutung erfahren, wie bei einem Prominenten – wobei man im Zeitalter von Internet und sozialen Medien mit dieser Aussage schon wieder vorsichtig sein muss.

Aber immerhin: Es geht um Ihren Betrieb, Ihre Existenz, eine Handvoll Arbeitsplätze, auch um das soziale Gefüge und Leben vor Ort. Nun mögen Sie einwenden: „Was soll schon passieren, was mich zu einer Reaktion in der Öffentlichkeit zwingen könnte?“

Wenn Sie bislang PR und Marketing betrieben haben, dann selbstbestimmt aus freien Stücken: Im Rahmen der üblichen Werbung, anlässlich eines Jubiläums oder eines besonderen Ereignisses wie Modernisierung oder Umzug. Das sollte machbar sein – vor allem aber: Das trifft Sie nicht unvorbereitet! Ganz anders aber werden Sie in folgenden Szenarien gefordert:

  • Ihre Apotheke brennt ab: Je nach Brandursache bzw. Täterschaft kann sich da bereits einiges Konflikt- und Erklärungspotenzial mit Fettnäpfchengefahr aufbauen!
  • Ihre Apotheke wird verwüstet, mutmaßlich „übliche Verdächtige“ am Ort schlagen Ihnen die Fenster ein u.a.m. Bei solchen Ereignissen hat man sich ganz schnell die Zunge verbrannt, wenn der Lokalreporter auftaucht, aber auch gegenüber den Kunden in der Apotheke (die das je nach eigenen Ansichten unterschiedlich weitertragen) oder vielleicht sogar im Gemeinderat, dem man angehört (wo dann natürlich rasch Konkurrenzgedanken und Parteienproporz die Oberhand gewinnen).
  • Sie schießen selbst einen oder mehrere „Böcke“: Beispielsweise führt eine gravierende Falschabgabe dazu, dass Sie die Öffentlichkeit informieren müssen, da Sie es auf dem „kleinen Dienstweg“ nicht mehr einfangen können und die Sicherheit eine „Rückholaktion“ zwingend notwendig macht.
  • Der „Rosenkrieg“ tobt derart in Ihrer Apotheke, dass Kunden und Öffentlichkeit mit einbezogen werden: Schlammschlacht auf großer Bühne, vor allem in kleineren Orten („jeder kennt jeden“) mit erheblicher, teils dramatischer Wirkung.
  • Sie sind selbst politisch oder in öffentlichkeitswirksamen Organisationen tätig, engagieren sich in Bürgerinitiativen oder Vergleichbares: Hier ist höchste Aufmerksamkeit im Hinblick auf professionelle PR, Außendarstellung und Verhalten gegenüber Kunden, Multiplikatoren und Honoratioren geboten. Schnell spalten Sie sonst Ihre Kundschaft mit allen Konsequenzen für Ihren Betrieb, und schlimmstenfalls geht dieser Riss dann sogar durch Ihre Belegschaft und Ihr persönliches Umfeld, wenn Sie allzu profilierte Positionen zu aggressiv vertreten. Deshalb: Ihre Apotheke ist kein Wahlkreisbüro!

Sie sehen also, es gibt reichlich Gelegenheiten, auch als Apotheker mit den Themen PR, Unternehmenskommunikation und Außendarstellung konfrontiert zu werden.

Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob Sie der durch andere Geschädigte sind (Brandstiftung, Einbruch, Überfall etc.), oder selbst Fehler begangen haben. Wer ernstlich durch Fremde geschädigt, gar verletzt wurde, ist schnell mit Verdächtigungen bei der Hand oder trägt gar Rachegedanken. Und je nachdem, wie z.B. ein Lokalreporter Ihnen suggestive Fragen stellt oder gar Antworten in den Mund legt, ist der PR-GAU vorgezeichnet, wenn Sie z.B. einen Einbruch auch nur andeutungsweise z.B. irgendwelchen Randgruppen oder „neuen Mitbürgern“ zuschreiben – selbst wenn es starke Indizien gibt. Aber es sind eben Indizien, nicht mehr. Grundsätzlich sollte man daher mit Schuldzuweisungen extrem zurückhaltend sein, zumal Sie oft nicht wissen, wie man Ihre Äußerungen hinterher noch „rundschleift“ oder in die gewünschte Richtung verdreht.

Besser ist das Betroffenheitsmodell: Zeigen Sie sich als unschuldiges Opfer, erschüttert und betroffen davon, wie so etwas in dieser schönen Gemeinde überhaupt möglich ist. Blicken Sie dann lieber in die Zukunft: Wir werden alsbald die Schäden beheben und die Apotheke in modernisierter Form weiterführen, wir nehmen dies zum Anlass, uns noch besser aufzustellen und für unsere Kunden da zu sein.

Gerade und ehrlich machen

Doch was, wenn Sie selbst „ins Klo“ gegriffen haben?

„Lügen haben kurze Beine“! So sollten Sie im Falle eigener Fehler keinesfalls Dinge, die man Ihnen irgendwann sowieso nachweisen kann, durch Lügen zu kaschieren versuchen. Umgekehrt bedeutet ehrlich sein vor allem erst einmal nicht zu lügen. Dagegen können Sie die objektiven Fakten (nämlich was wann und wo passiert ist) klar darlegen, und zwar möglichst ohne Wertungen, die ja stets subjektiv sind und damit viel Angriffsfläche bieten.

Muss man gleich alles sagen? Das kommt darauf an! Hinsichtlich der nüchternen Sachlage ist die vollständige Beschreibung zu empfehlen, denn diese kommt meist sowieso ans Tageslicht, und es ist besser, wenn Sie es aufklären, als z.B. die Presse. In jedem Fall sollten Sie aber sehr vorsichtig mit voreiligen Schuldeingeständnissen sein, da die juristischen Konsequenzen dramatisch sein können (siehe VW).

So hätte man im Falle VW auch formulieren können: „Es gibt offenkundig im Praxisbetrieb erhebliche Abweichungen unserer Abgaswerte von den Sollwerten, die nicht unserem hohen Anspruch an eine saubere Dieseltechnologie entsprechen. Wir werden dies vollständig und transparent aufklären, und wir werden für unsere Kunden Lösungen finden, die unserem hohen technischen Anspruch, den Kundenerwartungen und selbstverständlich den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.“

Sehr gut kommt es dabei stets an, in die Zukunft zu schauen und kundenfreundliche Lösungen in Aussicht zu stellen. Das Umfeld soll das Gefühl haben, durch Ihre Fehler am Ende nicht schlechter zu stehen als vorher.

Persönliche Probleme souverän managen!

Ihre Apotheke darf nie, wirklich niemals zur verlängerten Couch oder Psycho-Bühne zum Austragen persönlicher Probleme aller Art werden, und schon gar nicht vor der Kundschaft!

Dabei liegt der Gedanke (gerne auch von Partnern bzw. Partnerinnen) nahe, sich seine „Fans“ und Gefolgschaft gerade unter den Apothekenkunden zu suchen. Schneller kann man seine Truppen nicht rekrutieren, zumal, wenn noch die Mitarbeiter mit einbezogen werden.

Dass dies zum völligen Zerreißen des Betriebes führen kann, liegt auf der Hand. Kunden mögen sich amüsieren, auch Partei ergreifen. Am Ende verlieren aber meist alle Beteiligten an Ansehen, selbst wenn eine Seite vermeintlich mehr Sympathie und Mitleid „verdient“ hat. Diese drohende „Verlierer-Konstellation“ ist vielleicht der Hebel, doch wieder auf den Weg der Vernunft zurückzukehren. Aber es ist meist eine harte Wegstrecke!

Andernfalls ist gerade im Zuge von Scheidungen eine anwaltliche Beratung anzuraten, inwieweit ein Betreten der Apotheke untersagt bzw. einer Verleumdung und Geschäftsschädigung durch „Negativ-PR“ Einhalt geboten werden kann. In jedem Fall sind klare Vereinbarungen und Umgangsregeln anzustreben, mit eindeutigen Konsequenzen im Falle der Nichteinhaltung.

Apotheker Dr. Reinhard Herzog, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(21):9-9