Doris Zur Mühlen
Seit einigen Jahren sind der Datenzugriff und die elektronische Auswertung digitaler Daten durch Betriebsprüfer alltäglich. Die Befugnisse hierfür wurden bereits 2002 mit den GDPdU eingeführt und 2010 weiter verschärft. Diese Vorschriften wurden nun ersetzt durch das BMF-Schreiben „Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD). Sie finden Anwendung für Veranlagungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2014 beginnen. Hierbei handelt es sich nicht um gesetzliche Vorschriften, es sind Verwaltungsanweisungen der Finanzbehörde im Hinblick auf die Durchführung von Betriebsprüfungen.
Der Apothekeninhaber haftet für alles, was in seinem Unternehmen geschieht. Falls der Betriebsprüfer aufgrund von vermeintlichen Unregelmäßigkeiten Hinzuschätzungen zum Gewinn beabsichtigt, sollte der Apotheker vorgesorgt haben. Nachweise darüber, dass die Geschäftsvorfälle ordnungsgemäß aufgezeichnet werden und die Geschäftsgrundlagen vollumfänglich der Besteuerung unterlegen haben, können Hinzuschätzungen vermeiden. Insofern entfalten die GoBD auch für die Unternehmen eine gewisse Bindungswirkung.
Jeder Apothekeninhaber sollte sich inhaltlich mit den Anforderungen der GoBD auseinandersetzen und sie in notwendigem Maße in die betrieblichen Abläufe implementieren. Denn es ist davon auszugehen, dass die Verwaltung zügig die neuen Maßstäbe der GoBD in die Prüfungspraxis einfließen lassen wird.
Die Herausforderung besteht darin, Unternehmensprozesse und Arbeitsabläufe einschließlich der digitalisierten Aufzeichnung heute so zu gestalten, dass sie in künftigen Betriebsprüfungen als GoBD-konform angesehen und als ordnungsgemäß angenommen werden. Viele der allgemeinverbindlichen Vorgaben für eine ordnungsmäßige Buchführung sind hinlänglich bekannt. Sind Aufzeichnungspflichten nach außersteuerlichen Vorschriften zu erfüllen, z.B. ApBetrO, BtMG, Arbeitszeitnachweise gemäß MiLoG u.a., sind sie auch steuerrechtlich zu beachten.
Eine Klärung des Begriffes „steuerrelevante Daten“ bieten auch die GoBD nicht. Insoweit ist zu empfehlen, neben den Belegen der Buchhaltung alle Dokumente und Daten, sowohl die Papier- als auch die digitalen Belege und Datensätze, aufzubewahren, aus denen sich ein Zusammenhang mit der Buchführung und den Besteuerungsgrundlagen der Apotheke ergibt.
Nachfolgend sind wesentliche Anforderungen zusammengestellt, die der Apothekenleiter im Hinblick auf die GoBD beachten sollte.
Verantwortlichkeit liegt beim Apothekeninhaber
Apothekeninhaber sind für die Ordnungsmäßigkeit elektronischer Bücher und sonstiger elektronischer Aufzeichnungen und Unterlagen verantwortlich. Das schließt die Datenverarbeitungssysteme wie Warenwirtschafts- und Kassensysteme, Fakturaprogramme, Kalkulationsprogramme, relevante E-Mails, elektronische Rechnungen und Kontoauszüge mit ein.
Hinweis: Eventuelle Verstöße der eingesetzten Systeme gegen die GoBD werden dem Steuerpflichtigen angelastet, obwohl dieser in der Regel, da vom Softwarehaus entwickelt und gepflegt, keinen Einfluss auf deren Ausgestaltung hat.
Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit
Sämtliche Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung lückenlos verfolgen lassen, d. h. vom Beleg bzw. digitalen Datensatz bis zur Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung, zur Steueranmeldung bzw. Steuererklärung und umgekehrt. Die Nachprüfbarkeit muss für die gesamte Dauer der Aufbewahrungsfrist gegeben sein. Die vollständige und lückenlose Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle bei Datenverarbeitungssystemen erfordern, dass u. a. auch die Warenwirtschaftssysteme gemäß den Vorgaben des Herstellers bedient werden. Verbindliche Arbeitsanweisungenfür alle Benutzer sind daher zu empfehlen.
Zeitgerechte Aufzeichnung und Buchung
Nach den Vorgaben der Finanzverwaltung sollte jeder Geschäftsvorfall „zeitnah, d. h. möglichst unmittelbar nach seiner Entstehung“ aufgezeichnet bzw. erfasst werden. Der Vorgang (Beleg, Datensatz) ist einer geordneten und übersichtlichen Ablage zuzuführen. Bei baren Geschäftsvorfällen (Kassenbuch) gilt weiterhin die tagesaktuelle Aufzeichnungspflicht. Anmerkung: Ergänzend zu den GoBD soll noch im Juli der Gesetzentwurf zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom Kabinett verabschiedet werden. Das betrifft primär den Umgang mit Kassensystemen und die Anforderungen an diese.
Unveränderbarkeit gefordert
Die Finanzverwaltung verlangt, dass Daten, Buchungen und Aufzeichnungen ab dem Zeitpunkt ihrer Entstehung nicht in einer Weise verändert werden können, dass ihr ursprünglicher Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Einmal in den Verarbeitungsprozess aufgenommene Informationen dürfen nicht mehr unterdrückt, überschrieben, gelöscht oder verfälscht werden, ohne dass dies kenntlich gemacht wird.
Häufig kommen in Apotheken für primäre Aufzeichnungen Tabellenkalkulationsprogramme wie Excel zum Einsatz. Diese Praxis kann nach Meinung der Finanzverwaltung nur beibehalten werden, wenn zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um dem Grundsatz der Unveränderlichkeit gerecht zu werden. Das bezieht sich sowohl auf die Eintragungen ins Kassenbuch als auch auf die elektronisch erzeugten zugrunde liegenden Einzelaufzeichnungen (Einzelkassenzeile).
Internes Kontrollsystem (IKS) und Datensicherheit
Unter dem Begriff IKS fordert die Finanzverwaltung, dass der Steuerpflichtige sein Datenverarbeitungssystem gegen Verlust sichert und vor unberechtigten Eingaben sowie Veränderungen schützt, zum Beispiel durch Zugangs- und Zugriffsberechtigungen sowie deren Kontrollen. Werden keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um den Anforderungen gerecht zu werden, und können deswegen Daten, Datensätze oder elektronische Unterlagen nicht mehr vorgelegt werden, so ist die Buchführung formell nicht mehr ordnungsmäßig. Das eröffnet dem Prüfer die Möglichkeit der Hinzuschätzung.
Das IKS und die Vorgehensweise zur Datensicherung sind in einer Verfahrensdokumentation zu beschreiben, die ebenfalls gemäß GoBD gefordert ist.
Anforderungen an die Aufbewahrung
Elektronische Daten und Dokumente sind in ihrem originären Format aufzubewahren. Halten Sie Daten in dem Format vor, in dem sie empfangen oder erzeugt wurden. Eine Umwandlung in ein anderes Format ist nur dann zulässig, wenn die maschinelle Auswertbarkeit nicht eingeschränkt wird und keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen werden.
Nach bestimmten Vorgaben nachträglich digitalisierte Unterlagen können vernichtet werden, wenn eine ordnungsgemäße Aufbewahrung der digitalisierten Form sichergestellt ist und keine steuer- oder außersteuerlichen Vorschriften (z. B. BtMG, ApBetrO) die Aufbewahrung im Original fordern.
Zusammenfassung: Die GoBD und weitere zu erwartende Vorschriften seitens der Finanzverwaltung werden in Zukunft stärker den Alltag in den Apotheken prägen. Apotheker sollten zeitnah eine Bestandsaufnahme zur Umsetzung der Anforderungen der GoBD in ihrer Apotheke machen und ähnlich dem QM-System dafür sorgen, dass der „Apothekenalltag“ für steuerliche Belange dokumentiert wird. Das betrifft insbesondere auch die elektronischen Daten. Verantwortlichkeiten sind festzulegen und ein internes Kontrollsystem ist zu etablieren, um so „betriebsprüfungsfit“ zu sein.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(14):7-7