Helmut Lehr
In Ballungszentren und Großstädten verlässt das Elektrofahrrad langsam sein Nischen-Dasein und wird mehr und mehr zur echten Alternative zum Pkw – auch und gerade für die Fahrten zur Arbeit. Weil abgabenoptimierte Entlohnungsformen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen interessant sind, liegt es auf der Hand, dass Unternehmen verstärkt darüber nachdenken, Mitarbeitern „E-Bikes“ auch zur privaten Nutzung zur Verfügung zu stellen. Dies gilt insbesondere für kleinere Betriebe, für die Firmenwagen wirtschaftlich nicht darstellbar sind.
Hinweis: Es liegen bereits mehrere Verwaltungsanweisungen zu dieser noch recht jungen Vergütungsalternative vor, sodass die steuerlichen Rahmenbedingungen weitgehend abgesteckt sind.
Erscheinungsformen des „E-Bikes“
Zum besseren Verständnis müssen zunächst die Begrifflichkeiten geklärt werden. Der Begriff Elektrofahrrad umfasst eigentlich alle mit einem Elektromotor ausgestatteten Zweiräder. Dazu zählen insbesondere auch ein Pedelec (Pedal Electric Cycle) und ein E-Bike1):
- E-Bikes fahren auf Knopfdruck auch ohne Unterstützung durch den Fahrer und gelten noch als Fahrrad, solange sie dabei 6 km/h nicht erreichen. Ab 6 km/h sind es zulassungspflichtige Kraftfahrzeuge.
- Pedelecs arbeiten nur dann mit Motorunterstützung, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei einer Motorunterstützung bis 25 km/h und einem Hilfsantrieb mit einer Nenndauerleistung von höchstens 0,25 kW gelten sie als Fahrrad. Werden höhere Geschwindigkeiten unterstützt oder haben die Räder eine höhere Nennleistung, gelten sie als zulassungspflichtige Kraftfahrzeuge.
Überlassung zur privaten Nutzung
Überlässt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern Fahrräder (auch) zur privaten Nutzung, handelt es sich um einen zum Arbeitslohn gehörenden geldwerten Vorteil, der für steuerliche Zwecke zu bewerten ist. Einzelheiten regelt ein gleichlautender Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23. November 20122).
Als monatlicher Durchschnittswert werden 1 % der auf volle 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads einschließlich der Umsatzsteuer festgesetzt. Diese Regelung gilt auch für Elektrofahrräder, wenn diese verkehrsrechtlich als Fahrrad einzuordnen sind, wenn also keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht besteht. Im Gegensatz zur „vergleichbaren Regelung“ bei Firmenwagen beinhaltet dieser Wert auch die Nutzung für die Wege zur Arbeit. Die Sachbezugsfreigrenze (monatlich 44 €) gilt allerdings nicht.
Hinweis: Der Erwerb eines zusätzlichen (Wechsel-)Akkus durch den Arbeitgeber dürfte den Nutzungswert eigentlich nicht erhöhen, da auch bei Firmenwagen nur die im Zeitpunkt der Erstzulassung werksseitig eingebaute Sonderausstattung zu berücksichtigen ist.
Besteuerung beim Mitarbeiter
Der wesentlichste Vorteil für Arbeitnehmer besteht natürlich darin, dass sie die vergleichsweise hohen Anschaffungskosten für ein Elektrofahrrad sparen – und ggf. weitere Aufwendungen für den Weg zur Arbeit (Bus, U-Bahn etc.). Außerdem kann die Entfernungspauschale von 0,30 €/km für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zum Ansatz gebracht werden, weil diese verkehrsmittelunabhängig ist.
Beispiel: Ein Elektrofahrrad zum Neupreis von 3.000 € führt zu einem lohnsteuerpflichtigen Gehaltsbestandteil von 360 €/Jahr (3.000 € x 1 % x 12 Monate). Bei einer Entfernung zur Arbeitsstätte von 5 km beträgt der Werbungskostenabzug 345 € (5 km x 0,30 € x 230 Arbeitstage), sodass unterm Strich nahezu keine steuerliche Mehrbelastung durch die Privatnutzung eintritt. Selbst wenn keine weiteren Werbungskosten vorliegen und der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 € deshalb dazu führt, dass die Entfernungspauschale wirkungslos „verpufft“, hält sich die steuerliche Zusatzbelastung absolut im Rahmen.
Fahrradleasing mit Gehaltsumwandlung
Elektrofahrräder werden zunehmend auch als Leasingvariante für Arbeitgeber angeboten. Kombiniert man dies mit einer echten Gehaltsumwandlung3), lässt sich die Abgabenbelastung des Arbeitgebers gezielt optimieren.
Beispiel: Apotheker Bernhard least ein Pedelec mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 3.300 € zu Firmenkundenkonditionen für monatlich 80 €. Privatpersonen müssten für das gleiche Modell 85 € aufwenden. In Höhe von 50 €/Monat vereinbart er mit einem Mitarbeiter eine wirksame Gehaltsumwandlung in der Weise, dass dieser auf das Geld verzichtet (Minderung des Bruttolohns) und im Gegenzug das als Fahrrad eingestufte Pedelec nutzen darf.
Die Gehaltsumwandlung führt zunächst zu einer Minderung des lohnsteuerlich maßgebenden Arbeitslohns in Höhe von 50 €, der maßgebende Sachbezug von 33 € monatlich (3.300 € x 1 %) zu einer Erhöhung. Unterm Strich wird das steuer- und sozialabgabenpflichtige Gehalt um 17 €/Monat reduziert und führt damit auch zu einer Minderung der Abgabenbelastung des Arbeitgebers.
Hinweis: Wer als Arbeitgeber über die Umsetzung solcher Vergütungsformen nachdenkt und die Rentabilität bzw. Sinnhaftigkeit der Maßnahme strikt nach Geldabflüssen bewerten möchte, muss dabei auch die umsatzsteuerlichen Folgen der Überlassung im Blick haben, die zu weiteren Belastungen führen können. Dies sollte vorab in einem Gespräch mit dem steuerlichen Berater erörtert werden.
1) Vgl. ausführlich www.ebike.de
2) Vgl. auch AWA-Ausgabe Nr. 1 vom 1. Januar 2013, Seite 18 und 19.
3) Vgl. hierzu Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, Kurzinformation Lohnsteuer Nr. 05/2015 vom 9. Juli 2015.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(22):18-18