Richtsätze 2016 für Apotheken

Veraltet und realitätsfern


Guido Michels

Finanzbehörden vertrauen auf Richtsätze, um den wirtschaftlichen Erfolg verschiedener Branchen zu bewerten. Da die Werte für Apotheken seit Jahren nicht angepasst wurden, sind sie aber fern der Realität. Dies kann zu Konflikten bei Betriebsprüfungen führen.

Im Juni 2017 hat das Bundesministerium für Finanzen die Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2016 veröffentlicht. Die Richtsätze dienen der Finanzverwaltung dazu, die Ergebnisse der Gewerbetreibenden zu verproben oder zu schätzen. Die Tabelle unten zeigt die Richtsätze 2016 für Apotheken. Die Gesamtkosten tauchen in den Richtsätzen nicht auf, sondern wurden errechnet. Als Vergleich dienen die Durchschnittswerte 2016 für west- und ostdeutsche Betriebe aus dem Externen Betriebsvergleich der Treuhand Hannover. Die Mittelsätze wurden zuletzt 2011 angepasst, die Rahmensätze 2015 leicht verändert. Im vergangenen Jahr gab es keine Änderungen.

Der Mittelsatz der Finanzverwaltung für den Rohgewinn beträgt 26,0 %. Weil hier seit fünf Jahren keine Anpassungen erfolgten, weicht die Realität sehr stark ab. Vor allem der Struktureffekt, also die konstante Verteuerung der Arzneimittel durch hochpreisige Innovationen und Preisanpassungen, lässt die durchschnittlichen Margen sinken. Mit 24,6 % (West) beziehungsweise 22,6 % (Ost) sind die Apotheken in Deutschland inzwischen weit vom Mittelwert entfernt. Die Spannbreite des Rohgewinns in der Richtsatzsammlung reicht von 22 % bis 29 %. Nach unseren Zahlen liegt etwa ein Viertel aller Apotheken außerhalb dieses Rahmens. Apotheken im Osten befinden sich als Gruppe nur noch knapp am unteren Ende des Rahmensatzes. Rohgewinne in der Größenordnung des oberen Rahmensatzes von 29 % werden nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Strukturgegebenheiten erreicht.

Berechnet man die Gesamtkosten der Apotheke als Differenz aus den Mittelsätzen für Roh- und Reingewinn, so erhält man einen Wert von 18,0 %. Dieser liegt nahe an den „echten“ Kosten einer durchschnittlichen Apotheke.

Bei den Gewinnen gehen die Richtsätze von 8,0 % aus. Solche Ergebnisse wurden 2016 im Durchschnitt weder in Ost- noch in Westdeutschland erreicht. Mit 6,1 % (West) und 6,6 % (Ost) liegen die Apotheken eher am unteren Ende des Rahmens. Wie beim Rohgewinn auch, sind die Rahmenvorgaben unrealistisch: Rund 30 % aller Apotheken erreichen nicht einmal den unteren Rahmen von 5 % Betriebsergebnis! Auch die obere Grenze mit Betriebsergebnissen im zweistelligen Prozentbereich ist für die Praxis eine unrealistische Größenordnung.

Fazit: Die Mittelsätze weichen stark von der realen Ertragssituation der Apotheken ab. Da die Richtsätze der Finanzverwaltung zur Orientierung in Betriebsprüfungen dienen, sind durchaus Kontroversen möglich. Apotheker sollten daher Umstände darlegen können, die die Abweichungen erklären.

Diplom-Ökonom Guido Michels, Treuhand Hannover GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, 30519 Hannover, E-Mail: guido.michels@treuhand-hannover.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(14):7-7