Ralf Dreczko
Schon seit geraumer Zeit kontrolliert die Finanzverwaltung die Ordnungsmäßigkeit der Kasse im Rahmen von Betriebsprüfungen. Ab dem 01.01.2018 ist dies nun auch außerhalb von Betriebsprüfungen möglich. Gemäß dem neuen §146b der Abgabenordnung (AO) kann ein Prüfer des Finanzamtes hierzu während der Geschäftszeiten unangekündigt in der Apotheke erscheinen.
Bei einer solchen „Kassen-Nachschau“ kann der Prüfer zum einen verlangen, dass Sie ihm die in Ihrem Warenwirtschaftssystem (WWS) gespeicherten digitalen Kassendaten übergeben. Zum anderen darf er überprüfen, ob die Kassenaufzeichnungen ordnungsgemäß in die Buchführung übernommen wurden. Das bedeutet im Klartext, dass Ihre gesamte Kassenführung – und damit insbesondere die Ordnungsmäßigkeit Ihres Kassenbuches – kontrolliert werden kann.
Kassenbuch
Als bilanzierungspflichtige und sogenannte „bargeldintensive“ Unternehmen sind Apotheken verpflichtet, ein Kassenbuch zu führen. Darin müssen die Kasseneinnahmen und -ausgaben sowie der Kassenbestand täglich aufgezeichnet werden.
Grundlage für die Eintragungen ist zunächst der tägliche Tagesabschlussbon („Z-Bon“). Die darauf ausgewiesenen verdichteten Tageseinnahmen und -ausgaben müssen als solche in das Kassenbuch übertragen werden. Hierbei ist Folgendes zu beachten:
- Auch unbare Umsätze (über EC- bzw. Kreditkarte sowie Kreditverkäufe) sind Bestandteil der Tagesumsätze. Sie finden sich deshalb in der Regel auch auf dem Z-Bon als Einnahme. Da sie aber für den Bargeldbestand der Kasse irrelevant sind, müssen sie in gleicher Höhe als Ausgabe ins Kassenbuch übertragen werden.
- Von Kunden bar beglichene Kreditverkäufe und bar bezahlte Ausgangsrechnungen stellen Einnahmen, aber keine Umsätze dar.
- Die Ausgaben müssen vollständig in der Kasse erfasst werden, und es muss stets ein Beleg vorhanden sein. Das gilt auch für solche Bargeldbestände aus der Kasse, die Sie auf der Bank einzahlen, und weiterhin für Ihre Privatentnahmen. Für letztere müssen Eigenbelege ausgestellt werden.
- Die Eintragungen müssen „zeitgerecht“ erfolgen: Haben Sie also z.B. eine Tankquittung vor ein paar Tagen privat verauslagt und entnehmen den entsprechenden Betrag nun aus der Kasse, dann erfassen Sie die Ausgabe nicht mit ihrem tatsächlichen Belegdatum, sondern datieren sie auf heute. Idealerweise heften Sie dabei den Tank- an einen Auszahlungsbeleg aus der Kasse, sodass der Zusammenhang deutlich wird.
- Ein ordnungsgemäßer Z-Bon als Grundlage für die Eintragungen in das Kassenbuch muss bestimmte Angaben enthalten (Checkliste). Falls Sie diese Angaben in Ihrem WWS manuell konfigurieren können, müssen Sie sie folglich ebenfalls zwingend ausweisen.

Kassensturz
Ein wesentliches Kriterium der Ordnungsmäßigkeit des Kassenbuches ist die tägliche Kassensturzfähigkeit, d.h. der Soll-Bestand laut Z-Bon muss mit dem tatsächlich ausgezählten Kassenbestand (Ist-Bestand) abgeglichen sein. Dafür sollten die Kasse centgenau gezählt und dieser Kassensturz dokumentiert werden. In der Regel dürfte es reichen, wenn Sie den Ist-Bestand handschriftlich auf dem Z-Bon vermerken und dann abzeichnen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann den Kassensturz auch in Form eines Zählprotokolls dokumentieren.
Erfahrungsgemäß stimmt der Ist-Bestand in der Praxis nie centgenau mit dem Soll-Bestand überein. Häufigste Ursache hierfür sind Bedienungsfehler bei der Erfassung von baren und unbaren Zahlungsvorgängen. Um solche Fehler im Soll-Bestand zu korrigieren, führen Sie den Kassensturz am besten zunächst in Form eines Zwischenabschlusses („X-Bon“) durch. Dann können Sie den Soll-Bestand vor der Erstellung des Z-Bons – soweit möglich – noch durch einen nachträglichen Zahlartwechsel im WWS korrigieren. Da der tatsächliche Ist-Bestand ausschlaggebend für die Eintragung im Kassenbuch ist, müssen Sie verbleibende Differenzen zwischen Z-Bon und tatsächlichem Bestand dort als Einnahme (Ist>Soll) bzw. Ausgabe (Ist<Soll) erfassen. Hierfür empfiehlt es sich, entsprechende Einzahlungs- bzw. Auszahlungsarten im WWS anzulegen.
Nun kann es Ihnen im Rahmen einer „Kassen-Nachschau“ zukünftig passieren, dass der Prüfer den Bestand des Kassenbuches mit dem tatsächlichen Bargeldbestand in der Apotheke verproben möchte – dies gilt in jedem Fall für den Vortag, vorstellbar wäre aber auch, dass ein tagesaktueller Kassensturz verlangt wird. Wenn Sie also kein Risiko eingehen wollen, kommen Sie zukünftig nicht mehr darum herum, das Kassenbuch tagesaktuell zu führen und den Kassensturz täglich vorzunehmen.
Alternative Optionen
Die tägliche Kassenführung wird damit um einiges aufwendiger. Diese Arbeit kann Ihnen leider niemand abnehmen, auch nicht Ihr Steuerberater. Die Kassenführung ist eine originäre Pflicht des Unternehmers! Am geringsten ist der Aufwand für Sie, wenn Ihr WWS über ein Kassenbuch verfügt, in das die ohnehin im System vorhandenen Kassendaten automatisiert übernommen werden. Sofern Sie alle Ein- und Ausgaben in der Kasse erfasst haben, müssen Sie im Regelfall lediglich noch die Bankeinzahlungen und evtl. die Privatentnahmen manuell eintragen.
Alternativ können Sie auch ein handschriftliches Kassenbuch führen oder mit separaten EDV-Kassenbuchprogrammen bzw. Online-Lösungen arbeiten. In beiden Fällen müssen Sie die Daten des Z-Bons manuell in das Kassenbuch übertragen. Das ist weitaus fehleranfälliger und zeitaufwendiger. Wenn Sie ein handschriftliches Kassenbuch führen, gilt es um der Ordnungsmäßigkeit willen u.a. zu beachten, dass der ursprüngliche Eintrag bei Korrekturen lesbar bleibt und dass keine Leerzeilen (für eventuelle Nachträge) vorhanden sind. Greifen Sie auf EDV-Kassenbuchprogramme bzw. Online-Lösungen zurück, muss insbesondere die Unveränderbarkeit der übernommenen bzw. eingegebenen Daten gewährleistet sein (d.h. Excel dürfen Sie nicht verwenden!).
Beanstandungen
Führt die „Kassen-Nachschau“ zu Beanstandungen, so ist der Prüfer berechtigt, ohne eine weitere Prüfungsanordnung zu einer regulären Betriebsprüfung überzugehen. Hierbei sind z.B. sogenannte formelle Fehler von Bedeutung. Dies sind z.B.
- Buchungen ohne Beleg,
- keine Dokumentation von Bar-Stornos,
- Lücken bei den Z-Bons (fehlende Tage, nicht fortlaufende Nummerierung),
- keine tägliche Führung des Kassenbuches und
- Verletzung der Aufbewahrungspflichten.
Folgenschwerer wiegen materielle Fehler in der Kassenführung. Diese führen unter Umständen unmittelbar zu Umsatzhinzuschätzungen. Zu diesen Fehlern gehören z.B.
- verschleierte Einnahmen,
- nicht erfasste Kassenfehlbeträge und
- kein täglicher Kassensturz.
Damit ist aber leider immer noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht: Der sogenannte „Fiskalspeicher“ ab 2020 ist bereits beschlossene Sache. Hierfür müssen die Daten Ihres WWS durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung gespeichert, geschützt und mit einer digitalen Schnittstelle für Datenübermittlungen an das Finanzamt versehen werden. Verfügen Sie bis zum 01.01.2020 nicht über ein solches System, kann dies mit Geldbußen von bis zu 25.000 € (!!!) geahndet werden – und zwar unabhängig davon, ob überhaupt ein steuerlicher Schaden entstanden ist.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(19):6-6