Ute Jürgens
Zum wiederholten Mal hat PTA Husch einen größeren Ansatz in der Defektur fehlerhaft berechnet, das Ganze muss entsorgt werden. Ihre Kollegin Sauber ist gestresst und verärgert: „Warum muss ich immer alles ausbügeln? Ich weiß nicht, wohin vor lauter Arbeit! Und dann habe ich auch noch meine Last mit der Neuen!“ Seitdem Husch da ist, häufen sich die Fehler. Zudem passt sie nicht gut ins Team. In der Folge beschwert man sich täglich bei Apothekenleiter Langmut über allerlei Pannen von Husch. Der Betriebssegen hängt schief, zumal Langmut die neue Kraft anfangs verteidigt: „Sie muss sich doch erst einarbeiten. Nun lassen Sie ihr doch ein paar Wochen Zeit!“ Aus den Wochen werden Monate, und es wird eher schlimmer als besser.
Mittlerweile tendiert auch Langmut zum Zweifel, scheut sich aber vor der Kündigung. Der Markt für pharmazeutisches Personal ist trotz vieler Apothekenschließungen immer noch wie leer gefegt, es war schon schwierig genug, Husch zu finden. Zudem haben Langmuts Angestellte die Neue mühsam eingearbeitet und dabei ihre anderen Aufgaben aufgeschoben. Er selbst schließlich müsste nach der Kündigung ein Zeugnis schreiben und andere Formalien erledigen. „Entsetzlich aufwendig das Ganze“, denkt er sich. Und: „Was habe ich falsch gemacht? Was sollte ich beim nächsten Mal anders machen?“
Fehlentscheidungen: Ursachen
Die Fehler bei der Einstellung (s.a. Checkliste unten) beginnen schon bei der Suche nach neuem Personal: So schauen Apothekenleiter oftmals nur in den Gesuchen von potenziellen Angestellten nach, statt selbst aktiv zu werden. Oder sie annoncieren nur ein einziges Mal in einer Zeitung.

Weiterhin geraten sie häufig in Bedrängnis, weil sie zu spät mit der Suche anfangen. Dabei ist richtige Zeitpunkt bereits dann, wenn klar ist, dass jemand das Team verlassen wird oder dass aufgestockt werden soll – und nicht erst, wenn die entsprechende Kraft bereits die Apotheke verlassen hat. Zu berücksichtigen ist dabei, dass häufig noch Resturlaub ansteht und auch Krankschreibungen eingereicht werden können. Eine späte Suche aber verursacht Druck und zwingt zu hastigen Entscheidungen: Die neue Kraft wird nicht sorgfältig ausgesucht, sondern vielmehr, weil gerade niemand anderes zur Verfügung steht. Stellen Sie Ihr neues Personal idealerweise ein, bevor das alte das Team verlässt. So entsteht kein Engpass, und die Einarbeitung gelingt besser.
Beim Vorstellungsgespräch sollten Sie die Erwartungen abgleichen, um frühzeitig Inkompatibilitäten festzustellen: Sucht der Bewerber z.B. etwas Ruhiges, bei Ihnen geht es aber oft hektisch zu? Angeraten sind auch ein oder mehrere Probearbeitstage. Vielleicht haben Sie danach den Eindruck gewonnen, dass die neue Kraft sich noch nach Ihren Wünschen entwickeln kann? Doch wie weit? Die ganz großen Schritte sind selten möglich, die Erwartungen manchmal zu hoch: Nur weil wir schon einen Glücksgriff mit einem anderen Angestellten getan haben, muss nicht jeder Neue in jeder Hinsicht ein Ass sein.
Fokussieren Sie sich jedoch nicht zu eng auf nur bestimmte Eigenschaften: Manche Menschen wiegen Schwächen durchaus mit Stärken auf, an die wir vorher gar nicht gedacht haben.
Verbesserungspotenzial – oder Kündigung?
Wenn sich Probleme ergeben, nachdem der neue Mitarbeiter bereits eingestellt wurde, können Sie zunächst versuchen, durch Gespräche und Fortbildungen doch noch alles zum Guten zu kehren. Das ergibt allerdings nur Sinn, wenn der Kandidat selbst weiß, dass und in welcher Hinsicht er sich entwickeln will. Außerdem muss das Team weiterhin offen dafür sein, Zeit und Energie für die benötigte Hilfe bereitzustellen. Ist das nicht der Fall, lautet die Devise: So schnell wie möglich kündigen! Je länger Sie warten, desto mehr Chancen verpassen Sie, gute neue Mitarbeiter zu finden!
Und wie kündigen Sie? Schriftlich, das ist klar. Mündlich obendrein, das ist noch besser. Der Psychologe und Betriebswirtschaftler Karl Benien gliedert schwierige Gespräche in mehrere Phasen: Nach der Eröffnung mit Themenbenennung folgen Sachverhalte, Austausch und Lösung [2]. Bei der Kündigung heißt das, klar auf den Punkt zu kommen und einleitend die Gründe zu benennen. Danach sollte man gemeinsam das weitere Vorgehen besprechen und das Gespräch positiv abschließen. Dem Mitarbeiter ist eher geholfen, wenn er selbst eine Idee für seine Zukunft entwickelt, als wenn ihn ein Apothekenleiter zu etwas zu überreden versucht und womöglich aggressiv und unfreundlich agiert. Ein unzufriedener Angestellter – das kennen wir von den Kunden – erzählt mehr Menschen Negatives über die Apotheke als einer, der den Arbeitsplatz in halbwegs guter Erinnerung verlässt.
Aus Fehlern lernen
Apotheker Langmut hat nach gründlichen Recherchen erkannt, was er in Zukunft verändern will: Nachdem die Geduld des Teams absolut erschöpft ist, kündigt er PTA Husch. Nach einigen Überlegungen beschränkt er sich darauf, im Zeugnis die Stärken der PTA zu benennen. Vielleicht profitiert ein anderer Arbeitgeber davon. In Langmuts Apotheke fallen leider die Schwächen zu sehr ins Gewicht.
Der Chef überlegt, dass er zukünftig die Probezeit eher verlängern will, damit beide Seiten einander besser einschätzen können und kein Zeitdruck entsteht. Das Team bezieht er in Zukunft schon bei der Entscheidung nach den Probearbeitstagen mit ein.
Langmut befragt seine Mitarbeiter außerdem, inwiefern sie die Apothekenbesetzung zeitlich ändern würden. Er erfährt, dass es durchaus Phasen gibt, in denen weniger Personal im HV gebraucht wird. So zeigt auch das Tagesprotokoll im Computer deutlich betriebsschwache Zeiten: Manchmal kommen in der Mittagszeit nur zwei Kunden. Deswegen fällt der Beschluss, die Apotheke probeweise für eine Stunde zu schließen. Falls keine großen Einbußen entstehen sollten, plant man, das auf zwei Stunden auszuweiten. Langmut selbst wird zukünftig weniger für den HV-Bereich eingeplant: Engpässe waren zuvor nämlich manchmal dadurch entstanden, dass er zwar vor Ort gewesen ist, aber im Büro anderes zu erledigen hatte.
Nach drei Monaten haben sich nur drei Kunden enttäuscht geäußert, weil sie ihre eigene Mittagspause für den Einkauf in der Apotheke nutzen wollten. Das Personal erklärt ihnen daraufhin ausführlich die Gründe für die veränderten Öffnungszeiten. Schnell findet man eine gemeinsame Lösung: Die Kunden können telefonisch bestellen, dann wird durch einen Boten geliefert. Außerdem erfahren die Kunden, dass die Apotheke bereits um acht Uhr öffnet und sie so bereits vor ihrem eigenen Arbeitsbeginn vorbeikommen können.
Die Mitarbeiter initiieren die Entwicklung eines Leitbildes [3]: Sie möchten zukünftigen Kollegen schriftlich die Werte und Schwerpunkte ihrer Arbeit vermitteln. So weiß jeder Bewerber, worauf er sich einlässt und ob die Stelle zu ihm passt.
Fazit: Apothekenleiter Langmut zieht eine positive Bilanz. Obwohl durch seinen Fehlgriff zunächst Verdruss entstanden ist, zeigen sich Vorteile: Weil das Team zukünftig bei Entscheidungen einbezogen wird, fühlt es sich aufgewertet. Zudem ist er selbst entlastet. Die entlassene PTA hat einen für sie weit besseren Arbeitsplatz gefunden. Der neue Besetzungsplan und die eingeschränkten Öffnungszeiten sind für alle gewinnbringend und sparen Personal.
Literatur
[1] Bergdolt, R.: Erfolgreich führen in der Sandwichposition. Freiburg/Br.: Haufe-Lexware 2016, ISBN: 9783648080757
[2] Benien, K.: Schwierige Gespräche führen: Modelle für Beratungen, Kritik- und Konfliktgespräche im Berufsalltag. Reinbek: Rororo 2003, ISBN: 9783499614774
[3] Beer, M., Roland, R.: Kommunikation – Erfolgsfaktor in der Apotheke. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 2011, ISBN: 9783642171598
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(19):10-10