Apotheker 55 plus

Optimale Nachfolgeplanung


Dr. Andreas Nagel

Die Nachfolgeplanung ist für die meisten Apotheker ein komplexer Vorgang, da neben rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen auch psychologische und emotionale Faktoren eine Rolle spielen. Erfahren Sie, was genau es dabei zu beachten gilt!

Vielen Apothekern fällt es nicht leicht, über eine Nachfolgeregelung für ihre Apotheke nachzudenken. Es ist schwer, das langjährig aufgebaute Lebenswerk an einen Nachfolger zu übergeben und sich zugleich mit der eigenen Entbehrlichkeit abzufinden. In einigen Fällen macht man sich zudem Gedanken darüber, ob der Fortbestand der Apotheke und der Arbeitsplätze gefährdet ist, wenn sich kein qualifizierter Nachfolger finden lässt. Das Thema „Nachfolgeplanung“ wird daher gerne verdrängt – manchmal so lange, bis z. B. aus gesundheitlichen Gründen akuter Handlungsdruck entsteht. Angesichts des Zeitbedarfs, den die Suche nach einem geeigneten Nachfolger und die Prüfung aller rechtlichen wie auch organisatorischen Fragen erfordern, sollte mit der Planung der Nachfolge etwa ab dem 55. Lebensjahr begonnen werden.

Bestandsaufnahme

Starten Sie mit einer Bestandsaufnahme in Ihrer Apotheke und beantworten Sie zum Einstieg die folgenden Fragen:

  • Welches Betriebsvermögen soll auf den Nachfolger übertragen werden?
  • Ist die Höhe der Umsätze und Gewinne für einen Nachfolger attraktiv?
  • Sind die Arbeitsabläufe derart strukturiert und dokumentiert, dass eine Übergabe problemlos erfolgen kann?
  • Wie werden Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner voraussichtlich auf einen Inhaberwechsel reagieren?
  • Welcher Personenkreis ist in die Nachfolgeplanung einzubeziehen bzw. zu informieren?

Die Antworten auf diese Fragen zeigen, welche vorbereitenden Maßnahmen erforderlich sind und welcher Zeitbedarf für die Nachfolgeregelung eingeplant werden muss.

Nachfolger finden

Als Nachfolger bzw. Käufer werden in den meisten Fällen Familienangehörige, qualifizierte Mitarbeiter, externe Dritte oder bisherige Mitbewerber in Betracht kommen. Ein qualifizierter Nachfolger aus der Familie oder dem Mitarbeiterkreis hat in der Regel den Vorteil, dass er mit den Besonderheiten der Apotheke bereits vertraut ist, alle Kollegen sowie viele Kunden persönlich kennt und seine fachlichen und menschlichen Fähigkeiten bereits unter Beweis stellen konnte. Wenn Sie extern nach einem Nachfolger suchen müssen, können Sie dazu Anzeigen in pharmazeutischen Fachzeitschriften, Kontakte aus Erfa-Gruppen oder spezialisierte Apothekenvermittler nutzen. Definieren Sie dazu die Anforderungen, die ein „idealer Nachfolger“ erfüllen sollte (Alter, Geschlecht, Ausbildung, pharmazeutische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Berufs- und Führungserfahrung, persönliche Eigenschaften).

Bewertung und Kaufpreis

Die Ermittlung des Kaufpreises ist häufig ein zentraler Punkt der Nachfolgeregelung. Dabei fließen neben objektiven Kriterien oft auch sehr subjektive Wertvorstellungen der Verhandlungspartner ein. Eine wichtige Rolle dabei spielen

  • die wirtschaftliche Lage der Apotheke,
  • die Standortqualität,
  • die vorhandene Substanz,
  • das Alter der Ausstattung,
  • das Image der Apotheke,
  • der Kundenstamm,
  • die Mitarbeiterqualifikation sowie
  • das Produkt- und Leistungsangebot.

Der Wert der Apotheke lässt sich z.B. mit dem sogenannten „Ertragswertverfahren“ auf Basis der Ertragskraft annähernd objektiv ermitteln. Dabei werden die vom Nachfolger zukünftig erzielbaren Gewinne auf den Kaufzeitpunkt abgezinst. Die größten Probleme bei der Anwendung des Verfahrens bestehen darin, eben jene Gewinne zu prognostizieren und einen angemessenen Kapitalisierungszinssatz festzulegen.

Finanzierung

Die Finanzierung des Kaufpreises durch den Nachfolger wird in vielen Fällen über einen Bankkredit erfolgen. Um Unternehmensübernahmen finanziell zu unterstützen, haben Bund und Länder außerdem eine Vielzahl von Förderprogrammen geschaffen. Welches Förderprogramm im Einzelfall in Betracht kommt, hängt von den individuellen Verhältnissen des Nachfolgers und verschiedenen formalen Anforderungen ab. Deshalb sollte zu diesem Thema unbedingt das Gespräch mit einem Experten gesucht werden. Denn nur durch die Berücksichtigung aller individuellen Faktoren lässt sich eine optimale Finanzierung sicherstellen.

Rechtliche Aspekte

Die rechtliche Grundlage der Unternehmensübertragung bildet der Unternehmenskaufvertrag, in dem alle wichtigen Punkte geregelt werden (z.B. Kaufgegenstand, Übergabezeitpunkt, Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten).Aus rechtlicher Sicht ist oft auch zu prüfen, ob der Nachfolger bestehende Verträge (z.B. Mietverträge) weiterführen soll und ob Änderungen von Eheverträgen oder Testamenten erforderlich werden. Wegen des Umfangs und der Komplexität der regelungsbedürftigen Fragen sollten Sie unbedingt eine fachkundige Beratung in Anspruch nehmen! Nur durch individuell gestaltete Vereinbarungen können die Interessen von Käufer und Verkäufer angemessen berücksichtigt werden. Bei der Verwendung von Standardverträgen hingegen bleiben individuelle Fragen oft ungeregelt. Dies führt häufig zu nachträglichen Auseinandersetzungen.

Steuerliche Aspekte

Die steuerlichen Folgen einer Apothekenübertragung hängen insbesondere davon ab, ob die Übertragung entgeltlich an Dritte oder unentgeltlich an Familienangehörige erfolgt und ob der Kaufpreis in einer Summe oder in wiederkehrenden Zahlungen (Renten, Raten) geleistet wird. Es ist verständlich, dass Übergebender und Nachfolger die aus ihrer Sicht steuergünstigste Variante anstreben. Dennoch sollten nicht steuerliche Überlegungen, sondern der Erfolg der Übertragung und der Fortbestand der Apotheke im Vordergrund stehen.

Psychologische Aspekte

Der Erfolg von Nachfolgeregelungen wird zudem entscheidend von der Frage bestimmt, ob der Nachfolger von den Mitarbeitern und Kunden auch menschlich als neuer Inhaber akzeptiert wird. Die Beliebtheit des Übergebenden vorausgesetzt, gilt hier die Faustregel: Je mehr das Verhalten des Nachfolgers dem des bisherigen Inhabers ähnelt, desto größer ist die Akzeptanz bei Mitarbeitern und Kunden. Und andersherum: Je mehr sich das Verhalten des Nachfolgers von dem des bisherigen Inhabers unterscheidet, desto deutlicher empfinden Mitarbeiter und Kunden den Wechsel der Apothekenleitung als „Bruch“ und umso größer ist das Risiko, dass Mitarbeiter oder Kunden abwandern. Dies gilt insbesondere, wenn die Apotheke bisher sehr stark von der persönlichen Anwesenheit und Mitarbeit des Inhabers geprägt wurde.

Wenn Übergebender und Nachfolger in einer Übergangsphase zeitgleich in der Apotheke arbeiten, sollte für diese Zeit eine klare Aufgaben- und Kompetenzabgrenzung vereinbart werden, damit es nicht zu widersprüchlichen Entscheidungen der Beteiligten kommt. Wenn der bisherige Inhaber einzelne Entscheidungen oder Aussagen des Nachfolgers gegenüber Mitarbeitern und Kunden infrage stellt oder widerruft, wird dessen Autorität deutlich geschwächt.

Mitarbeiter und Geschäftspartner einbeziehen

Die Mitarbeiter sollten rechtzeitig in den Nachfolgeprozess einbezogen werden. So entsteht Klarheit darüber, welche Konsequenzen die Veränderung in der Apothekenleitung für sie hat. Die wichtigsten Geschäftspartner können persönlich über die Nachfolge informiert werden. Der Nachfolger sollte die Kontakte zu diesen Geschäftspartnern aufrechterhalten und pflegen.

Dr. Andreas Nagel, Diplom-Ökonom, Akademie für Apothekenmanagement, 31535 Neustadt am Rübenberge, E-Mail: dr.andreasnagel@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(21):10-10