Jasmin Theuringer
Im Falle einer Scheidung wollen sich viele Arbeitgeber auch betrieblich von ihren Ehegatten trennen. Aber ist das so einfach möglich?
Endet das Arbeitsverhältnis automatisch?
Eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Ende der Ehe käme allenfalls in Betracht, wenn das Zusammenleben der Ehegatten Geschäftsgrundlage für das Arbeitsverhältnis gewesen ist. Denn nach §313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist eine Vertragsaufhebung (hier: des Arbeitsvertrages) möglich, wenn wesentliche Umstände, die Grundlage des Vertrages waren, nachträglich entfallen sind. Obwohl in den meisten Fällen anzunehmen sein dürfte, dass die Ehe ein wesentlicher Grund für das Arbeitsverhältnis gewesen ist, haben die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) nach einhelliger Meinung Vorrang vor denen des BGB (Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 09.02.1995, Aktenzeichen: 2 AZR 389/94). Somit führt das Ende einer Ehe nicht automatisch zu einem Ende des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses.
Insofern müssen Sie immer eine Kündigung aussprechen. Ob diese zulässig ist, hängt indes ganz wesentlich davon ab, ob das Arbeitsverhältnis in einem kleineren oder größeren Betrieb bestand.
Was ist bei einer Kündigung in Kleinbetrieben zu beachten?
In einem sogenannten „Kleinbetrieb“ – also einem Betrieb mit nicht mehr als zehn Arbeitnehmern – ist eine Kündigung unter Beachtung der Kündigungsfristen in der Regel unproblematisch. Insbesondere die Tatsache, dass das Scheitern der Beziehung der Grund für eine Kündigung ist, ändert nichts an der Zulässigkeit der Kündigung. So hat beispielsweise das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass eine Kündigung zulässig ist, wenn der Ehegatten-Arbeitgeber sie damit begründet, dass man getrennt lebe und die Scheidung bevorstehe (Urteil vom 09.05.2008, Aktenzeichen: 6 Sa 598/08). Es sei nachvollziehbar, dass der Arbeitgeber die Grundlage für eine persönliche Zusammenarbeit mit der Ehefrau in seinem Kleinbetrieb nicht mehr als gegeben erachte. Dies laufe auch nicht dem grundgesetzlich verbürgten Schutz von Ehe und Familie zuwider. Hierauf hatte sich die Ehefrau in dem Verfahren nämlich berufen.
Und in größeren Betrieben?
Deutlich schwieriger wird die Trennung von einem Ehegatten-Arbeitnehmer, wenn es sich nicht um einen Kleinbetrieb handelt und sich die Rechtfertigung der Kündigung am KSchG messen lassen muss. Anwendung findet das KSchG, wenn
- das Arbeitsverhältnis seit mehr als sechs Monaten andauert und
- im Betrieb des Arbeitgebers regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Das KSchG lässt eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus
- personenbedingten,
- verhaltensbedingten oder
- betriebsbedingten Gründen
grundsätzlich zu. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das Scheitern der Ehe als ein solcher Grund anzusehen ist.
Personenbedingte Kündigung
Eine personenbedingte Kündigung liegt vor, wenn die Gründe in der Person des Arbeitnehmers liegen. Gemeint ist damit, dass der Arbeitnehmer die Anforderungen aus dem Arbeitsvertrag nicht erfüllen kann, weil er beispielsweise krank ist oder nicht über ausreichende fachliche Qualifikationen verfügt.
Was aber könnte im Falle eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses ein Grund für eine personenbedingte Kündigung sein? Zu denken wäre beispielsweise an die – aufgrund des erschütterten Vertrauens – begründete Sorge, dass es dem angestellten Ehegatten an der erforderlichen Loyalität fehle oder dass die ehelichen Streitigkeiten zu einer Störung des Betriebsfriedens führen würden (BAG, Urteil vom 09.02.1995, Aktenzeichen: 2 AZR 389/94).
Eine Zerrüttung der Ehe allein rechtfertigt eine personenbedingte Kündigung nicht. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzukommen. So kann es z.B. unzumutbar für einen Apothekenleiter sein, seine Ehegattin als Filialleiterin zu beschäftigen, wenn die beiden wegen ehelicher Streitigkeiten privat nur noch über Anwälte miteinander kommunizieren. Wirkt sich die Zerrüttung der Ehe hingegen nicht konkret auf das Arbeitsverhältnis aus, ist sie für die Frage nach der Zulässigkeit einer Kündigung ohne Relevanz (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 20.03.1990, Aktenzeichen: 27 Ca 14/90).
Verhaltensbedingte Kündigung
Um eine verhaltensbedingte Kündigung handelt es sich, wenn es dem Arbeitgeber aufgrund eines bestimmten Verhaltens des Arbeitnehmers nicht mehr zugemutet werden kann, am Arbeitsvertrag festzuhalten. Gemeint sind damit in erster Linie schuldhafte Vertragsverletzungen des Arbeitnehmers wie
- eine dauerhafte Leistungsverweigerung,
- unentschuldigtes Fehlen,
- ein ständiges Zuspätkommen oder
- Straftaten im Betrieb.
In all diesen Fällen steht das Verhalten in Zusammenhang mit dem Betrieb. Das ist jedoch in der Regel nicht der Fall, wenn sich die Arbeitsvertragsparteien – also die Ehepartner – privat trennen. Demzufolge muss auch hier, ähnlich wie bei der personenbedingten Kündigung, eine konkrete Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis hinzukommen. Denkbar sind insbesondere Fälle, in denen Streitigkeiten im Betrieb – und schlimmstenfalls vor Kollegen – ausgetragen werden.
Bevor Sie eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen, ist regelmäßig eine Abmahnung erforderlich. Das gilt auch im Ehegatten-Arbeitsverhältnis. Gibt es Ausnahmen? Ja! Und zwar, wenn dem Arbeitnehmer bewusst ist, dass er mit einer (schwerwiegenden) Pflichtverletzung sein Arbeitsverhältnis auf das Spiel setzt. Das kann insbesondere bei Straftaten im Betrieb der Fall sein: Erfüllt sich z.B. ein Ehegatte seinen vermeintlichen Unterhaltsanspruch durch einen Griff in die Kasse kurzerhand selbst, dürfte eine Abmahnung überflüssig sein.
Betriebsbedingte Kündigung
Von einer betriebsbedingten Kündigung spricht man, wenn kein Bedarf an der Arbeitskraft mehr besteht – also insbesondere, wenn der Arbeitsplatz wegfällt. Nun haben wir im AWA 20/2017 bereits gezeigt, dass das Vorliegen eines „betrieblichen Bedürfnisses“ ein Kriterium von Finanzamt und Sozialversicherungsträgern ist, um ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis anzuerkennen. Somit kann nun im Umkehrschluss das Scheitern der Ehe allein schlecht den Wegfall des Arbeitskraftbedarfs rechtfertigen. Dieses Argument wird insbesondere dann nicht greifen, wenn nach dem Ausscheiden des Ehegatten eine andere Arbeitskraft für diese Tätigkeit eingestellt wird.
Denkbar wäre aber z.B. folgender Fall: Die Ehegattin ist bislang für die Buchhaltung zuständig gewesen. Nunmehr entscheidet der Apothekenleiter, diese Tätigkeit künftig selbst zu erledigen. Dann entfällt der Bedarf für die Beschäftigung einer Buchhaltungskraft. Wenn darüber hinaus keine andere Beschäftigungsmöglichkeit in der Apotheke besteht – z.B. weil die Ehegattin keine entsprechende Ausbildung hat –, kann eine betriebsbedingte Kündigung durchaus gerechtfertigt sein.
Fazit
Das Scheitern der Ehe führt nicht automatisch zu einer Beendigung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses. Es kann als Kündigungsgrund außerhalb eines Kleinbetriebs nur dann erfolgreich angeführt werden, wenn weitere Umstände hinzukommen, die zu konkreten betrieblichen Beeinträchtigungen führen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(22):14-14