Dr. Michael Brysch
Wie nicht anders erwartet, beherrschen die Herz-Kreislauf-Mittel nach wie vor das Verordnungsgeschehen nach Menge mit 131,4 Mio. Packungen. In der Liste der Indikationen mit den häufigsten Verordnungen stehen sie auch wertmäßig mit 2.510 Mio. € zu Apotheken-Nettoumsätzen an der Spitze (Tab. 1). Damit entfallen in der durchschnittlichen Apotheke fast 6.600 Verordnungen jährlich oder etwa 23 pro Tag auf dieses Indikationsfeld. Tatsächlich gibt es mit rund 3,7 Mrd. € Nettoumsatz aber eine noch kostenintensivere Gruppe von Fertigarzneimitteln, die aufgrund ihrer lediglich 2,8 Mio. Verordnungen jedoch nicht in der Top-Liste nach Menge auftaucht, nämlich die Gruppe der Immunsuppressiva – ein heute weit gestecktes Gebiet über etliche Indikationen hinweg.
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Analgetika und Antirheumatika folgen mit 89 Mio. Verordnungen, immerhin 16 pro Tag und Apotheke. Etwa 110 Mio. Schmerzmittelpackungen und damit nochmals mehr werden indes zusätzlich „over the counter“ privat gekauft und unterstreichen die wichtige Beratungsfunktion der Apotheke.
Mit größerem Abstand im Bereich von 40 bis 50 Mio. Verordnungen (8 bis 9 täglich je Apotheke) folgen dann Magen-Darm-Mittel, Psychopharmaka und Antiinfektiva (letztere umfassen alle systemischen Präparate von antibakteriellen über antivirale bis hin zu antimykotischen sowie Wurmmittel). Alle diese Massenpräparate sind recht billig mit Verordnungswerten um 20 € bis 30 € netto, lediglich teure antivirale Mittel treiben dort die Werte. Alle weiteren Indikationen haben mengenmäßig geringere Bedeutung und schlagen täglich nur noch wenige Male in der Apotheke auf. Je nach Fachärztebesatz in der Umgebung stellt sich das Verordnungsspektrum aber individuell ganz anders dar.
Die „Renner-Liste“ der Wirkstoffe (Abb. 1) mag noch mehr erstaunen: Allein gut 50 Mio. Verordnungen oder im Schnitt 9 pro Tag und Apotheke entfallen in Summe auf die beiden Schmerzmittel-Klassiker Ibuprofen und Metamizol-Na. Letzteres ist zwar ebenfalls billig (rund 12,50 € Nettokosten für die GKV je Verordnung), aber bekanntermaßen aufgrund der seltenen Möglichkeit einer Agranulozytose nicht unkritisch. Bei etwa 30 bis 50 solcher Fälle pro Jahr ist es dennoch recht unwahrscheinlich, dass die einzelne Apotheke hiermit einmal konfrontiert wird.
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Ansonsten ist das „Top-Dutzend“ von Mitteln zur Bluthochdruckbehandlung sowie von Säureblockern gekennzeichnet. Überraschend: Mit nur diesen 12 Top-Wirkstoffen werden bereits gut 30% der Fertigarzneimittel-Verordnungen bestritten, nach Wert allerdings nur 8,5%. Je Apotheke fallen hiermit rund 10.100 Verordnungen im Jahr an, das sind etwa 36 täglich. Um 85% der Verordnungen abzudecken, braucht es aber bereits etwa 500 Wirkstoffe. Die Top-Wirkstoffe verursachen dabei für die GKV jeweils Kosten im meist unteren dreistelligen Millionenbereich.
Nicht-Fertigarzneimittel
Das Nicht-Fertigarzneimittelsegment (Tab. 2) hat nach Umsatz um beachtliche 9,5% auf 5.722 Mio. € zu Bruttowerten vor Rabatten zugelegt, bei allerdings etwas rückläufigen Verordnungszahlen (77,3 Mio., –4,3%). Einen hohen Anteil am Kostenanstieg haben die parenteralen Lösungen speziell mit Antikörpern (+19,2% nach Wert, +15,0% nach Menge).
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Die Parenteralia und individuell zubereiteten Zytostatika machen inzwischen allein in der GKV einen Bruttoumsatz von gut 3,6 Mrd. € aus, zusammen mit den Privatverordnungen sind es deutlich über 4 Mrd. €, die von etwa 250 „Zyto-Apotheken“ bedient werden und somit an der „klassischen“ Offizin vorbeigehen.
Die „normalen“ Rezepturen bewegten sich dagegen mit 7,27 Mio. Stück (das waren im Durchschnitt 360 pro Apotheke) für 164 Mio. € brutto auf wertmäßig fast vernachlässigbarem Level. Nach langjährigem Rückgang trat letztes Jahr eine gewisse Stabilisierung der Rezepturzahlen ein. Inwieweit dies vor dem Hintergrund der seit Mai 2017 gültigen Anhebung der Rezepturpreise Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Immerhin beläuft sich die Verteuerung auf mindestens 9,36 € brutto je Verordnung auf Kassenebene.
Literatur
Schwabe, U., Paffrath, D., et al. (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2017, Springer-Verlag: Berlin, 59,99 €
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(23):4-4