Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Steuervorteile auch ohne Kind im Haushalt


Helmut Lehr

Alleinstehende mit Kind profitieren unter besonderen Voraussetzungen von einem zusätzlichen Steuerfreibetrag. Was viele aber nicht wissen: Auch wenn das Kind beim anderen Elternteil lebt, kann der Steuervorteil womöglich beansprucht werden.

Alleinerziehende Steuerpflichtige haben dem Grunde nach Anspruch auf einen zusätzlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.908 €/Jahr (§24b Einkommensteuergesetz). Sie sind dann als Arbeitnehmer in Steuerklasse II einzugruppieren. Dies setzt voraus, dass zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen der Kinderfreibetrag und das Kindergeld zustehen. Die Haushaltszugehörigkeit wird allgemein angenommen, wenn das Kind in der Wohnung des Alleinstehenden gemeldet ist. Ist das Kind bei mehreren Personen gemeldet, kann der Entlastungsbetrag von demjenigen beansprucht werden, der die Voraussetzungen auf Auszahlung des Kindergelds erfüllt.

Hinweis: Für jedes weitere im Haushalt lebende und steuerlich zu berücksichtigende Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag um 240 Euro.

Was bedeutet „alleinstehend“?

Nach den steuergesetzlichen Vorgaben sind solche Personen „alleinstehend“, die nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des „Ehegatten-Splittings“ erfüllen oder verwitwet sind und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einem minderjährigen Kind ist insoweit unproblematisch.

Alleinstehend können daher nur solche Steuerpflichtige sein,

  • die während des gesamten Veranlagungszeitraums nicht verheiratet/verpartnert sind oder
  • die verheiratet/verpartnert sind, aber seit mindestens dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum dauernd getrennt leben oder
  • die verwitwet sind oder
  • deren Ehegatte/Lebenspartner im Ausland lebt und nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.

Hinweis: Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Personen, die als „Paar“ zusammenleben, insoweit nicht begünstigt werden. Deshalb prüfen die Finanzämter sehr genau, ob der Steuerpflichtige mit einer anderen Person eine Haushaltsgemeinschaft bildet. Dies ist in der Regel etwa bei ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften anzunehmen. Für die Prüfung greifen die Behörden u.a. auf den folgenden Indizienkatalog zurück, der sich aus dem Sozialrecht ableitet.

Was vermutet der Gesetzgeber?

Damit die Finanzverwaltung eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person annimmt (was ja einer Begünstigung zuwiderläuft), muss diese Person nicht zwingend in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet sein. Umgekehrt jedoch vermutet der Gesetzgeber, dass eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt, wenn die andere Person (z.B. Freund, Freundin) mit Haupt- oder Nebenwohnsitz beim Steuerpflichtigen gemeldet ist (§ 24b Absatz 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz).

Hinweis: Diese Vermutung kann der Steuerpflichtige allerdings widerlegen, insbesondere wenn die tatsächlichen Verhältnisse von den melderechtlichen abweichen – die Person also gar nicht (mehr) im Haushalt des Steuerpflichtigen lebt.

Elternteil mit neuem Partner

Wie sich aus einem aktuellen Schreiben des Bundesfinanzministeriums ergibt, kann der Entlastungsbetrag in bestimmten Fällen sogar dann in Anspruch genommen werden, wenn das „zu erziehende“ Kind tatsächlich beim anderen, nicht alleinstehenden Elternteil lebt (Schreiben vom 23.10.2017, Aktenzeichen: IV C 8 – S 2265-a/14/ 10005).

Beispiel

Apotheker Bernhart ist geschieden und hat mit seiner früheren Frau die gemeinsame zehnjährige Tochter Tina. Bernharts frühere Frau hat erneut geheiratet. Sie lebt zusammen mit ihrem neuen Ehegatten und Tina in einer gemeinsamen Wohnung. Tina ist sowohl in der Wohnung ihrer Mutter (Hauptwohnsitz) als auch in der ihres Vaters (Nebenwohnsitz) gemeldet. Das Kindergeld für Tina steht der Mutter zu.

Da Herr Bernhart alleinstehend und Tina auch in seiner Wohnung gemeldet ist, gehört sie im Sinne der Begünstigungsvorschrift zu seinem Haushalt. Nach Ansicht der Finanzverwaltung kann Herr Bernhart den Entlastungsbetrag in Anspruch nehmen, weil seine frühere Ehefrau diesen Betrag nicht beanspruchen darf – bei ihr sind nämlich die Voraussetzungen für eine Ehegatten-Veranlagung (mit ihrem neuen Partner) erfüllt.

Herr Bernhart kann in diesem Fall den Entlastungsbetrag unabhängig davon steuerlich geltend machen, ob er die Voraussetzungen für die Auszahlung des Kindergelds erfüllt oder erfüllen würde.

Hinweis: Der Entlastungsbetrag in Höhe von 1.908 Euro ist ein Jahresbetrag, der in jedem Veranlagungszeitrauminsgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden kann. Eine Aufteilung zwischen den Haushalten alleinerziehender Elternteile ist leider nicht möglich.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(24):16-16