Nelson Cremers
Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) müssen alle Buchungen vollständig, richtig, zeitgerecht und unveränderbar erfasst sein. Die Finanzverwaltung wird folglich auch überprüfen, ob und inwieweit Sie diese Grundsätze einhalten, wenn Sie Ihr Warenwirtschaftssystem (WWS) einsetzen. Die Verfahrensdokumentation soll ihr Aufschluss über diese Punkte geben.
Probleme beim Erstellen einer Betriebsdokumentation
Bei der Betriebsdokumentation handelt es sich um den betriebsindividuellen Anwendungsteil der Verfahrensdokumentation: Hier sind die für die individuelle Apotheke charakteristischen Prozesse beim Einsatz des WWS aufzuführen.
Die Finanzverwaltung macht keine konkreten Aussagen über die inhaltliche Ausgestaltung, den konkreten Umfang und die Bearbeitungstiefe der Betriebsdokumentation. Deswegen stehen die meisten Steuerpflichtigen und ihre Berater teilweise vor unüberwindbaren Hürden, wenn sie die Betriebsdokumentation erstellen müssen: Denn wie lässt sich ohne konkrete Angaben eine sinnvolle Dokumentation zur Anwendung des WWS ganz im Sinne der Finanzverwaltung verfassen?
Inhalte der Betriebsdokumentation
Nachfolgend wollen wir etwas Abhilfe schaffen und einige Inhalte der Betriebsdokumentation erläutern. Darüber hinaus stellen wir einige Mindeststandards vor, die es zu beachten gilt, damit die Betriebsdokumentation von der Finanzverwaltung anerkannt wird. Folgendes sollten Sie berücksichtigen, wenn Sie eine Betriebsdokumentation erstellen:
1. Beschreiben Sie, welche Hard- und Softwarekomponenten Sie im Rahmen Ihres WWS benutzen.
2. Beschreiben Sie, wie Sie mit Programmänderungen umgehen. Führen Sie so bspw. auf, wie Sie Änderungen durch Softwareupdates dokumentieren und welche damit zusammenhängenden Schulungsmaßnahmen Sie für Ihre Mitarbeiter durchführen. Sinn und Zweck dieses Teils der Betriebsdokumentation ist es, Fehlanwendungen des WWS und eine möglicherweise damit einhergehende fehlerhafte Weiterverarbeitung der Daten für die Buchführung zu vermeiden.
3. Beschreiben Sie die Zugriffsberechtigungen und Verantwortlichkeiten bei der Anwendung bestimmter Programmteile. Sinn und Zweck ist es, Anwenderfehler sowie Manipulationen am WWS zu vermeiden.
4. Beschreiben Sie den eingesetzten Zugriffsschutz, wie z.B. Passwörter, Fingerprints oder Magnetkarten.
5. Beschreiben Sie den Wareneingangsprozess von der Bestellung über die Kontrolle der Ware bis hin zur Protokollierung von Stammdatenänderungen. Sinn und Zweck ist es, alle bestellten Waren im WWS lückenlos zu erfassen. So lassen sich Bestandsfehler und Missbräuche vermeiden.
6. Beschreiben Sie den Lagerhaltungsprozess. Hier sollte bspw. die konkrete Vorgehensweise bei der Inventuraufnahme dokumentiert werden. Sinn und Zweck ist es, die Warenbestände inklusive der Retouren u.Ä. vollständig, richtig, zeitgerecht und unveränderbar zu erfassen.
7. Beschreiben Sie, wie Sie mit unbaren Abverkäufen (Faktura) umgehen. Sinn und Zweck ist es nachzuweisen, dass Sie alle Lieferscheine und Faktura komplett erfasst haben und dass diese auch vollständig in die Finanzbuchhaltung eingegangen sind.
8. Beschreiben Sie, wie Sie Ihre Barumsätze erfassen, wie Sie also Ihren Tagesabschluss und Ihr Kassenbuch erstellen. Sinn und Zweck ist es zu zeigen, dass Sie Ihre erfassten Warenumsätze, Rabatte und Storni vollständig, richtig, zeitgerecht und unveränderbar dokumentieren.
9. Beschreiben Sie Ihr Datensicherungskonzept. Hier soll dokumentiert werden, wie Sie sämtliche steuerrelevanten Daten vor einem Verlust sichern. Inbegriffen sind auch solche Daten, die nicht im WWS erfasst werden.
10. Beschreiben Sie die zur Datenübertragung genutzten Schnittstellen zwischen WWS und Finanzbuchhaltung, wie z.B. Kassenbuchschnittstellen und Fakturaschnittstellen.
Das interne Kontrollsystem
Darüber hinaus empfiehlt es sich, das interne Kontrollsystem (IKS) ebenfalls in der Betriebsdokumentation zu beschreiben. Das IKS umfasst:
1. Plausibilitätskontrollen bei der Anwendung des WWS,
2. Kontrollen der vollständigen, richtigen, zeitgerechten und unveränderbaren Erfassung aller Buchungen sowie
3. eine Abgrenzung der unterschiedlichen Funktionen, die die einzelnen Mitarbeiter ausüben.
Im Zweifelsfall ist der Finanzverwaltung nachzuweisen, dass und wie Sie Ihr IKS in der Praxis tatsächlich anwenden.
Wie im letzten Beitrag schon erwähnt, empfiehlt es sich bei vielen Anwendungsprozessen, das Vier-Augen-Prinzip zu implementieren. Bei Bestandskorrekturen z.B. sollten sowohl der erfassende Mitarbeiter als auch Sie selbst die entsprechend geänderten Zähllisten gegenzeichnen.
Übrigens: Erfassungskontrollen können z.B. durch regelmäßige Überprüfungen von Stornolisten erfolgen.
Ohne Historisierung keine Anerkennung!
Die Anwendungsprozesse im WWS können sich durch Programmupdates ändern. Darüber hinaus wird es bei einem Mitarbeiterwechsel notwendig, neue Verantwortlichkeiten und Zugriffsberechtigungen zu vergeben. Daher müssen Sie in der Betriebsdokumentation neben den aktuellen auch die historischen Verfahrensinhalte für die Dauer der Aufbewahrungsfrist aufführen und nachweisen, dass Sie in der Praxis tatsächlich wie beschrieben vorgegangen sind.
Eine „statische“ – also nicht regelmäßig an die tatsächliche Anwendungssituation angepasste – Betriebsdokumentation wird nicht dauerhaft von der Finanzverwaltung anerkannt werden. Deswegen müssen Sie alle Änderungen archivieren, die sich im Laufe der Zeit seit der Ersterstellung der Betriebsdokumentation ergeben. Wenn Sie eine Änderung vorgenommen haben, ist die jeweils neue Betriebsdokumentation mit einer neuen Versionsnummer zu versehen (Versionierung). Jede neue Version müssen Sie als Betriebsinhaber freigeben, indem Sie eine Freigabeerklärung unterzeichen. Archivieren Sie diese Erklärung ebenfalls.
Online-Lösung
In der Praxis existiert keine Muster-Verfahrensdokumentation, an der Sie sich orientieren könnten, wenn Sie die Betriebsdokumentation erstellen. Auch die von den WWS-Anbietern teilweise herausgegebenen Ausfüllhilfen und Checklisten beschreiben oft nicht die konkreten Prozesse in Ihrer Apotheke. Zudem fehlt etwa die Möglichkeit zur Versionierung.
Einen Ausweg kann aber z.B. die Webseite www.apodok.de bieten: Hierüber lassen sich für die wichtigsten WWS-Systeme in der Apothekenbranche – kostenpflichtig – Verfahrens- und damit Betriebsdokumentationen erstellen: Anhand von strukturierten Fragen werden die konkreten Anwendungsprozesse in Ihrer Apotheke samt Datensicherungskonzept erfasst. Die Versionierung und die Archivierung erfolgen automatisch.
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(01):8-8