Der Filialleiter

Kompetenzen, Verantwortung und Pflichten


Jasmin Theuringer

Zwischen dem Apothekenbetreiber als Arbeitgeber und den weiteren Angestellten der Filialapotheke befindet sich der Filialleiter in einer Sandwichposition. Welche Befugnisse ihm zustehen, welche ihm zustehen sollten und welche Pflichten er hat, erläutert der folgende Beitrag.

Der Filialleiter trägt nach dem Apothekengesetz die öffentlich-rechtliche pharmazeutische Verantwortung für die Filialapotheke. Gleichzeitig besteht zwischen ihm und dem Apothekeninhaber ein Arbeitsverhältnis. Als Arbeitgeber ist der Apothekeninhaber gegenüber dem Filialleiter weisungsbefugt.

Weisungsgebundenheit

Diese Weisungsbefugnis erstreckt sich – wie in jedem Arbeitsverhältnis – auf das „Wo?“, das „Wie?“ und das „Wann?“ der Arbeitsleistung. Das „Wo?“ ergibt sich zwangsläufig aus der Stellung als Filialleiter – ein Einsatz in der Hauptapotheke ist regelmäßig weder sinnvoll noch möglich.

Differenzierter zu betrachten ist das „Wie?“ der Arbeitsleistung: Der Apothekeninhaber kann nur solche Weisungen erteilen, die nicht in die pharmazeutische Verantwortung des Filialleiters eingreifen. Dazu gehören z.B. Fragen der Betriebsorganisation – von der Festlegung der konkreten Öffnungszeiten über die Anordnung, eine bestimmte Dienstkleidung zu tragen, bis hin zur Beschaffung von bestimmten Betriebsmitteln. In die pharmazeutische Tätigkeit – das Herstellen und Abgeben von Medikamenten, die Kundenberatung und das Beaufsichtigen der weiteren Filialmitarbeiter – kann der Apothekeninhaber jedoch nicht eingreifen. Die im üblichen Tagesgeschäft anfallenden Entscheidungen trifft der Filialleiter in eigener Verantwortung.

Arbeitszeit

Das „Wann?“ – also die Arbeitszeiten – kann zwischen den Parteien vereinbart werden: Denkbar ist, dass im Arbeitsvertrag lediglich die wöchentliche Anzahl an Arbeitsstunden festgeschrieben wird, nicht aber, wann diese konkret abzuleisten sind. Es liegt dann in der Verantwortung des Filialleiters, seine eigene Arbeitskraft in den von ihm zu erstellenden Dienstplänen für die Filiale so zu verteilen, dass während der Öffnungszeiten ständig ein Approbierter anwesend ist.

Ist der Filialleiter arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer oder als leitender Angestellter anzusehen? Diese Frage ist insbesondere wichtig für die Grenzen, die das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) der wöchentlichen Arbeitszeit von Arbeitnehmern setzt: Ein Arbeitnehmer darf nach §3 ArbZG werktäglich höchstens acht Stunden arbeiten. Werktage im Sinne dieser Vorschrift sind die Tage von Montag bis Samstag. Somit ergibt sich eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden. Eine darüber hinausgehende Arbeitszeit kann für einen durch das ArbZG geschützten Arbeitnehmer nicht wirksam vereinbart werden.

Auf leitende Angestellte hingegen ist das ArbZG nicht anwendbar: Sie können also länger als 48 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Die Annahme, der Filialleiter sei aufgrund seiner verantwortungsvollen Position als leitender Angestellter im Sinne des ArbZG anzusehen, ist aber im Regelfall nicht haltbar. Ein leitender Angestellter wird insbesondere durch seine Personalkompetenz definiert: Der leitende Angestellte ist berechtigt, selbstständig Einstellungen und Entlassungen von Arbeitnehmern vorzunehmen. Diese Entscheidungen behält sich der Apothekeninhaber jedoch auch für die Filiale nahezu ausnahmslos selbst vor. Der Filialleiter besitzt somit zwar pharmazeutische und organisatorische Verantwortung, bleibt aber insbesondere durch seine eingeschränkte Personalkompetenz ein durch das ArbZG geschützter Arbeitnehmer. Eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag, wonach er regelmäßig mehr als 48 Stunden wöchentlich arbeiten muss, wäre daher unwirksam.

Es kann auch vorkommen, dass ein Apothekeninhaber einen Filialleiter nur in Teilzeit beschäftigen möchte, da er über ausreichend angestellte Apotheker verfügt. Worauf ist dann zu achten? Die Filialleiter-Verträge werden in den meisten Kammerbezirken der zuständigen Behörde zur Genehmigung vorgelegt. Dort prüft man, ob der Filialleiter durch den Arbeitsvertrag die Möglichkeit zur verantwortlichen Filialleitung hat. Eine gewisse wöchentliche Mindestarbeitszeit muss dabei in der Regel eingehalten werden – auch wenn die Vorgaben dazu leider nicht einheitlich sind. Teilweise wird eine vereinbarte Arbeitszeit verlangt, die mindestens der Hälfte der Apothekenöffnungszeit entspricht, teilweise werden pauschal mindestens 30 Stunden wöchentlich vorausgesetzt. Eine Wochenarbeitszeit von 20 Stunden oder weniger dürfte in jedem Kammerbezirk zu wenig sein.

Kompetenzen

Welche Kompetenzen der Filialleiter neben der zwingenden pharmazeutischen Verantwortung und der damit einhergehenden Handlungsvollmacht innehat, ist Sache der konkreten Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Werden dem Filialleiter nicht genügend Handlungsmöglichkeiten eingeräumt, ist jedoch eine sinnvolle Leitung der Filiale nicht möglich.

Der Filialleiter muss die Möglichkeit haben, den weiteren Mitarbeitern der Filiale Weisungen zu erteilen. Das dem Apothekeninhaber zustehende Weisungsrecht muss also für die Filiale dem Filialleiter übertragen werden. Dieser ist z.B. dafür verantwortlich,

  • Dienst- und Urlaubspläne zu erstellen,
  • nötigenfalls Überstunden anzuordnen und
  • konkrete Weisungen zu Tätigkeitsinhalten zu erteilen.

Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, dem Filialleiter eine eingeschränkte Personalkompetenz zu verleihen: Auch wenn die Entscheidung, Arbeitnehmer einzustellen und zu entlassen, dem Apothekeninhaber vorbehalten bleibt, sollte der Filialleiter befugt sein, Abmahnungen auszusprechen. So wird sein Status als Vorgesetzter gegenüber den weiteren Mitarbeitern der Filiale untermauert.

Welche weiteren Kompetenzen der Apothekeninhaber sich persönlich vorbehält und welche er dem Filialleiter überlässt, ist ebenfalls Gegenstand der individuellen Vereinbarungen. In der Regel bleiben neben den Personalentscheidungen auch der Wareneinkauf und die Festsetzung der Verkaufspreise – sofern diese nicht ohnehin gesetzlich vorgegeben sind – in der Hand des Apothekeninhabers. Die Entscheidungen über

  • notwendige Anschaffungen für den laufenden Apothekenbetrieb,
  • Reparaturen oder auch
  • die Durchführung von Werbeaktionen

können hingegen dem Filialleiter übertragen werden. Hier empfiehlt sich die vertragliche Vereinbarung eines Budgets, über das der Filialleiter in eigener Verantwortung entscheiden kann.

Haftung

Verursacht ein Arbeitnehmer in Ausübung seiner Tätigkeit einen Schaden, so greift das von der Rechtsprechung entwickelte Haftungsprivileg: Hierbei wird berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer in einem vom Arbeitgeber vorgegebenen Umfeld im Interesse des Betriebs tätig wird. Würde er – wie im allgemeinen Zivilrecht – für jeden fahrlässig verursachten Schaden in vollem Umfang haften, würde ihm unangemessenerweise das komplette betriebliche Risiko auferlegt. Ein Arbeitnehmer haftet daher nur anteilig, wenn er einen Schaden fahrlässig verursacht hat – und lediglich dann in vollem Umfang, wenn er grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich gehandelt hat und die Schadenssumme für ihn tragbar ist.

Diese Grundsätze gelten entsprechend für den Filialleiter, auch wenn mit dessen besonderer Stellung ein besonderes Haftungsrisiko verbunden ist. Schließlich ist es seine Aufgabe, den Betrieb zu organisieren, die angestellten Mitarbeiter zu beaufsichtigen und Weisungen zu erteilen. Weist er beispielsweise eine PTA an, anstelle des Rabattarzneimittels ein anderes Produkt abzugeben, und retaxiert die Krankenkasse anschließend, wird sich der Filialleiter gegenüber dem Apothekeninhaber verantworten müssen. Gleiches gilt, wenn der Filialleiter einem Mitarbeiter – z.B. einem Auszubildenden – Aufgaben überträgt, die dessen Befugnisse und Fähigkeiten übersteigen. Im Einzelfall ist stets relevant, in welchem Umfang der Filialleiter die Schuld trägt, um den konkreten Haftungsumfang zu bestimmen.

Jasmin Theuringer, Rechtsanwältin, Bellinger Rechtsanwälte und Steuerberater, 40212 Düsseldorf, E-Mail: theuringer@bellinger.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(02):14-14