Die Konditionen mit dem Großhandel richtig verhandeln (Teil 1)

Wie Sie sich am besten vorbereiten


Joachim Ullrich

Einmal jährlich steht in deutschen Apotheken ein „beliebtes“ Ritual an: Die Verhandlung der Großhandelskonditionen für das nächste Jahr. Dabei geht um eine wesentliche Absicherung Ihrer Erträge. Trotzdem werden diese Gespräche kaum oder unzureichend vorbereitet.

Bei dem Gedanken an Konditionsverhandlungen zwischen Apothekern und Großhandel fällt mir immer wieder folgendes Bild ein: Ein Pilot sitzt im Cockpit, keines der Bedien- und Kontrollinstrumente ist beleuchtet, die Fenster sind mit schwarzem Stoff verhüllt, und in der Hand hält er einen Zettel, auf dem steht: „Fliegen Sie nach New York!“

Damit diese Situation bei Ihnen nicht eintritt, geben wir Ihnen im Folgenden ein paar hilfreiche Tipps für die erfolgreiche Vorbereitung Ihrer Verhandlungen mit dem Großhandel. Diese Vorbereitung ist ein wesentlicher – wenn nicht gar der zentrale – Baustein für den Erfolg. Begehen Sie hier Fehler oder versäumen etwas, wird sich dies auf die Qualität des Abschlusses und die Höhe der Konditionen auswirken. Zu hoffen bleibt dabei, dass die derzeitigen Verhandlungsmöglichkeiten infolge des Honorargutachtens zukünftig nicht eingeschränkt werden.

Am Anfang steht die Analyse

Zu Beginn Ihrer Vorbereitung sollten Sie Ihre aktuellen Konditionen analysieren. Voraussetzung dafür ist, dass sie Ihnen schriftlich vorliegen. Sollte dies nicht der Fall sein, müssen Sie sie sofort beim Großhandel anfordern! Das gilt übrigens auch, wenn Sie zwar über eine schriftliche Ausfertigung Ihrer Konditionen verfügen, diese aber mehrere Jahre alt ist und mit der Zeit immer nur ergänzt wurde. Denn die Chance, dass hier nicht mehr alle Ergänzungen vorhanden sind, ist groß. Grundsätzlich bietet es sich deshalb an, die Großhandelskonditionen einmal jährlich schriftlich festzuhalten und von beiden Parteien unterschreiben zu lassen.

Wenn Sie anschließend mit der Analyse beginnen, sollten Sie sich zuerst anschauen, wie bzw. ob die Umsatzentwicklung des letzten Jahres in den derzeitigen Konditionen abgebildet wird. Wichtige Parameter dabei sind:

  • das Verhältnis Rx-/Non-Rx-Umsatz,
  • die Anzahl der bezogenen Rx- und Non-Rx-Packungen,
  • die Anzahl und der Einkaufswert der Hochpreisartikel (teurer als 1238,50 €) sowie
  • starke Veränderungen, die sich eventuell für Spezialsortimente (z.B. Betäubungsmittel [BtM], Impfstoffe oder Kühlartikel) ergeben haben.

Wenn Sie diese Parameter ermitteln wollen, können Sie zurückgreifen auf

  • Ihr Warenwirtschaftssystem,
  • die Abrechnung Ihrer Rezeptabrechnungsstelle und
  • die aktuelle Großhandelsrechnung.

Analysieren müssen Sie auch die folgenden Punkte:

  • Welche Gebühren sind zu zahlen, so z.B. für die einzelnen Touren, für BtM-Belege oder für bestimmte Services?
  • Gibt es Ausschlüsse bei den Rabatten?
  • Entsprechen die verhandelten Konditionen für die Retourenregelung (Quote sowie Abzüge bei Überschreitung dieser Quote) und die Anzahl der täglichen Touren noch der Entwicklung bzw. den derzeitigen Erfordernissen Ihrer Apotheke?

Übrigens: Auf der Großhandelsrechnung finden Sie auch die Information, welche Spanne der Großhandel im Rx-Bereich bei der Belieferung Ihrer Apotheke erreichen möchte. Das gibt Ihnen Aufschluss darüber, auf welche Summe er später eventuell einen Spannenausgleich berechnen könnte.

Es folgt die Zieldefinition

Erst wenn Sie all dies geprüft und bewertet haben, sollten Sie zum nächsten Schritt übergehen – der Zieldefinition: Welche Konditionen möchten Sie für das nächste Jahr haben?

Leider ist dies der schwierigste Schritt in der Vorbereitung – für viele ist er gar unlösbar, da sie nicht wissen, wie sie die aktuelle Marktentwicklung der Konditionen in Erfahrung bringen können: Der Großhandel ist in diesem Punkt der falsche Ansprechpartner, Gespräche mit Kollegen werden kaum oder selten geführt (zumal die Ergebnisse nicht immer hilfreich sind). Und externe Berater oder Dritte mit Branchenkenntnissen werden aus Kostengründen oder aus falscher Scham nicht gefragt.

Wie auch immer Sie letztlich Kenntnis über die Marktentwicklung der Konditionen erlangen: Sie müssen sie haben – und zwar für den lokalen Markt. Ausschlaggebend ist das deshalb, weil es in Deutschland ein „Nord-Süd-“ und ein „Ost-West-Gefälle“ gibt: Wenn Sie z.B. Apothekenleiter in Berlin sind, werden Sie andere Konditionen mit dem Großhandel aushandeln können, als wenn Sie eine Apotheke auf der schwäbischen Alb betreiben.

Wichtig ist, dass Sie Ihre Ziele schriftlich fixieren. Damit können Sie sich in der Verhandlung immer wieder vor Augen führen, bei welchen Punkten Sie bereits etwas erreicht haben und welche Punkte noch besprochen werden müssen. Die Gesprächsergebnisse notieren Sie dann geschickterweise neben Ihren Zielen. So haben Sie während des Gespräches immer auch einen Überblick über eventuelle Abweichungen.

Mit welchen Erwartungen Sie in die Verhandlung gehen sollten

Das Gespräch mit dem Großhandel ist eine Verhandlung – Sie wollen also einen Kompromiss erzielen, mit dem beide Seiten zufrieden sind. Nicht zielführend sind Versuche, der anderen Seite die eigenen Vorstellungen um jeden Preis „aufzudrücken“. Nicht zielführend ist es aber natürlich auch, jedem Ansinnen des Großhandels zuzustimmen. Ziel muss vielmehr eine tragfähige Vereinbarung sein, mit der beide Seiten gut leben und Erträge erzielen können. Wie wichtig dieser Punkt ist, wird oftmals unterschätzt. Denn wenn eine Partei immer nur nachgeben muss, dann verhärten sich die Fronten irgendwann so sehr, dass am Ende kein Ergebnis steht.

Anzumerken bleibt außerdem, dass Konditionsverhandlungen zwar zwischen zwei Menschen geführt werden. Das geschieht aber als Miteinander auf geschäftlicher Ebene. Es geht nicht darum, einen persönlichen Sieg über den anderen zu erringen. Emotionen auf der persönlichen Ebene haben in solchen Verhandlungen nichts verloren, sie sollten auch kein Teil der Verhandlungsstrategie sein.

Verhandlungen selber führen oder delegieren?

Von vielen Apothekern höre ich immer wieder: „Das habe ich nie gelernt.“ Zwar mag das richtig sein. Nur kommen Sie um die Verhandlungen nicht herum. Folglich haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder, Sie lernen, wie man diese Verhandlungen führt. Oder Sie beauftragen jemanden damit.

Letzteres ist zunächst einmal mit Kosten verbunden und fordert manch einem vielleicht auch das Eingeständnis ab, nicht alles zu können. Allerdings gelingt es externen Verhandlern oftmals, ein besseres Ergebnis zu erzielen. Schließlich sind sie mit der Verhandlungssituation, ihren Abläufen und Mechanismen in der Regel gut vertraut. Deswegen sollten Sie sich überlegen, ob Sie gegebenenfalls geringere Roherträge in Kauf nehmen, nur weil Sie die Verhandlungen selbst führen möchten.

Fazit

Zusammenfassend bleibt festzuhalten:

  • Die Vorbereitung beeinflusst das Ergebnis der Verhandlung stark.
  • Wichtig ist, dass Ihnen Ihre derzeitigen Konditionen vorliegen und dass Sie diese genau analysieren.
  • Gehen Sie mit einem vernünftigen Ziel in die Konditionsverhandlungen. Dazu sollten Sie insbesondere die aktuelle Marktentwicklung der Konditionen vor Ort kennen.
  • Externe Berater können Ihnen dabei helfen, Ihre Ziele zu erreichen.

Konditionsverhandlungen müssen regelmäßig wiederkehrend geführt werden. Also sollten Sie versuchen, mit einer positiven Einstellung, einer guten Vorbereitung und einer klaren Strategie in die Gespräche zu gehen. Denken Sie daran: Derartige Verhandlungen sichern die Roherträge Ihrer Apotheke ab. Sie können und dürfen aber auch ein wenig Spaß machen!

Joachim Ullrich, Apothekenberatung und -entwicklung, 61381 Friedrichsdorf, E-Mail: info@apothekenberatung-ullrich.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(03):10-10