Anreize setzen und wirtschaftlichen Erfolg erzielen

Vergütungsmodelle für Filialleiter


Doris Zur Mühlen

Die Stellen von Filialleitern lassen sich sehr unterschiedlich ausgestalten. Unstrittig ist das Ziel: Sie sollten für den Filialleiter attraktiv sein und zum Nutzen des Unternehmens beitragen. Doch wie – insbesondere mit welchem Vergütungsmodell – kann man das realisieren?

Seit der Zulassung des begrenzten Mehrbesitzes im Jahr 2004 hat die Anzahl an Filialapotheken kontinuierlich zugenommen. Gegenwärtig werden knapp 23% aller Apotheken als Filiale geführt. Ende 2017 bestanden gemäß ABDA-Statistik 4.512 Filialen. Die somit zugleich 4.512 Filialleiter bilden quasi eine „eigenständige Berufsgruppe“ innerhalb der Approbierten.

Gut ausgebildete und interessierte Apotheker für Leitungsfunktionen – insbesondere eben für eine Filialleitung – zu finden, ist oft eine große Herausforderung. Als entscheidend erweist sich vielfach der Standort. Es gibt Beispiele, in denen ein Inhaber mangels Filialleiter auf den Zukauf oder die Gründung einer Filiale verzichten musste.

Die Anforderungen an Filialleiter sind hoch: Belastbarkeit, Stressresistenz, Führungseigenschaften, soziale Kompetenz und kommunikatives Geschick gehören genauso dazu wie ein umfangreiches pharmazeutisches Fachwissen und – in gewissem Maße – ein betriebswirtschaftliches Know-how. Der Filialleiter ist Vermittler zwischen „seinem“ Team und dem Inhaber: Auf der einen Seite sollte er versuchen, den Wünschen seiner Mitarbeiter nachzukommen. Auf der anderen Seite steht der vom Inhaber eingeforderte wirtschaftliche Erfolg, den er mit den vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen der Filiale erreichen muss.

Rahmenbedingungen der Vergütung

Die Aufgaben, Verantwortung und Befugnisse von Filialleitern sind sehr unternehmensindividuell: In einigen Fällen ist der Filialleiter lediglich „Erfüllungsgehilfe“ ohne die Möglichkeit, selbstständig zu gestalten. In anderen Fällen hingegen fungiert er als „vollwertiger“ Geschäftsführer mit weitreichenden Kompetenzen. Eine große Filiale ist nicht vergleichbar mit einer kleineren. Hinzu kommen individuell unterschiedliche Voraussetzungen verschiedener Filialleiter sowie divergierende Bereitschaften, sich zu engagieren. Das alles sind Größen, die Einfluss auf die Vergütung von Filialleitern haben sollten.

Wichtig ist, dass die zwischen Inhaber und Filialleiter getroffenen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag fixiert und zweckmäßigerweise in der Stellenbeschreibung ergänzend konkretisiert werden. Dazu gehören Zuständigkeiten, Vollmachten, Rechte und Pflichten des Filialleiters sowie auch Regelungen zur Arbeitszeit, zur Vergütung usw. Regelmäßige Gespräche mit dem Filialleiter sollten genutzt werden, um die Aufgaben zu aktualisieren. Tendenziell zunehmend nutzen Inhaber auch Zielvereinbarungen, um die Vergütung ihrer Filialleiter an bestimmte Kriterien zu koppeln und regelmäßig anzupassen.

Grundlage für die Vergütung sind die Fragen: Was kann der Inhaber tun, um

  • die besonderen Leistungen des Filialleiters anzuerkennen?
  • das unternehmerische Denken des Filialleiters zu fördern?
  • die Identifikation des Filialleiters mit dem Unternehmen zu erhöhen und eine stärkere Bindung an das Unternehmen zu erreichen?

Ertragslage ist entscheidend

Wichtig für die Vergütung eines Filialleiters ist die wirtschaftliche Situation der betreffenden Filiale. Nachfolgend wird am Beispiel von zwei im Basisjahr wirtschaftlich gleichstehenden Apotheken (A und B) aufgezeigt, was im Hinblick auf die Filialleitervergütung zu beachten ist. Um das besser zu veranschaulichen, gehen wir davon aus, dass sich die Apotheken A und B vom Basisjahr zum Auswertungsjahr unterschiedlich entwickeln (Tabelle 1).

Anmerkung: Unternehmerische Entscheidungen im Filialverbund setzen voraus, dass alle Einnahmen und Ausgaben den einzelnen Kostenstellen zutreffend wie auch zeitgerecht zugeordnet und verbucht werden.

Vorausgesetzt, dem Filialleiter wird freie Hand gelassen, ist die Gewinnentwicklung im Basisjahr (68.800 €) die Grundlage für seine zusätzliche Honorierung. Mit Hilfe einer zusätzlichen Geldverwendungsrechnung wird die vorhandene Liquidität geprüft (Tabelle 2). Unter Ansatz der für die Apotheken A und B und den jeweiligen Inhaber zutreffenden Sachverhalte ergibt sich ein Liquiditätspotenzial, also eine obere Grenze für eventuelle Zusatzvergütungen des Filialleiters. Abzüglich der Arbeitgeberanteile für die Sozialversicherung beläuft sich das Potenzial für Zusatzvergütungen im Basisjahr auf 8.351 €, im Auswertungsjahr für Apotheke A auf 3.729 € und für Apotheke B auf 10.588 €.

Hinweis: In der Praxis geht es an dieser Stelle nicht um den genauen €-Betrag. Aus unternehmerischer Sicht ist die Größenordnung des Potenzials entscheidend. Um der besseren Nachvollziehbarkeit willen greifen wir im Folgenden dennoch die genauen €-Beträge auf.

Nun stellt sich die Frage, wie die Vergütung des Filialleiters am effizientesten für ihn und das Unternehmen möglich ist. Nachfolgend umreißen wir die am häufigsten in der Praxis anzutreffenden Vergütungsmodelle.

Festgehalt –

Hierbei vereinbaren der Inhaber und der Approbierte ein Festgehalt. Dabei werden in der Praxis vor allem die drei nachfolgenden Varianten angewendet.

Individuelles Jahresgehalt in Euro

Die Summe und die Auszahlungsmodalitäten werden individuell vereinbart. Hier gilt das Tragfähigkeitsgebot: Wenn z.B. in den Personalkosten des Basisjahres bereits 52.000 € Bruttogehalt für den Filialleiter enthalten sind, dann ist unter Berücksichtigung des Potenzials für Zusatzvergütungen ein individuelles Jahresgehalt von bis zu höchstens 60.351 € tragfähig (52.000 € + 8.351 €).

Zusätzlicher Filialleiterzuschlag in Euro

Der Filialleiter erhält das übliche Approbiertengehalt (z.B. die oben genannten 52.000 €) und zusätzlich einen festen Filialleiterzuschlag. Hierfür finden sich in der Praxis – je nach Rahmenbedingungen – Beträge von 150 € und mehr je Monat. Ausgehend von dem in unserem Beispiel ermittelten Potenzial für Zusatzvergütungen (8.351 €) und 13 Zahlungen im Jahr, liegt die Grenze für den Filialleiterzuschlag bei maximal rund 642 € monatlich.

Übertarifliche Zahlung in Prozent

Dieses Modell wird im Apothekenbereich vielfältig angewendet, so auch bei der Vergütung von Filialleitern. Bei großen Filialen oder auch in bestimmten Regionen sind zum Teil übertarifliche Zahlungen von mehr als 30% nicht unüblich. Aber auch hier gilt das Tragfähigkeitsgebot.

Der Nachteil von prozentualen Vereinbarungen liegt darin, dass jede Änderung des Gehaltstarifs automatisch zu einer Erhöhung der Filialleiterzulage führt.

Empfehlung: Bei den drei vorgestellten Fixmodellen sollte darauf geachtet werden, dass der jeweilige Zuschlag separat auf der Gehaltsabrechnung ausgewiesen ist. So kann wenigstens optisch noch ein Bezug zwischen Filialleitertätigkeit und Vergütung hergestellt werden. Leistungsanreize gehen von Festgehältern allerdings kaum bzw. nur kurzzeitig aus.

Der Nachteil von Festgehältern ist, dass sie relativ starr und als Führungsinstrument kaum geeignet sind. Wenn z.B., wie bei Apotheke A, im Auswertungsjahr ein erheblicher Ertragsrückgang verzeichnet wird, dann ist die ermittelte Zusatzvergütung des Basisjahres von 8.351 € weder tragfähig noch abänderbar. Deshalb kommen auch im Apothekenbereich zunehmend variable Vergütungsmodelle zur Anwendung.

Erfolgsabhängige Vergütung –

Hierbei wird eine Zusatzvergütung an Erfolgs- und Leistungskriterien gebunden. Nach Ablauf des Wirtschaftsjahres und der entsprechenden Auswertung erhält der Filialleiter zusätzlich zum (in der Regel tariflichen) Festgehalt eine erfolgsabhängige Vergütung (sogenannte „Tantieme“). Grundlage ist immer eine individuelle Zielvereinbarung zwischen Inhaber und Filialleiter. Ausgehend von dem in Tabelle 2 ermittelten Potenzial von 8.351€ für Zusatzzahlungen ist zu überlegen, welche Modelle sich für die erfolgsabhängige Vergütung eignen. Auf die zwei am häufigsten in der Praxis zu findenden Modelle gehen wir im Folgenden näher ein.

Tantieme in Prozent mit Bezug auf Erfolgskennzahlen

Eine Möglichkeit ist es, die Tantieme direkt auf Erfolgskennzahlen, wie z.B. den Rohertrag oder den Gewinn, zu beziehen und dafür einen (tragfähigen!) Prozentsatz zu vereinbaren.

Ausgehend von den Kennzahlen des Basisjahres in Tabelle 1 und dem in Tabelle 2 ermittelten Potenzial lassen sich die Determinanten der Tantiemenregelung ableiten (Tabelle 3): Für die Rohertragstantieme ergibt sich hieraus ein Wert von rund 2%. Denn die für das Basisjahr kalkulatorisch mit 2% ermittelte Tantieme (7.648 €) liegt in der Nähe des für das Basisjahr tragfähigen Potenzials (8.351 €). Gleiches gilt für die 11% bei der Gewinntantieme (7.568 €).

Die rein prozentualen Vergütungsmodelle beinhalten Risiken: Wird der Gewinn des Basisjahres nicht erreicht, reduziert sich – wie im Fall von Apotheke A – das tatsächlich verfügbare Potenzial für die Tantieme im Auswertungsjahr auf 3.729 €. Bezahlt würde aber bei den Modellen mit direktem prozentualen Bezug auf Erfolgskennzahlen mehr (7.579 € bzw. 6.395 €). Höhere Zahlungen führen aber, wenn sie anhand einer Geldverwendungsrechnung überprüft würden, zu einer liquiditätsmäßigen Unterdeckung. Insofern raten wir von Vergütungsmodellen dieser Art ab.

Kombinationsmodelle

Eine Alternative zu dem vorgenannten Modell mit direktem prozentualem Bezug zu Erfolgskennzahlen sind Kombinationsmodelle. Auch sie müssen tragfähig ausgestaltet sein. Das erfolgt durch die richtige Verbindung von Grundtantieme und flexiblem Anteil.

Die von Apotheke A im Auswertungsjahr erreichten Ergebnisse in Tabelle 1 (Rohertrag, Gewinn) sind niedriger als im Basisjahr, also dem Jahr, auf dessen Grundlage das Vergütungsmodell entwickelt wurde. Das heißt: Jede Tantieme über 3.729 € im Auswertungsjahr (Tabelle 2) wäre für die Apotheke A nicht tragfähig. Diesen Aspekt berücksichtigen die in Tabelle 4 dargestellten Modelle. Sie enthalten beispielhafte Zielvorgaben für eine Grundtantieme und für die prozentuale Berechnung eines flexiblen Anteils. Die Werte müssen an den jeweiligen Einzelfall angepasst und regelmäßig aktualisiert werden.

Beim Kombinationsmodell in Tabelle 4 würde der Filialleiter von Apotheke A nach Abschluss des Auswertungsjahres keine Tantieme erhalten. Zusatzvergütungen sind aber kein Selbstzweck: Sie dienen vielmehr als Leistungsanreiz und zur Anerkennung. Deshalb bietet sich für die Praxis ein Kombinationsmodell mit Festlegung einer Mindesttantieme an. Letztere könnte z.B. bei einem Rohertrag von >370.000 € bis <380.000 € oder einem Gewinn von >60.000 € bis <65.000 € jeweils 3.000 € betragen. Diese Tantieme würde der Filialeiter von Apotheke A nach Abschluss des Auswertungsjahres dann auch erhalten.

In praxi beinhalten Tantiemenregelungen zum Teil zusätzlich eine wertmäßige Budgetierung/Deckelung der Zusatzvergütung. Diese könnte im konkreten Fall auf 10.000 € festgelegt werden.

Damit die erfolgsabhängigen Vergütungsmodelle ihre Funktion erfüllen, sollten sie in erster Linie das Kriterium der Transparenz erfüllen: Die Regeln, Bezugsgrößen usw. müssen klar, eindeutig sowie nachvollziehbar und das Ergebnis durch den Filialleiter beeinflussbar sein. Außerdem sollten die Modelle möglichst einfach und unbürokratisch gestaltet werden. Weiterhin ist anzuraten, dass sie die erforderliche Flexibilität gewährleisten, sich also an wechselnde Geschäftssituationen anpassen lassen.

Da es in Filialverbünden immer wieder Unwägsamkeiten bei der exakten Zuordnung der Kosten zu den einzelnen Kostenstellen/Filialen gibt, ist der Rohertrag als Bezugsgröße dem Ertrag vorzuziehen. Es gibt aber auch Beispiele in der Praxis, in denen Inhaber und Filialleiter als Bezugsgröße den Rohertrag abzüglich Personalkosten vor Tantieme vereinbart haben. Auf der Basis der Kostenstellenrechnung bzw. der BWA für die Filiale sind dann sowohl Zwischenauswertungen als auch die Berechnung der Zusatzvergütung recht einfach möglich.

Zusammenfassung

Ein Patentrezept für den Erfolg einer Filiale gibt es nicht. Ein wichtiger Faktor ist aber auch die Vergütung des Filialleiters. Sie sollte transparent, aufgaben- und leistungsgerecht sein, um damit Engagement anerkennen und fördern zu können.

Die Vergütung beruht immer auf einer individuellen Vereinbarung zwischen Filialleiter und Inhaber. Sie muss wirtschaftlich tragfähig sein. Erfolgsorientierte Vergütungsmodelle haben sich bewährt – unter der Voraussetzung, dass der Filialleiter selbstständig arbeiten kann und soll. Vorteilhaft ist eine Kombination aus Grundtantieme und flexiblem Anteil, gegebenenfalls mit der Festlegung eines Mindestbetrages und einer Deckelung nach oben. Viele Aspekte sind dabei zu berücksichtigen. Deswegen sollten Sie das betriebswirtschaftliche Know-how eines erfahrenen, branchenspezialisierten Steuerberaters nutzen.

Dipl.-Bw. Doris zur Mühlen, Steuerberaterin, Geschäftsführende Gesellschafterin der RST Steuerberatungsgesellschaft mbH, 45130 Essen

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(08):6-6