Kapitalanlage-Angebote

Diese Fragen ersparen Ihnen teure Reinfälle!


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Gerade Heilberuflern werden gerne allerlei Kapitalanlage-Offerten unterbreitet. Häufig handelt es sich um Beteiligungsmodelle und geschlossene oder auch offene Publikums-Fonds. Einige kluge Fragen, ehrlich beantwortet, können dabei manch teure „Lebenserfahrung“ ersparen.

Gemeinsam ist den meisten Angeboten – wenn auch unterschiedlich und teils geschickt verpackt –, dass sie Ihnen zu mehr Renditen verhelfen und zudem noch gerne der Steuer ein Schnippchen schlagen wollen. So können Sie Teilhaber an allen möglichen Immobilien, Windrädern, Solaranlagen, Schiffen und Containern werden oder stolzer Baumbesitzer, weiterhin in diversen Projekten Ihr Geld lassen (u.a. „Crowdfunding“) oder schlicht in Wertpapiere investieren.

Profis scheuen dabei nicht den Aufwand zäher Recherchearbeit. Den meisten Kollegen fehlen hierzu jedoch Zeit und Lust; sie sind also für Angebote empfänglich. Ohne auf die einzelnen Anlageklassen im Detail einzugehen: Bereits mit wenigen grundlegenden Fragen gelingt es, auszusieben und Anlagen mit einem miserablen Gewinn-Verlust-Verhältnis zu identifizieren.

1. Warum wird das ausgerechnet mir angeboten?

Wenn jemand heute eine „garantierte“ Verzinsung von 6% verspricht, obwohl Banken Gelder bei guter Bonität für 1% oder 2% ausgeben, stellt sich die Frage nach dem „Warum“. Möglicherweise sind diese 6% und das Geschäftsmodell, welches sie erwirtschaften soll, eben doch nicht so sicher. Andernfalls würden die Banken das Geld geben, und der Anbieter hätte sich eine Menge Zinsen erspart.

Vergleichen Sie das mit dem Kauf einer guten, zukunftssicheren Apotheke. Diese lassen Sie sich ja auch zu einem günstigen Zins von einer Bank finanzieren, bevor Sie doppelt und dreifach so hohe Zinsen an einen „Risikokapitalgeber“ ausloben.

Etwas anders sind prognostizierte Ausschüttungen aus künftig erwirtschafteten Überschüssen (also keine fest zugesagten Verzinsungen) zu beurteilen. Doch prinzipiell gilt auch hier: Warum wirbt der Initiator der Kapitalanlage vergleichsweise teures Kapital bei vielen Einzelkunden ein (denen hohe Ausschüttungen versprochen werden), wenn man eben dieses Geld von einer einzigen, starken Institution viel billiger und mit viel weniger Aufwand bekommen könnte? Das leitet über zur nächsten Frage:

2. Wer bietet das Produkt aus welchen Motiven an?

Die Antworten sind so bunt wie die Geschäftswelt. Man sollte vor allem bei „geschlossenen“ Kapitalanlagemodellen sehr genau hinschauen, mit wem man es an welchem Ort zu tun hat, wie der rechtliche Durchgriff aussieht und welche steuerlichen Implikationen damit verbunden sind.

Kritisch zu sehen sind verschachtelte und intransparente Firmenkonstruktionen, womöglich über unterschiedliche (europäische bzw. außereuropäische?) Länder verteilt. Doch selbst manche Hausbank hat hier schon viel Vertrauen verspielt. Fragen Sie sich zudem immer, wo die Gewinne und Verluste landen: Gewinnen der Initiator bzw. das Management mehr oder weniger immer, auch wenn das Geschäftsmodell weit hinter den Erwartungen zurückbleibt? Oder sind sie von Verlusten ebenfalls direkt betroffen?

Was wird zudem gleich von vornherein „abgegriffen“? Das sind die sogenannten „Weichkosten“, die gar nicht zur Anlage kommen, wie Ausgabeaufschläge, diverse Vorab- und Vermarktungskosten usw. Und mit der Haftung ist es oft nicht weit her, wenn sich die entscheidenden Personen hinter haftungsbegrenzten Gesellschaftsformen (GmbH, Limited etc.) verschanzen.

3. Rein geht es schnell – wie komme ich wieder heraus?

„Bevor Du in etwas hineingehst, schau vorher, wie Du wieder herauskommen kannst!“ Dies gilt universell für jede Form von Vertrag oder Bindung. Bei Kapitalanlageprodukten sollten Sie schauen, ob sie prinzipiell veräußerlich sind, und falls ja, ob überhaupt ein Markt dafür existiert. Daran krankt es meistens bei „geschlossenen“ Modellen.

Selbst Wertpapiere (Aktien, Anleihen, Zertifikate, offene Fonds u.a.) sind eventuell so „markteng“ und wenig liquide, dass ein zeitnaher Ausstieg schwierig werden kann. Hier empfiehlt sich ein Blick auf die Umsatzstatistiken der jeweiligen Handelsplätze, die auf gängigen Internet-Börsenseiten zugänglich sind. Wenn dort nur ein gelegentlicher Handel womöglich noch kleiner Stückzahlen stattfindet, sollten Sie sensibilisiert sein. Liquide Papiere werden täglich in bedeutender Stückzahl gehandelt. Ansonsten heißt es schnell: „Mitgefangen! Mitgehangen!“ – gerade wenn der Fahrstuhl abwärts rauscht!

4. Welche weitergehenden Verpflichtungen gehe ich ein?

Es können böse Überraschungen drohen, je mehr Sie in die Rolle eines unternehmerischen Teilhabers (geschlossene Beteiligungsmodelle) geraten. Bisweilen stehen dann Dinge wie Nachschusspflichten an, und das Steuerrecht hält manche Überraschung parat. Lassen Sie das vorab kompetent prüfen. Mit Wertpapieren wie Aktien, Anleihen, offenen Publikumsfonds, Zertifikaten etc. droht dagegen „nur“ der Verlust des eingesetzten Kapitals.

5. Wie sieht das Chance-Risiko-Verhältnis aus?

Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, für welch lächerliche Renditechancen im überschaubar einstelligen Prozentbereich welche Risiken eingegangen werden. Da hilft es, vorab die möglichen Renditen und Verluste grob zu skizzieren. Abbildung 1 zeigt einige beispielhafte Chance-/Risiko-Profile.

Am besten kalkulierbar sollten fest verzinsliche Anlagen, gehalten bis zum Ende der Laufzeit, sein – wäre da nicht ein mögliches Ausfallrisiko. In der Niedrigzinsphase konnten sich auch schwache Unternehmen überraschend günstig verschulden. Bei einer Immobilie gibt es bereits wesentlich mehr Einflußfaktoren auf die Gewinn- bzw. Verlustbilanz, dementsprechend zieht sich das Chance-Risiko-Profil viel weiter. Bei Aktien mit spekulativem Charakter nimmt insbesondere das Verlustrisiko zu (zweiter „Hügel“ in den Profilen).

Die Erwartungsrendite kann man überschlägig anhand von Gewinn- und Verlustannahmen errechnen (siehe Kasten). Es dürfte zu mancher Entzauberung beitragen, wenn man die Schmälerung durch mögliche Verlustrisiken einrechnet.

6. Was sind die Alternativen?

Nichtstun und das Geld auf dem Konto liegen zu lassen (oder clever in den eigenen Betrieb zu investieren?) ist regelhaft die bessere Idee als sich zu verspekulieren. Dank geringer Inflation sind die Wertverluste einer Passivstrategie überschaubar. Die heutigen Preise vieler Anlageklassen limitieren die Gewinnchancen bei hohem Verlustrisiko. Zwanghafte Neuengagements drängen sich nicht auf – erst recht nicht, wenn Sie von dem betreffenden Geschäftsmodell wenig verstehen und hohe Beträge zur Anlage anstehen.

Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(11):14-14