Persönliche versus digitale Kommunikation

Braucht der interne Austausch ein Update?


Simon Nattler

Das persönliche Gespräch hält ein Team und damit die Apotheke im Kern zusammen. Im Zeitalter der Information stößt dieses Gespräch jedoch immer häufiger an seine Grenzen. Warum ist das so? Welche Alternativen gibt es? Und wie sollte man diese Alternativen einsetzen?

Mit unseren Kunden und Geschäftspartnern kommunizieren wir zwar längst schon digital, z.B. über E-Mail oder Apps. Der Austausch im Team läuft dagegen in den meisten Apotheken vor allem noch im persönlichen Gespräch ab – was auch erst mal gut so ist! Denn eine Unterhaltung von Angesicht zu Angesicht stärkt das Vertrauen und schafft Verständnis füreinander, weil sie eine Kommunikation auf vielen Ebenen ermöglicht.

Es geht ums Ganze

Das ist gerade bei vielschichtigen Themen nützlich. Denken Sie etwa an eine Teamsitzung, in der Sie erläutern, dass Sie einen Online-Shop einführen wollen. Damit stoßen Sie wahrscheinlich grundsätzlich auf Verständnis, rufen aber auch ängstliche Gefühle bei Ihren Mitarbeitern hervor, die sich z.B. fragen, was sich an den täglichen Abläufen ändern wird.

Sie merken: Hier geht es nicht um reine Informationen. Es geht vielmehr darum, Beweggründe zu vermitteln, Auswirkungen zu diskutieren und mögliche Gegenargumente ebenso aufzugreifen wie zu entkräften. Aber auch bei heiklen oder besonders positiven Anlässen, wie einer Gehaltserhöhung, sollten Sie das persönliche Gespräch suchen.

Kurzum: Immer wenn Emotionen im Spiel sind, lässt sich auf die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht nicht verzichten – und natürlich braucht auch der Small Talk seinen Raum.

Doch selbst wenn das persönliche Gespräch die wichtigste Verbindung zwischen zwei Menschen ist und bleiben wird: Alleine reicht es im Alltag nicht mehr aus. Denn die Menge an neuem Wissen, das ständig kommuniziert sein will, vergrößert sich in immer kürzeren Abständen! Denken Sie mal daran, wie viele Verträge, Verordnungen und Retaxregeln heute jeder im Kopf behalten muss – und wie viele alleine im letzten Jahr dazugekommen sind!

Der Großteil des täglichen Austauschs dreht sich um Informationen, die als Folge von Entscheidungen oder Standardprozessen anfallen. Um diese vielen Informationen zu verbreiten, ist die persönliche Kommunikation nur leider schlicht zu langsam und zu löchrig. Dieses Problem vergrößert sich noch einmal, wenn Sie in einem Filialverbund über verschiedene Standorte hinweg zusammenarbeiten. Dutzende störende Anrufe an jedem Tag sind die Folge. Außerdem werden die gleichen Aufgaben mehrfach erledigt, denn jeder Standort sieht zunächst einmal nur sich selbst. So geht Arbeitszeit drauf, die anderweitig deutlich sinnvoller investiert werden könnte!

Wissen im Einsatz

Problematisch ist auch, dass wir uns heute häufig mit komplexen Beschreibungen und Vorgehensweisen herumschlagen müssen, die (nicht nur) beim ersten Mal kaum noch jemand wirklich versteht. Denken Sie alleine an die verklausulierten Abgabevorschriften im Rahmenvertrag. Nicht nur, dass Sie daher der gleichen Person eine Sache oft mehrfach erklären müssen, bis sie sie verstanden hat. Auch gibt es kaum noch Momente, in denen wirklich alle Mitarbeiter gleichzeitig anwesend sind, selbst in kleineren Teams. Gründe sind u.a.

  • längere Öffnungszeiten,
  • Schichtbetrieb,
  • Krankheit bzw. Urlaub sowie
  • die räumliche Verteilung in Filialverbünden.

Und wenn Sie deswegen verschiedenen kleineren Gruppen die gleichen Dinge erklären, kommen meist die gleichen Rückfragen.

Sie selbst wissen vermutlich nur zu gut, dass es viel zu viel Zeit und Energie kostet, wirklich jeden ständig auf dem Laufenden zu halten – und am besten noch alle gleichzeitig! Denn nichts ist schlimmer als eine Information, die über stille Post weitergegeben und verfälscht wird – zumal das gerade die Mitarbeiter am "Ende der Leitung" demotiviert. Eine Teamsitzung zum reinen Informationsaustausch lohnt sich aber für viele Neuigkeiten auch nicht! Rechnen Sie doch mal die Personalkosten aus, wenn alle Mitarbeiter hierfür zwei Überstunden machen. Da kommen schnell Summen im mittleren dreistelligen Bereich zusammen.

Der reine Informationsaustausch läuft emotionslos ab, der Vorteil des persönlichen Kontakts kommt also nicht zum Tragen. Jetzt wenden Sie vielleicht ein, dass eine Einsatzbesprechung der Polizei emotionsgeladen ist? Das mag zwar wegen der äußeren Umstände so sein: Denn man weiß ja, dass gleich ein Zugriff erfolgt. In den meisten Fällen gibt es aber einen zeitlichen Versatz zwischen Vermittlung und Abruf einer Information. Und dann herrscht bei der Vermittlung Emotionslosigkeit vor. Langeweile und eine verminderte Aufnahmefähigkeit sind die Folge.

Erinnern wir uns an die Uni zurück: Obwohl der Professor in der Vorlesung alles genau erklärt hat und wir alle wussten, dass die Klausur irgendwann kommen würde, hat uns der (emotionslose) Stoff doch oft gelangweilt. Die Folge: Wir waren – zumindest für die eigentlichen Vorlesungsinhalte – wenig aufnahmefähig. Erst kurz vor der Klausur haben wir uns das Skript angeschaut. Da wurden die Inhalte mit einem Mal relevant und somit auch interessant. Das Skript allerdings hat der Professor nur einmal verfasst – und sich damit Semester für Semester hunderte von Rückfragen erspart.

Ähnlich verhält es sich in der Apotheke: Sind die Informationen schriftlich notiert, müssen alle im Team nur wissen, wo sie sich finden lassen – und können stets nachschlagen, was sie für eine konkrete Aufgabe benötigen. Die Informationen sind auf einmal passend und folglich spannend!

Die Spreu vom Weizen trennen

Bei einer reinen Informationsvermittlung ist daher oft eine asynchrone Kommunikation über digitale Kanäle das Mittel der Wahl. Informationen werden auf Knopfdruck für alle verfügbar und können im richtigen Moment über die Suche wiedergefunden werden. Wirklich dringende Probleme können Sie dann sofort herausfiltern, diskutieren und lösen – der Rest darf dann ruhig bis zur nächsten Teamsitzung warten. Denn ganz ehrlich: Wie viel Zeit verbringen Sie damit, über vermeintlich dringende Anfragen aus dem Team zu diskutieren (à la "Warum bin ich immer die Einzige, die die Spülmaschine ausräumt?")? Und wie oft geht es wirklich um Strategie und die Vorbereitung von großen Entscheidungen?

Einfache Chats oder E-Mails lösen Informationsvermittlungs-Probleme allerdings nur selten. Besser ist da eine Austauschplattform, die alle gleichberechtigt einbezieht und das Wissen themenbasiert bündelt, statt es nur chronologisch zu sortieren. Größere Unternehmen machen das seit Jahren vor: Sie setzen erfolgreich "Social Intranets" ein, die letztlich ähnlich wie Facebook und Co. funktionieren, aber sicher verschlüsselt und nur für die Mitarbeiter des eigenen Teams zugänglich sind. Dadurch kommt es auch in der digitalen Welt zu einem echten Austausch. Es können Fragen gestellt und in der Gruppe geklärt werden. Jeder sieht die Antworten – auch diejenigen, die sich die Frage gar nicht gestellt haben und deswegen schlimmstenfalls etwas falsch Verstandenes angepackt hätten.

Fast wie zu Hause

Auch privat verabreden wir uns immer häufiger über WhatsApp, treffen uns anschließend aber nach wie vor persönlich. So nimmt es uns heute auch bei der Arbeit niemand mehr übel, wenn wir reine Fakten digital verbreiten. "Switchen" wir dann aber mal zu einer persönlichen Ansprache, nimmt deren Bedeutung wieder sprunghaft zu. Denn das Team weiß: "Jetzt wird es wichtig! Jetzt muss ich zuhören!"

Der Aufbau einer besseren Infrastruktur für das interne Wissensmanagement ist längst keine Nebensache mehr. Laut der Studie "The Employee Voice" des Plattform-Anbieters Peakon steht die effektivere Kommunikation gleich nach der Gehaltserhöhung auf Platz 2 der Angestelltenwünsche. Eine Übergabekladde, in die abends Neuigkeiten für die nächste Schicht notiert werden, ist also sicher nicht das, was sich Ihre Mitarbeiter wünschen. Wenn Sie jedoch eine gute, zeitgemäße Lösung finden, binden Sie damit nicht nur Ihr bestehendes Personal, sondern ziehen auch neue Bewerber an. Und last, but not least: Sie als Chef bekommen eine bessere Übersicht und sparen enorm viel Zeit sowie unnötige Ausgaben.

Simon Nattler, Inhaber der ELISANA-Apotheken, Gründer der Team-App apocollect, 45896 Gelsenkirchen, E-Mail: inbox@apocollect.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(04):8-8