Dr. Markus Rohner
Für welche Arbeitsverhältnisse gilt eine Kündigungsregelung?
Will der Arbeitnehmer oder der Apotheker als Arbeitgeber ein Anstellungsverhältnis beenden, handelt es sich naturgemäß um eine Kündigung des Arbeitsvertrages. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert oder nicht. Auch die Art des Arbeitsvertrages ist unerheblich. Die Regelungen über die Kündigung finden auf Teilzeit- wie auf Vollzeitverträge gleichermaßen Anwendung. Auch befristete Verträge können während ihrer Laufzeit vor Fristende gekündigt werden. Die Beendigung eines befristeten Vertrages zum Fristende bedarf allerdings keiner weiteren (Kündigungs-)Erklärung, da das Arbeitsverhältnis automatisch erlischt.
Nicht nur die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unterliegt den Kündigungsregelungen. Auch Änderungen des Arbeitsvertrages zu Lasten des Arbeitnehmers – z.B. die Änderung von Gehaltszulagen oder die Kürzung von Urlaub – stellen eine sog. "Änderungskündigung" dar, gegen die sich der Arbeitnehmer zur Wehr setzen kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die (einseitige) Änderung des Vertrages durch den Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes erfolgt wie z.B. die Änderung von Arbeitszeit oder Arbeitsort. Die Abgrenzung zur Änderungskündigung ist mitunter schwierig, und es kommt auf den Einzelfall an.
Form und Frist
In der Kündigungspraxis werden die häufigsten Fehler bei Form und Frist einer Kündigungserklärung gemacht.
Zunächst ist zu beachten, dass eine Kündigung immer der Schriftform bedarf. Diese ist nur dann gewahrt, wenn die Kündigung dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber unterschrieben übermittelt wird. Eine Kündigung per E-Mail ist nicht wirksam. Erst recht ist eine mündliche Kündigung unwirksam.
Hier hat sich schon manch ein Arbeitgeber zu früh gefreut. Nicht selten kommt es vor, dass Situationen eskalieren, der Arbeitnehmer "die Brocken hinwirft" und mit den Worten "ich höre auf" den Arbeitsplatz verlässt. Will man sich ohnehin von einem solchen Arbeitnehmer trennen, muss man allerdings zunächst eine Abmahnung aussprechen, weil der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringt. An seiner ausgesprochenen Kündigung kann man ihn nicht festhalten, weil sie ohne Schriftform schlichtweg unwirksam ist.
Eine Begründung muss die Kündigung grundsätzlich nicht enthalten. Es muss allerdings klar und eindeutig zu Ausdruck kommen, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Formulierungen wie "ich möchte das Arbeitsverhältnis beenden" oder "ich beabsichtige das Arbeitsverhältnis zu beenden", sollte man tunlichst vermeiden.
Es sollte auch mitgeteilt werden, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Die Berechnung der Fristen macht häufig Probleme, denn Kündigungsfristen können im Gesetz, im Arbeits- oder Tarifvertrag sehr unterschiedlich geregelt sein. Fehlen – z.B. nach der Übernahme einer Apotheke – alte Verträge und ist der Eintritt des Arbeitnehmers unklar, ist die Berechnung der richtigen Kündigungsfrist häufig ein Lotteriespiel: Denn bei Anwendung der gesetzlichen Kündigungsfristen bestimmt die Dauer der Betriebszugehörigkeit die Kündigungsfrist. Dann ist man mit der Formulierung: "Das Arbeitsverhältnis wird zum 31.03.2022, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin gekündigt" auf der sicheren Seite.
Maßgeblich für den Beginn der Fristen – aber auch für die Wirksamkeit der Kündigung überhaupt – ist der Zugang der Kündigungserklärung beim Empfänger. Wird die Kündigung persönlich übergeben, ist das entweder vom Empfänger zu quittieren, oder die Übergabe sollte im Beisein eines Zeugen erfolgen. Die Zustellung per Post – egal in welcher Form, ob per Einschreiben oder anderweitig – kann niemals den Zugang der Kündigung belegen: Denn zum Inhalt eines Briefes trifft der offizielle Zustellungsnachweis keine Aussage – dieser könnte ja auch schlichtweg leer sein.
Insofern ist der richtige Weg, den Brief im Beisein eines Zeugen einzuwerfen, wobei darauf zu achten ist, dass dieser auch Kenntnis vom Inhalt des Briefes hat. Mit Einwurf in den Briefkasten ist die Kündigung dann zugegangen, und der Fristlauf beginnt – im Übrigen auch für die Drei-Wochen-Frist des Arbeitnehmers zum Einreichen einer Kündigungsschutzklage.
Wann ist eine Kündigung inhaltlich wirksam?
Vorweg: Der Arbeitnehmer kann im Rahmen der vereinbarten gesetzlichen oder vertraglichen Fristen jederzeit kündigen. Will man das abmildern, kann es sich zum einen anbieten, sehr lange Kündigungsfristen zu vereinbaren. Die Kündigung kann sogar für mehrere Jahre ausgeschlossen werden – naturgemäß dann immer für beide Vertragspartner.
Bei Kündigung durch den Apotheker genießen allgemeinen Kündigungsschutz diejenigen Arbeitnehmer in Apotheken mit mehr als zehn Beschäftigen, wobei nicht nach Köpfen, sondern entsprechend einem bestimmten Schlüssel nach Wochenarbeitszeit gerechnet wird. Dabei zählt jeder Beschäftigte mit, auch der geringfügig beschäftigte Bote. Weitere Voraussetzung ist, dass der betroffene Arbeitnehmer mehr als sechs Monate in der Apotheke beschäftigt ist.
Sozial gerechtfertigt ist eine Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz nur dann, wenn die Kündigungsgründe in der Person, im Verhalten des Arbeitnehmers oder im Betrieb der Apotheke begründet sind. Für eine verhaltensbedingte Kündigung muss immer zuvor eine Abmahnung erfolgt sein. Insgesamt liegt die Messlatte für die Durchsetzung einer Kündigung recht hoch. Das gilt auch für eine außerordentliche Kündigung, die bei schweren Verstößen möglich ist (z.B. Diebstahl). Aber Vorsicht: Die außerordentliche Kündigung muss spätestens zwei Wochen nach Bekanntwerden des Grundes erklärt werden.
Sonderkündigungsschutz besteht für Arbeitnehmer in der Elternzeit, Schwangere und Schwerbehinderte. Auch Auszubildende können nicht ordentlich gekündigt werden.
Bei Erwerb einer Apotheke gehen die Arbeitsverhältnisse auf den neuen Inhaber über. Es besteht dann eine einjährige Kündigungssperre aus Anlass des Betriebsübergangs – egal ob Kündigungsschutz besteht oder nicht. Möglich bleibt allerdings die verhaltens-, personen- oder betriebsbedingte Kündigung.
Betriebsschließungen werfen immer wieder die Frage auf, ob die Arbeitsverhältnisse kündbar sind. Handelt es sich nur um eine Apotheke, ist die Kündigung betriebsbedingt und damit ohne Weiteres im Rahmen der Kündigungsfristen zulässig – gleich ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet oder nicht. Wird hingegen im Zuge einer Betriebsschließung der Kundenstamm verkauft, geht der Käufer das Risiko ein, dass ein Betriebsübergang vorliegt und die Arbeitnehmer einen Fortbeschäftigungsanspruch haben.
Schwierig ist die Frage bei Schließung einer Filiale zu beantworten. Eine betriebsbedingt wirksame Kündigung wird immer nur dann vorliegen, wenn es sich um einen abgeschlossenen Betriebsteil handelt. Das ist im Zweifel nicht der Fall, sodass für eine betriebsbedingte Kündigung im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes eine sogenannte Sozialauswahl zwischen den Mitarbeitern aller Apotheken gilt. Das führt in der Regel zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass auch Mitarbeiter der verbleibenden Apotheke entlassen werden müssten.
Alternativen zur Kündigung
Angesichts der oft bestehenden Schwierigkeiten, eine Kündigung wirksam durchzusetzen – in der Regel, wenn allgemeiner oder besonderer Kündigungsschutz vorliegt – ist die Aufhebungsvereinbarung verbunden mit einer Abfindungszahlung eine gute Alternative. Denn mit Zahlung einer Abfindung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet auch der überwiegende Teil der Arbeitsgerichtsprozesse. Dieses Ergebnis kann man auch einvernehmlich vorwegnehmen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(03):14-14