Preismanagement in Apotheken

Alles eine Frage der Elastizität


Dr. Christian Knobloch

Die OTC-Preise nach Bauchgefühl festzulegen, ist keine gute Idee. Wir zeigen Ihnen, wie Sie selbst berechnen können, wie Preise, Absatz und Rohertrag zusammenhängen. Kennen Sie dann auch noch die Preiselastizität, haben Sie bereits alle Zutaten für ein aktives Preismanagement.

Beginnen wir ganz einfach mit einer Art Preismanagement, das sicherlich viele Apotheker regelmäßig nutzen: die Rabattierung von Artikeln. Dazu zunächst folgende Rechenaufgabe: Eine Apotheke verkauft 1.000 Packungen Ibuprofen 400 (20 Stück) für jeweils 4 €, der Einkaufspreis beträgt 2 € (Preise jeweils ohne Mehrwertsteuer). Damit liegt die Marge – berechnet als Abschlagspanne vom Netto-VK – bei 50% bzw. der gesamte Rohertrag bei 2.000 €. Wenn nun der VK-Preis um 20% auf 3,20 € je Packung gesenkt werden soll (20% Rabatt) – wie stark muss der Absatz mindestens steigen, damit sich der Rohertrag nicht verschlechtert? Die Antwort lautet: auf 1.667 Packungen. Durch den Rabatt hat sich der Rohertrag je Packung auf 1,20 € bzw. die Marge auf 30% verringert. Nun ist eine Mengensteigerung auf 1.667 Stück nötig, um auf denselben Gesamtrohertrag zu kommen.

Formel 1A in Abbildung 1 zeigt den allgemeinen Zusammenhang zwischen Rabatt (= Preissenkung) ∆P in Prozent, Marge Ma in Prozent und Mengensteigerung ∆M. In die Formel 1B sind die Werte des Beispiels eingefügt. Ergebnis: Bei einer (ursprünglichen) Marge von 50% und einem Rabatt von 20% muss die Apotheke den Absatz des Artikels um anteilig 0,67 bzw. mindestens 67% erhöhen, um keinen Rohertrag zu verlieren.

Für verschiedene Relationen von Rabatt zu Marge, also ∆P/Ma, zeigt Tabelle 1 die notwendigen Mengensteigerungen, wenn sich der Rohertrag nicht verschlechtern soll.

Dazu ein Beispiel:

Beträgt das Verhältnis zwischen Marge und Rabatt 1 zu 3 – also z.B. 15% Rabatt bei einer (ursprünglichen) Marge von 45% – dann muss der Absatz um mindestens 50% steigen, damit sich der Rohertrag nicht verringert.

"Wenn Sie auf ein OTC-Arzneimittel mit einer Marge von 50% einen Rabatt von 20% gewähren, dann müssen Sie den Absatz dieses Produkts um mindestens 67% erhöhen, damit Sie keinen Rohertrag einbüßen!"

Preismanagement funktioniert in beide Richtungen: Statt mit Rabatten kann ebenso mit Preiserhöhungen gerechnet werden. Die ausgewiesene Mengenänderung ist dann als maximal zulässiger Absatzrückgang zu interpretieren, ohne Rohertrag zu verlieren. Tabelle 2 zeigt den Zusammenhang.

Auch dazu ein Beispiel: Eine Apotheke würde durch eine 10%ige Preiserhöhung eines Produktes mit einer (ursprünglichen) Marge von 20% – das Verhältnis von Preiserhöhung zu Marge ist also 1 zu 2 – solange einen Mehrertrag erwirtschaften, wie sich der Absatz um weniger als 33% reduziert.

Funktioniert in beide Richtungen

Als Ergebnis dieser Überlegungen sollte sich jeder Apotheker vor einer Preisänderung die Frage stellen: Wie wird der Absatz darauf reagieren? Hier kommt das Konzept der "Preiselastizität" ins Spiel. Vereinfacht ausgedrückt setzt diese zwei prozentuale Veränderungen ins Verhältnis, nämlich die der nachgefragten Menge (im Zähler) und des Preises (im Nenner). Fällt die Mengensteigerung größer aus als die Preisreduktion (Abbildung 1, Formel 2), dann spricht man von einer (preis-)elastischen Nachfrage. Formel 3 schließlich beschreibt, wie groß diese Elastizität mindestens ausfallen muss, damit bei einem bestimmten Rabatt (ΔP) und einer bestimmten Marge (ΔM) der Rohertrag steigt.

Eine Preisreduktion um 20% bei einem Produkt mit einer Marge von 40% ist gemäß dieser Formel also nur dann sinnvoll, wenn dessen Preiselastizität bei mindestens 2 liegt – anderenfalls würde man Rohertrag einbüßen. Die Menge muss sich somit mindestens verdoppeln (siehe auch Tabelle 1).

Man kann dieses Konzept aber auch umdrehen: Je preisunelastischer ein Produkt ist (Abbildung 1, Formel 4), desto eher kann der Preis erhöht werden, ohne dass der Absatzrückgang den Zuwachs an Rohertrag zunichte macht.

Zwischenfazit: Je preiselastischer ein Produkt reagiert, desto eher sind Preissenkungen sinnvoll, da sich dann die Absatzmenge überproportional erhöht. Je preisunelastischer ein Produkt reagiert, desto eher sind dagegen Preiserhöhungen sinnvoll, da sich in diesem Fall die Absatzmenge unterproportional verringert.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen stellt sich für Sie als Apothekeninhaber oder -leiter nun die entscheidende Frage: Wie erhalte ich Informationen zur Preiselastizität der Nachfrage meiner Artikel?

  • Eine Möglichkeit ist, die eigenen Abverkaufsdaten im Zeitverlauf zu beobachten. An ihnen lässt sich ablesen, wie sich der Absatz einzelner Artikel nach Preiserhöhungen bzw. -reduktionen verändert.
  • Eine andere Möglichkeit besteht darin, das Preismanagementsystem eines kommerziellen Anbieters zu nutzen. Zwar kennt dieser die Preiselastizitäten in Ihrer Apotheke (noch) nicht, er verfügt aber in der Regel über Informationen zu Preiselastizitäten in vergleichbaren Apotheken. Dabei werden Faktoren wie z.B. die Lage, der Apothekentyp und das Wettbewerbsumfeld berücksichtigt.

Nutzen Sie ein solches Preismanagementsystem, dann sollten Sie regelmäßig überprüfen, ob es tatsächlich zu einer Ertragssteigerung führt.

Hinweis: Manche Anbieter von Preismanagementsystemen verwenden erfolgsabhängige Vergütungen. Dies ist dann problematisch, wenn Anpassungen der Einkaufspreise nicht berücksichtigt werden. In einem solchen Fall würde der "Einstandspreis" über Monate oder gar Jahre als Bemessungsgrundlage dienen, auch wenn die Apotheke diesen Preis schon längst selbst als Folge einer Apothekenverkaufspreis(AVP)-Erhöhung angepasst hat. Und je größer der Erfolg durch das Preismanagementsystem erscheint, desto höher fallen ggf. die Zahlungen aus.

"Erhöhen Sie bei einem Artikel, den Sie üblicherweise mit einer Marge von 20% verkaufen, den Preis um 10% , dann fahren Sie bis zu einem Absatzrückgang von 33% höhere Roherträge ein."

Fazit: Wer sich als Apothekeninhaber oder -leiter mit der Preiselastizität seiner frei verkäuflichen Artikel befasst, erhält mehr Sicherheit für seine Preisgestaltung in der Offizin. Deren Ziel lässt sich unter kaufmännischen Gesichtspunkten auf einen einfachen Nenner (diesmal ohne Doppelbruch) bringen: So viel Rabatt wie nötig – insbesondere bei preiselastischen Produkten –, zugleich aber so wenig Nachlass wie möglich, um die Roherträge nicht ohne Not nach unten zu ziehen. Im Gegenteil ist es durchaus sinnvoll, bei preisunelastischen Artikeln die Preise auch mal deutlich über den AVP anzuheben – freilich mit Augenmaß.

Dr. Christian Knobloch, Leiter der Forschungsstelle für Apothekenwirtschaft, Universität Duisburg-Essen, 45141 Essen, E-Mail: christian.knobloch@uni-due.de

Prof. Dr. Hendrik Schröder, Lehrstuhl Marketing und Handel, Universität Duisburg-Essen, 45141 Essen, E-Mail: hendrik.schroeder@uni-due.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(17):8-8