Helmut Lehr
Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen beträgt 20% der Aufwendungen, höchstens allerdings 4.000 € pro Jahr. Von der Begünstigung werden laut Gesetz ausdrücklich auch Pflege- und Betreuungsleistungen erfasst. Diese müssen nicht im eigenen Haushalt erbracht werden, es genügt, wenn die Pflege im Haushalt der zu versorgenden Person erfolgt. Nicht selten müssen Steuerpflichtige allerdings um ihr gutes Recht kämpfen, wie das folgende Beispiel verdeutlicht.
Ein Fall aus der Praxis
Apothekerin Gerster schloss mit der Sozialstation eine Vereinbarung zur Erbringung von Pflegeleistungen zugunsten ihrer Mutter (Frau Müller) ab. Diese lebt in einem eigenen Haushalt. Der Vertrag wurde im Textfeld "Leistungsnehmer/in" von der Tochter unterschrieben. Die Rechnungen der Sozialstation wiesen allerdings die Mutter als Rechnungsempfängerin aus, obwohl sie immer an Frau Gerster übersandt und von dieser per Banküberweisung beglichen wurden. Das Finanzamt verweigerte Frau Gerster die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen, da sie keine Rechnungen vorlegen konnte, die auf ihren Namen ausgestellt waren.
Hinweis: Das Finanzgericht gab in erster Instanz dem Finanzamt Recht. Allerdings führte es zur Begründung aus, dass die Leistungen (aus Sicht der Steuerpflichtigen) in einem fremden Haushalt erbracht wurden und deshalb generell nicht abzugsfähig wären. Eine solche Einschränkung findet sich bislang noch nicht einmal in den grundlegenden Anweisungen des Bundesfinanzministeriums zur Steuerermäßigung.
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs, der unlängst einen vergleichbaren Fall zu entscheiden hatte, liegt das Finanzgericht hier falsch – die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen kann dem Grunde nach von der Tochter beansprucht werden, obwohl die Dienstleistungen im Haushalt der Mutter ausgeführt wurden (Urteil vom 12.04.2022, AZ: VI R 2/20).
Außerdem, so das oberste deutsche Steuergericht, setze die Steuerermäßigung für Pflege- und Betreuungsleistungen insoweit weder eine Rechnung noch eine förmliche Überweisung voraus; das Gesetz sehe diese Voraussetzungen zwar für andere haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen vor, nicht aber für die Pflege und Betreuung.
Leider ist der Fall noch nicht vollends geklärt. Der Bundesfinanzhof hat nämlich auch entschieden, dass die Steuerpflichtige nur eigene Aufwendungen geltend machen könne. Es muss daher noch geklärt werden, ob – zurück zum Praxisfall – Frau Gerster das Geld als eigene Schuld überwiesen oder quasi die Aufwendungen ihrer Mutter übernommen hat. Ist Letzteres der Fall, würde es sich (steuertheoretisch) um sog. Drittaufwand handeln, der nicht begünstigt ist.
Rein praktisch muss jetzt nochmals durch das Finanzgericht geklärt werden, ob Frau Gerster den Betreuungsvertrag im eigenen Namen (zugunsten ihrer Mutter) geschlossen oder ob sie bei Vertragsabschluss lediglich ihre Mutter vertreten hat.
Hinweis: In vergleichbaren Konstellationen sollten Sie daher – zumindest aus steuerlicher Sicht – darauf achten, dass Sie den Vertrag ausdrücklich im eigenen Namen abschließen! Sofern sich dies nicht bereits aus dem "formularmäßigen" Vertragstext ergibt, sollte ein entsprechender Zusatz aufgenommen werden. Möchten Sie nicht selbst Vertragspartner sein, steht die Steuerermäßigung auf der Kippe.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(17):18-18