Versicherungen für Apotheken als Mieter

Hoppla, wer zahlt denn nun …?


Peter Grimm

Befinden sich Apotheken in gemieteten Räumen, kann auf Versicherungen für Immobilienbesitzer verzichtet werden. Doch Vorsicht: Bei einigen Schadenszenarien kommt es leicht zu Konflikten – und dann bleiben Sie als Apothekeninhaber oder -leiter oft auf den Kosten sitzen.

Wer im Rahmen seines Risikomanagements über Versicherungen nachdenkt, sollte neben seiner eigenen Apothekenhaftpflicht auch die Gebäudeversicherung im Blick haben. Dies gilt paradoxerweise selbst dann, wenn Apotheken in gemieteten Räumen logieren. Zwar sind Mieter nicht für Schäden verantwortlich, die vom Gebäude selbst ausgehen, doch sollten Apotheker sich nicht blindlings auf die Absicherung ihres Vermieters verlassen, denn die kommt längst nicht für alle Schäden auf.

Apotheken finden sich meist in eng bebauten Lagen. Brennt es in einer Offizin, kann das Feuer leicht auf angrenzende Gebäude übergreifen. Für solche Schäden haftet der Brandverursacher, hier also der Apothekeninhaber. Feuerhaftung – so der Fachbegriff – gilt zwar nicht nur für Apotheken, ist aber dort besonders bedeutsam, da ein brennendes Apothekenlager das Schadensrisiko sowie die Anforderungen an die Sanierung deutlich erhöhen.

Die Gebäudeversicherung des Vermieters würde in einem solchen Fall zwar für die Brandschäden am Gebäude aufkommen, aber sie wird die Apotheke als Brandverursacher mit Sicherheit in Regress nehmen. Damit nicht genug, zahlt den brandbedingten Betriebsausfall der umliegenden Betriebe und Praxen keine Gebäudeversicherung! Auch für diese Kosten sollte im Fall des Falles die Haftpflichtversicherung der Apotheke aufkommen.

Dabei muss das Feuer nicht einmal auf andere Objekte überspringen: Es reicht völlig, wenn durch gefährliche Rauchentwicklung die Umgebung weiträumig abgesperrt werden muss. Selbst wenn die Betroffenen eigene Versicherungen hätten, würden auch diese die Apotheke in Haftung nehmen.

Gelangt durch Löscharbeiten auch noch durch das Warenlager kontaminiertes Löschwasser ins Erdreich, muss die Apotheke sogar für diese Sanierungskosten aufkommen.

Tipp: Prüfen Sie auf jeden Fall, wie viel Feuer-, Umwelt- und Umweltschaden-Haftung versichert ist und ob die Summe für Ihr direktes Umfeld angemessen ist.

Ein weiteres Schadenszenario betrifft Reinraum-Apotheken, denn Reinräume sind mit der Gebäudehülle fest verbaut und damit per Definition Gebäudebestandteil. Über eine "normale" Firmeninhaltsversicherung sind diese Sterillabore nicht ausreichend versichert. Das gilt gleichfalls für Gebäudeversicherungen, die auf so "exotische" Einrichtungen wie Reinräume in aller Regel nicht ausgelegt sind. Deshalb bieten sie nur sehr eingeschränkten Versicherungsschutz.

Besonders tückisch: Es braucht bei Sterillaboren noch nicht einmal einen Großschaden, um zu empfindlichen Verlusten zu führen. Befindet sich über dem Reinraum z.B. eine Zahnarztpraxis, ein Badezimmer oder auch nur ein größeres Aquarium, steigt das Risiko eines Wasserschadens erheblich. Es muss nur etwas Wasser – oder gar Abwasser – in das Mauerwerk des Reinraums eindringen, um die Produktion für lange Zeit zum Stillstand zu bringen. Wegen der besonderen Hygieneanforderungen beim Trocknen und Dekontaminieren solcher Reinräume werden Spezialfirmen benötigt, die eine Gebäudeversicherung üblicherweise nicht beauftragt.

Tipp: Kein Reinraum ohne eigene Reinraum-Versicherung für den Fall von Hygieneschäden und einer daraus resultierenden Betriebsunterbrechung!

Bei Glas und Schlüsseln aufs Kleingedruckte achten

Apothekenschaufenster gehören als mitgemietete Objekte grundsätzlich zum Gebäude, deshalb muss für diese die Glasversicherung aufkommen, vorausgesetzt dass Glasschäden dort eingeschlossen sind. Doch leider ist das weder Pflicht noch Standard. Außerdem gibt es bei vielen Glasversicherungen eine Klausel, welche die maximale Größe der mitversicherten Schaufensterscheiben festlegt. Diese Ausschlussgrenze liegt meist unterhalb der üblichen Schaufenstergrößen. Ebenso betroffen sind übrigens auch gläserne Automatiktüren mitsamt Öffnungs- und Schließmechanismus: Für deren Absicherung sehen sich viele Gebäudeversicherungen nicht in der Pflicht – oft mit dem Argument, diese Türen seien vom Mieter eingebaut worden und Schäden lägen insofern in dessen Zuständigkeit.

Ein ähnliches Risiko bergen Schlüssel von Schließanlagen, wie sie in Ärztehäusern, Centern und anderen größeren Gewerbekomplexen im Einsatz sind. Geht einer der an die Apotheke übergebenen Schlüssel verloren, müssen meist die Schlösser des gesamten Gebäudekomplexes ausgetauscht werden. Bei größeren Einheiten können die Kosten schnell in den fünfstelligen Bereich gehen.

Tipp: Fragen Sie Ihren Vermieter zur Versicherung bei Glasbruch und Schlüsselverlust. Sollten Sie keine klare schriftliche Aussage bekommen, sollten Sie diese Risiken besser selbst mitversichern.

Gerüst am Gebäude? Versicherung informieren!

Mitunter erzwingen auch Entscheidungen von Immobilienbesitzern Ihr Eingreifen als Apothekeninhaber, weil ansonsten Ihr eigener Versicherungsschutz gefährdet ist. Das ist regelhaft der Fall, wenn am Haus etwas verändert wird, was den Eintritt eines Schadens begünstigt. So erleichtern Gerüste sowie provisorische Türen- und Fenstersicherungen bei Umbauten das unbefugte Eindringen in Gebäude. Darum ist es notwendig, dass Versicherungsnehmer Gerüste sowie andere bauliche Maßnahmen ihrer Versicherung melden. Wird das versäumt, kann die Versicherung im Schadenfall die Entschädigung kürzen oder sogar ganz verweigern.

Wenn alles zusammenkommt ...

Ein besonders krasser Fall, der für den Inhaber mittlerweile zum existenziellen Risiko geworden ist, nahm im Juni 2021 mit dem Aufschließen der Apotheke seinen Anfang. In der Nacht hatte sich ein Deckenbalken zwischen Offizin und Generalalphabet um einige Zentimeter gesenkt. Herabfallender Deckenputz riss die abgehängte Apothekendecke mit, die dann Offizin, HV sowie PTA- und PKA-Arbeitsplätze unter sich begrub. Alles sah aus wie eine große Schutthalde …

Dass die Apotheke bis heute (sic!) nicht wieder geöffnet hat, liegt aber nicht an den bei solchen Großschäden unvermeidlichen "Problemchen" wie einem zu kurzen Ersatz-Eisenträger, der (mangelnden) Koordination der Gewerke oder dem Warten auf das Statikgutachten – sondern an der Streitfrage, wer für den Schaden aufkommen muss.

Denn der Träger hatte nur deshalb unter der Last des Hauses nachgegeben, weil ein Vormieter ohne Kenntnis des Vermieters eine Tür zugunsten eines Durchgangs verbreitert hatte. Bauunterlagen dazu lagen nicht vor. Er habe – so die Argumentation des Inhabers – die Apotheke im vorgefundenen Zustand angemietet und damit sei der Vermieter für die Schadenfolgen haftbar. Denn der Vermieter hat nur den neuen Träger einziehen lassen, für alle sonstigen Schäden aber keine Regulierungsfreigabe erteilt.

Nach erteilter Freigabe durch den Statiker hat der Inhaber die Offizin komplett und den hinteren Bereich notdürftig renovieren lassen. Dabei waren auch Arbeiten unvermeidlich, die eigentlich der Vermieter hätte beauftragen müssen, ohne die aber die Betriebserlaubnis gefährdet gewesen wäre.

Da die Apothekenversicherung nur für die Apothekeneinrichtung, das Warenlager sowie den Betriebsausfall aufgekommen ist, steht der Ersatz aller betroffenen mitgemieteten Objekte vom Bodenbelag bis zur Deckenabhängung weiter aus. Weil sich zudem der Apothekeneinrichter weigert, die restlichen Arbeiten auszuführen, bevor die Rechnungen beglichen sind, kann keine Wiedereröffnungsrevision stattfinden. Hier bleibt wohl nur der Apothekenrechtsschutz, um die Sache gerichtlich zu klären.

Tipp: Fragen Sie Ihren Vormieter nach möglichen eigenen Umbauten und den Belegen dazu. Lassen Sie diese im Mietvertrag als Teil des Mietobjektes einschließen. Für Schadensfälle: Nehmen Sie die Kontaktdaten (inklusive E-Mail und Mobil-Nummer) von Vermieter und Hausverwaltung in Ihren QM-Ordner auf.

Peter Grimm, PriAss Prisma Assekuranzmakler GmbH & Co. KG, 67122 Altrip, E-Mail: info@priass.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(19):10-10