Digitaler Doppel-Wumms

Liebe Leserinnen und Leser,

das war – frei nach Olaf Scholz – ein echter „digitaler Doppel-Wumms“, was unser Bundesgesundheitsminister da kürzlich in Berlin verkündet hat: Mit gleich zwei neuen Gesetzen will Karl Lauterbach bei der schleppenden Digitalisierung nun den Turbo zünden. Ab 2024 soll das E-Rezept zum verbindlichen Standard werden, und bis 2025 sollen 80 % der Krankenversicherten eine ePA (elektronische Patientenakte) haben. Ambitionierte Ziele aus dem Munde eines Mannes, dessen Vor-Vorgängerin und Parteigenossin, Ulla Schmidt, schon vor mehr als 20 Jahren (im September 2002) vollmundig verkündet hatte: „Das E-Rezept, es funktioniert.“

Zugutehalten muss man Lauterbach, dass er zumindest an den richtigen Stellschrauben drehen will, um die bislang stärksten „Digitalbremsen“ zu beseitigen: Da ist zum einen die geplante hundertprozentige Verstaatlichung der Gematik zu einer Digitalagentur. Die bislang wenig konstruktive ärztliche Selbstverwaltung endlich in ihre Schranken zu weisen, ist ein mutiger Schritt – der aber auch bedeutet, dass das bisherige Schwarze-Peter-Spiel nun endgültig vorbei ist: In Zukunft gibt es nur noch einen „Master of Disaster“ – das BMG.

Zum anderen ist es mehr als überfällig, das Vetorecht der Datenschützer endlich abzuschaffen. Sonst tragen auch noch die Ururenkel von Ulla Schmidt rosa Rezeptvordrucke in die Apotheke …

Nüchtern betrachtet ist allerdings zu befürchten, dass die nächste Bundestagswahl im Herbst 2025 Lauterbachs Digitalagenda genauso untergraben wird wie die letzten Wahlen die von Jens Spahn usw. Anstatt E-Rezept, ePA & Co. solide und Schritt für Schritt weiterzuentwickeln, wird es spätestens in einem Jahr aktionistische Schnellschüsse geben, die zu halbgaren Lösungen führen, die keinerlei Akzeptanz finden. Mit einem neuen Gesundheitsminister beginnt das Spiel dann wieder von vorne.

Es grüßt Sie herzlichst

Ihr

Dr. Hubert Ortner