Erbschaft- und Schenkungsteuer

Bayern klagt in Karlsruhe


Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Lange wurde es angekündigt, nun steht eine Normenkontrollklage offenbar unmittelbar bevor. Das Land Bayern möchte erreichen, dass Einfamilienhäuser künftig (wieder) steuerfrei vererbt werden können – höhere Freibeträge sollen es richten.

Nach einem aktuellen Beschluss des bayerischen Kabinetts soll im Juni 2023 ein Antrag auf ein Normenkontrollverfahren betreffend das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht werden (vgl. www.handelsblatt.com vom 23.05.2023). Mit einem Normenkontrollverfahren wird im Allgemeinen die Rechtmäßigkeit von Gesetzen überprüft. Das Ziel liegt darin, sicherzustellen, dass ungültige Rechtsnormen nicht länger Teil der Rechtsordnung sind und dadurch weitere negative Auswirkungen vermieden werden.

Hinweis: Letztlich soll durch ein solches Verfahren auch verhindert werden, dass es vor dem Bundesverfassungsgericht zu einer Vielzahl von Einzelklagen kommt.

Es ist allgemein bekannt, dass die Boden- und Immobilienpreise in den letzten Jahren nahezu deutschlandweit erheblich gestiegen sind. Das Bundesland Bayern ist hier mit zahlreichen Städten und Landkreisen offenbar besonders betroffen. Hingegen blieben die persönlichen Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer bereits seit Jahren praktisch unverändert. Das führte zwangsläufig dazu, dass selbst herkömmliche Einfamilienhäuser innerhalb der Familie in vielen Fällen nicht mehr (vollständig) steuerfrei vererbt bzw. übertragen werden können.

Hinweis: Der persönliche Freibetrag eines Kindes, das Immobilien oder anderes Vermögen von einem Elternteil erbt, beträgt derzeit 400.000 €. Dieser Wert galt bereits für das Jahr 2009!

Beschleunigt wurde diese für Erben ungünstige Entwicklung zusätzlich durch das Jahressteuergesetz 2022. Darin wurde die für die Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgebende Ermittlung von Grundstückswerten modifiziert bzw. an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung angepasst. Dadurch ergeben sich insbesondere für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen vielerorts deutlich höhere Werte (vgl. AWA 1/2023, S. 11 ff.).

Hinweis: Das Land Bayern hatte im Zuge des damaligen Gesetzgebungsverfahrens bereits vehement eine Erhöhung der Freibeträge gefordert – letztlich allerdings erfolglos.

Ausblick

Mit der Normenkontrollklage, die natürlich auch stark politisch motiviert sein dürfte, möchte das Land Bayern erreichen, dass die persönlichen Freibeträge endlich erhöht und die Steuersätze gesenkt werden. Außerdem will man ganz offenbar darauf hinwirken, dass Teile des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts „regionalisiert“ werden, sodass länderspezifische Besonderheiten angemessen berücksichtigt werden können.

Das Vorhaben der bayerischen Regierung darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass es trotz stark gestiegener Immobilienpreise nach derzeitigem Recht natürlich schon noch möglich ist, das Häuschen der Eltern steuerfrei zu erhalten – wenn auch ggf. unter erschwerten Bedingungen. So sieht § 13 Abs. 1 Nr. 4c Erbschaftsteuergesetz ausdrücklich eine Steuerbefreiung für die Übertragung des (bisherigen) Familienheims vor (vgl. hierzu AWA 19/2022, S. 16 f.). Fakt ist aber auch, dass Familienangehörige in bestimmten Konstellationen dazu gezwungen sind, ererbtes Vermögen zeitnah zu veräußern, um die Erbschaftsteuer begleichen zu können.

Hinweis: Unterm Strich wird das Normenkontrollverfahren wohl dazu führen, dass in Bälde ein Musterverfahren anhängig ist und das Bundesfinanzministerium früher oder später die Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide (erneut) vorläufig erlassen wird. Bis es so weit ist, kann eigentlich (wieder einmal) nur zu vorsorglichen Einsprüchen geraten werden.

 

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2023; 48(12):18-18