Energiepreispauschale

Ist sie tatsächlich einkommensteuerpflichtig?


Helmut Lehr

Das Steuerentlastungsgesetz 2022 enthielt gleich mehrere staatliche Unterstützungsmaßnahmen – unter anderem eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 €. Im Veranlagungsverfahren für 2022 stellt sich nun die Frage nach der Steuerpflicht.

Der Gesetzgeber sah sich im Jahr 2022 aufgrund drastisch gestiegener Lebensmittel- und Energiepreise zum Handeln gezwungen.

Mit relativ heißer Nadel wurden gleich mehrere Entlastungen für die Bürger gestrickt und teils völlig unterschiedlich ausgestaltet. So wurden in das Einkommensteuergesetz (EStG) gleich 11 neue Paragraphen eingefügt, die die Auszahlung und Besteuerung der Energiepreispauschale (300 € pro steuerpflichtige Person) regeln sollen.

Arbeitnehmer erhielten den staatlichen Zuschuss im Allgemeinen von ihrem Arbeitgeber im Rahmen der Lohn- bzw. Gehaltszahlungen überwiesen – als lohnsteuerpflichtiger „sonstiger Bezug“. Die Arbeitgeber konnten im Gegenzug dafür – also zum Zwecke der „Refinanzierung“ – ihre Lohnsteuerzahllast gegenüber dem Finanzamt mindern.

Auch Minijobber hatten Anspruch auf die Energiepreispauschale, und nach langem Hin und Her wurden schließlich auch noch die Rentner durch einen gesonderten Gesetzesbeschluss miteinbezogen.

Hinweis: Als Apotheker konnten Sie die Energiepreispauschale durch eine einmalige Minderung der laufenden Einkommensteuervorauszahlungen unterjährig „vereinnahmen“ (vgl. AWA 12/2022, S. 16 f.).

Gemäß § 119 Absatz 1 EStG gehört die Energiepreispauschale bei Arbeitnehmern zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und wird faktisch automatisiert erfasst. Bei allen übrigen Anspruchsberechtigten (somit auch bei Gewerbetreibenden wie z. B. Apothekern) soll es sich laut § 119 Absatz 2 EStG insoweit um steuerpflichtige sonstige Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 3 EStG handeln („Einkünfte aus Leistungen“).

Hinweis: Das Finanzamt wird die Energiepreispauschale daher im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung als sonstige Einkünfte berücksichtigen, sprich versteuern.

Steuerpflicht umstritten

Mittlerweile mehren sich allerdings Stimmen in der Fachliteratur, die erhebliche Zweifel an der Steuerbarkeit der Energiepreispauschale haben.

Zum einen sei der staatliche Zuschuss nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren, da es an der notwendigen Veranlassung durch das Dienstverhältnis mangle. Faktisch wurden die Arbeitgeber nämlich vom Fiskus lediglich als Zahlstelle „missbraucht“. Zum anderen scheide auch eine Charakterisierung als sonstiger Bezug bei allen anderen Erwerbstätigen aus, da die Vorschrift des § 22 Nummer 3 EStG kein allgemeiner Auffangtatbestand im Sinne eines Sammelbeckens darstelle.

Selbst wenn man diese Auffassung vertreten würde, so könne die Energiepreispauschale nicht als wirtschaftliche Gegenleistung für ein Verhalten des Steuerpflichtigen angesehen werden (vgl. u. a. Christoph Häsner, in: Der Betrieb 2023, S. 2.647).

Hinweis: Diese Auffassung ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, insbesondere da der Staat die Energiepreispauschale offenkundig nicht für ein aktives Tun der Steuerpflichtigen, sondern als „Zuschuss“ gezahlt hat.

Rechtsbehelfe anstreben?

Es ist davon auszugehen, dass vergleichsweise kurzfristig erste Klagen vor den Finanzgerichten anhängig sein werden. Auf diese Verfahren könnten Sie sich dann berufen und einen eigenen Einspruch einlegen.

Sobald eine entsprechende Klage vor dem Bundesfinanzhof anhängig wird, muss die Finanzverwaltung vergleichbare Verfahren bis zu einer abschließenden Entscheidung ruhen lassen.

Hinweis: Vor diesem Hintergrund kann es sich lohnen, etwas auf Zeit zu spielen und bestehende Fristen möglichst auszureizen.

 

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2023; 48(24):18-18