Innere Kündigung beim Apothekenpersonal – Teil 2

Wie sich „Dienst nach Vorschrift“ verhindern lässt


Katja Löffler

Die innere Kündigung beschreibt den Zustand von Mitarbeitern, die über einen längeren Zeitraum hinweg unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen, den Aufstiegschancen oder der Führungskraft sind. Ist keine Besserung in Sicht, sinken Motivation und Leistung. Frustration und Resignation machen sich breit. Führungskräfte sollten umgehend reagieren, um einer Abwärtsspirale vorzubeugen.

Zugegeben, es ist nicht leicht zu erkennen, ob eine Mitarbeiterin nur noch das Mindestmaß an Leistung bringt. Meist registrieren Führungskräfte erst, wenn Fehlzeiten zunehmen, die Stimmung im Team schlechter wird, Kunden sich beschweren oder ganz wegbleiben, dass etwas nicht stimmt.

Doch diesen Ereignissen gehen in der Regel zahlreiche Veränderungen im Verhalten der Mitarbeiterin voraus: Sie zieht sich immer mehr zurück, bringt keine Ideen mehr ein, wirkt lustlos oder gereizt, übernimmt keine Zusatzaufgaben mehr, springt nicht mehr für Kollegen ein, kommt auf einmal häufiger zu spät oder macht kaum noch Zusatzverkäufe.

Mit Mitarbeitern in Dialog treten

Um herauszufinden, was hinter der Verhaltensänderung steckt, sollten Vorgesetzte das Gespräch mit den betreffenden Angestellten suchen. Dabei sind allerdings Vorwürfe und Anschuldigungen zu vermeiden, denn diese verschärfen die Situation nur. Beschreiben Sie stattdessen, was Sie genau beobachtet haben bzw. was Ihnen aufgefallen ist, ohne die Situation zu bewerten (siehe Praxisbeispiel rechts). Durch das zusätzliche Benennen der Wirkung, die das gezeigte Verhalten in Ihnen auslöst, wird Empathie und Wertschätzung ausgedrückt. Gemeinsam kann dann eine Lösung gefunden werden.

 

Praxisbeispiel

„Sie wirken auf mich in letzter Zeit sehr zurückhaltend und beteiligen sich bei den Teamtreffen kaum noch an den Diskussionen (Beobachtung). Das ist sehr schade, denn ich habe Ihre Ansichten immer sehr geschätzt (Wirkung). Warum haben Sie in den vergangenen Wochen das Interesse an diesen Diskussionen verloren? Welche Gründe gibt es für Ihre Zurückhaltung? Was müsste sich Ihrer Ansicht nach ändern, damit Sie wieder engagiert mitdiskutieren?“

Psychologisch sicheres Arbeitsumfeld

Um ehrliche Antworten zu erhalten, ist ein auf Augenhöhe geführter Dialog zwischen Vorgesetzten und Angestellten sowie ein sicheres Arbeitsumfeld notwendig. Mitarbeiter, die wissen, dass sie Kritik äußern können, ohne dass ihnen dies negativ angelastet wird, sagen eher die Wahrheit. Diese psychologische Sicherheit ist für die Zukunftsfähigkeit von Apotheken wichtig, um rechtzeitig Verbesserungspotenziale zu erkennen und sich als Unternehmen weiterzuentwickeln.

Merke: Neue Mitarbeiter steigen meist hoch motiviert in ein neues Unternehmen ein. Werden ihre Erwartungen an den Arbeitsplatz nicht erfüllt, ziehen sie sich im Laufe der Zeit immer weiter zurück.

Anonyme Mitarbeiterbefragung

Sollte es bereits im gesamten Team rumoren, kann eine anonyme Mitarbeiterbefragung Aufschluss über die Gründe der Unzufriedenheit (s. o.) geben. Wichtig ist, die Ergebnisse aufzuarbeiten und tatsächliche Verbesserungen umzusetzen!

Vorbeugen ist besser als heilen

Untersuchungen belegen: Eine hohe Arbeitszufriedenheit beugt innerer Kündigung vor. Aus diesem Grund setzen gute Führungskräfte auf Prävention. Sie behandeln ihre Mitarbeiter respektvoll und wertschätzend, denn sie haben erkannt, dass die kreativen Ideen der Angestellten ihren Unternehmen oftmals dabei helfen, Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.

Folgendes Führungsverhalten beugt innerer Kündigung vor

Versprechen einhalten

Gerade in Zeiten eines hohen Fachkräftemangels wird bei der Personalsuche gerne mit hochtrabenden Versprechen geworben, z. B. mit „einem tollen Team“ oder „einem innovativen Arbeitsumfeld“.

Stellt sich mit der Zeit jedoch heraus, dass es sich eher um das Schönreden eines langweiligen Arbeitsplatzes oder um ein schwieriges Betriebsklima handelt, sind Demotivation und Frustration vorprogrammiert. Um dies zu vermeiden, sollten Sie als Apothekeninhaber oder Filialleiter genau überlegen, mit welchen Versprechen Sie in Stellenanzeigen, Bewerbungs- oder Mitarbeitergesprächen werben.

Offene, ehrliche Kommunikation

Sie ist für Apotheken unerlässlich, denn sie schafft Vertrauen im gesamten Team, erhöht die Arbeitszufriedenheit, verhindert Konflikte, fördert die Ideenfindung und Kreativität.

Echtes Interesse an den Mitarbeitern

Wer sich für die Einstellungen, Bedürfnisse sowie die Sorgen und Nöte der Mitarbeiter interessiert, versteht deren Verhalten besser, kann Konflikten vorbeugen und dadurch das Vertrauen seiner Mitarbeiter gewinnen.

Viel zu selten wissen Führungskräfte beispielsweise, warum eine Mitarbeiterin in bestimmten Situationen so und nicht anders reagiert, was sie bewegt und antreibt, welche Interessen und Hobbys sie hat, welche Talente sie besitzt, welche Erfolge sie bereits geschafft hat oder welche beruflichen und privaten Ziele sie verfolgt. Fehlendes Interesse und mangelnde Aufmerksamkeit den Angestellten gegenüber sind häufige Gründe für innere Kündigung.

Merke: Gerade im serviceorientierten Dienstleistungsunternehmen Apotheke ist echtes Interesse an den Mitarbeitern ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, denn eine hohe Arbeitszufriedenheit überträgt sich auch auf die Kundenzufriedenheit.

Karriereperspektiven anbieten

Wer die Chance bekommt, sich im Betrieb weiterzuentwickeln, zeigt ein höheres Engagement. Auch kleinere Führungspositionen (z. B. Laborleitung, Chef-PKA) oder die offizielle Anerkennung als Fachexpertin (z. B. für Darmberatung, Haut- und Kosmetikberatung, Mutter-Kind-Beratung) – gern kombiniert mit einem finanziellen Anreiz – steigern Motivation und Arbeitszufriedenheit.

Mitspracherecht einräumen

Mitarbeiter wollen ihr Arbeitsumfeld aktiv mitgestalten. Wird dieses Streben nach Mitbestimmung ignoriert, fehlen eigene Gestaltungsspielräume. Solche Angestellte fühlen sich zu reinen Befehlsempfängern degradiert.

Regelmäßiges Feedback

Feedback ist die Rückmeldung, wie wir andere wahrnehmen bzw. wie wir selbst von anderen wahrgenommen werden. Durch Feedback lernen wir die Wirkung unseres eigenen Handelns besser kennen. Insbesondere positives Feedback beflügelt. Haben Mitarbeiter das Gefühl, ihr Engagement für die Apotheke oder das Team ist sinnhaft und wertvoll, sind sie motivierter. Somit hilft der regelmäßige Austausch auf Augenhöhe, das Risiko einer inneren Kündigung zu minimieren.

Achtung: Feedback darf andere niemals bewerten, angreifen oder verletzen, ansonsten wirkt es destruktiv!

Auch fehlendes Feedback getreu dem Motto „Nicht geschimpft ist genug gelobt“ kann zu innerer Kündigung führen, denn wird die Leistung einer Mitarbeiterin nicht gesehen, wird sich diese in Zukunft zurückhalten – schließlich gibt es aus ihrer Sicht keinen Anreiz für ein besonderes Engagement.

Die richtigen Fragen stellen

Wir sehen bei anderen Personen immer nur einen kleinen Teil ihrer Persönlichkeit. Der größte Teil – die individuellen Erfahrungen, Wertevorstellungen, Ängste, Wünsche etc. – bleiben unter der Oberfläche verborgen. Warum Mitarbeiter ein bestimmtes Verhalten zeigen, erfahren Führungskräfte daher nur, wenn sie die richtigen Fragen stellen:

  • Was ist Ihnen bei Ihrer täglichen Arbeit besonders wichtig?
  • Was brauchen Sie, um in unserer Apotheke gut arbeiten zu können?
  • Welche Gründe gibt es für dieses Verhalten?
  • Wie sehen Sie dieses Thema aus Ihrer Perspektive?
  • Was motiviert/frustriert Sie bei Ihrer täglichen Arbeit besonders?
  • Welche Ihrer Talente/Stärken setzen Sie in Ihrer Freizeit erfolgreich ein?
  • Welche dieser Stärken würden Sie gerne in unserer Apotheke nutzbringend einsetzen?
  • Was wünschen Sie sich von mir als Führungskraft?
  • Gibt es bestimmte Aufgaben, die Sie in Zukunft gerne/nicht übernehmen möchten?
  • In welchen Bereichen möchten Sie sich verbessern/weiterentwickeln?
  • Was würden Sie an Ihrem derzeitigen Arbeitsplatz verbessern?

 

Katja Löffler, Wirtschaftspsychologin (M. Sc.), Dipl. Kffr. (FH) und PTA, 85630 Grasbrunn

 

Falls Sie Teil 1 dieser Serie verpasst haben...

Den Beitrag mit dem Titel: Innere Kündigung beim Apothekenpersonal: Warum Mitarbeiter Dienst nach Vorschrift machen finden Sie in AWA 1/2024.

Nehmen Sie die innere Kündigung wahr und ernst - es lohnt sich!
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2024; 49(03):14-14