Spekulationsgewinne mit Grundstücken

Aktuelle Entwicklungen


Helmut Lehr

Innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist sind Gewinne aus einer privaten Grundstücks- veräußerung im Allgemeinen steuerpflichtig. Selbstgenutzte Objekte bleiben allerdings außen vor. Der Bundesfinanzhof hat nun gleich drei praxisrelevante Fälle entschieden.

Die sogenannte Spekulationssteuer für private Veräußerungsgewinne können Sie vermeiden, wenn Sie das Grundstück in der Zeit zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Verkauf ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken nutzen – oder zumindest im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren (vgl. AWA 24/2019, S. 18). Zu dieser Problematik musste der Bundesfinanzhof (BFH) jüngst gleich mehrere Entscheidungen treffen.

Fall 1: Garten geteilt und verkauft

Die Kläger hatten einen alten Bauernhof mit einem 4.000 qm großen Grundstück erworben und zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Der nicht bebaute Teil diente als Garten. Als sie erkannten, dass eine weitere Bebauung möglich war, teilten sie das Grundstück und veräußerten das neu entstandene Flurstück (1.000 qm) gewinnbringend – rund sechs Jahre nach der Anschaffung.

Das Finanzamt versteuerte den Gewinn, während sich die Eheleute auf die vorhergehende (und durchgängige) Selbstnutzung des Gartens beriefen. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg (vgl. AWA 7/2023, S. 18).

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) hat das Finanzamt den Gewinn zu Recht besteuert (Urteil vom 26.09.2023, AZ: IX R 14/22). Die Ausnahme von der Besteuerung aufgrund der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gilt nur dann und insoweit, wie das veräußerte Grundstück in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem selbstgenutzten Gebäude steht. Dieser Zusammenhang (Garten zum Haus) wurde durch die Teilung gelöst, weil insoweit ein neues Wirtschaftsgut (unbebautes Grundstück) entstanden ist, das mangels Gebäude nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden kann.

Hinweis: Die Steuerbefreiung für eigengenutzte Objekte ist insbesondere dafür gedacht, einen plötzlich notwendig gewordenen Wohnungswechsel (z. B. anlässlich eines neuen Jobs) nicht unnötig zu erschweren.

Fall 2: Verkauf nach Trennung

Der Kläger und seine Frau waren je hälftig Miteigentümer ihres Familienheims. Die Ehe wurde im Jahr 2014 geschieden, in Folge der Trennung war der Kläger aus der Wohnung ausgezogen. 2016 zog auch der ältere der beiden Söhne in eine eigene Wohnung. Im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung übertrug die frühere Ehefrau ihren 50 %igen Miteigentumsanteil auf den Kläger, sie konnte das Objekt allerdings weiterhin nutzen (zumindest bis Ende 2018), wodurch der Kläger quasi seinen Unterhalt leistete. Er stellte seine frühere Frau von allen gemeinsamen Verbindlichkeiten (inklusive Grundschulden) frei und leistete zusätzlich einen Ausgleichsbetrag.

Als er die Immobilie mit Vertrag aus 2018 veräußerte, setzte das Finanzamt Spekulationssteuer fest – und zwar für den hälftigen Miteigentumsanteil, den er zuvor von seiner Ex-Frau erhalten hatte. Die Klage vor dem Finanzgericht war erfolglos.

Auch in diesem Fall hat der BFH die Auffassung des Finanzamts bestätigt (Urteil vom 14.11.2023, AZ: IX R 10/22). Die Nutzung der Immobilie durch seine frühere Ehefrau kann nicht als Selbstnutzung durch den Kläger gewertet werden, der ja bereits bei der Trennung ausgezogen war.

Hinweis: Nach ständiger Rechtsprechung, die auch von der Finanzverwaltung akzeptiert wird, gilt die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung an ein einkommensteuerlich zu berücksichtigendes Kind als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Darauf hatte auch der Kläger hingewiesen, da sein jüngster Sohn weiterhin mit der Mutter in dem Objekt gewohnt hatte. Aufgrund der Nutzung durch die Mutter blieb die Klage aber letztlich erfolglos.

Fall 3: Nutzung durch die Schwiegermutter

Ein Ehepaar überließ seiner (Schwieger-)Mutter eine Wohnung. Nach deren Tod veräußerten sie das Objekt noch innerhalb der Spekulationsfrist und machten beim Finanzamt die Steuerbefreiung wegen Selbstnutzung geltend. Dieser Auffassung konnten sich allerdings weder das Finanzamt noch das Finanzgericht anschließen.

Genauso wenig konnte sich der BFH mit dieser „weiten Auslegung“ des Merkmals der Selbstnutzung anfreunden – die Klage hatte somit endgültig keinen Erfolg (Urteil vom 26.09.2023, AZ: IX R 13/23). Die gesetzlich vorgesehene Steuerbefreiung bei Selbstnutzung einer Immobilie greift nur dann, wenn das Objekt vom Steuerpflichtigen selbst oder einem unterhaltsberechtigten volljährigen Kind bewohnt wird. Laut BFH liegt dagegen ausdrücklich keine Selbstnutzung in diesem Sinn vor, wenn eine Wohnung an die (Schwieger-)Mutter überlassen wird.

Hinweise für die Praxis

Da Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Grundstücken oft recht hoch ausfallen, sollten Sie sich stets die Frage stellen, ob Sie mit einem höchstrichterlich noch ungeklärten Sachverhalt „ins Risiko gehen“ bzw. ein Klageverfahren anstreben oder aber – zumindest wenn irgendwie möglich – die sichere Alternative wählen. Ist eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht darstellbar, bleibt faktisch nur noch, den Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist abzuwarten. In der Praxis wird dies freilich nicht immer möglich sein.

In diesem Zusammenhang noch ein Hinweis auf eine Gestaltungsmöglichkeit, die der BFH bereits bestätigt hat (vgl. hierzu ausführlich AWA 1/2022, S. 16 f.): In gewissen Konstellationen könnte es sich anbieten, das Objekt kurz vor der Veräußerung unentgeltlich auf die Kinder zu übertragen. Sofern diese dann die Veräußerung an den (eigentlichen) Käufer vornehmen, könnte sich eine niedrigere Steuerbelastung ergeben, sofern die Kinder noch keine nennenswerten anderen Einkünfte haben und daher in der Steuerprogression niedriger liegen.

 

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2024; 49(04):16-16