Einnahmen aus einem Stipendium

Finanzverwaltung auf dem Holzweg


Helmut Lehr

Stipendien sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Die Finanzverwaltung hat einzelne Studienförderungen bereits genauer unter die Lupe genommen. Der Bundesfinanzhof hat dieser Ansicht nun zumindest im Fall eines Heisenberg-Stipendiums widersprochen.

 

Wer ein Stipendium erhält, darf sich nicht nur glücklich schätzen, er muss sich auch Gedanken über die Besteuerung dieser Einnahmen machen. Die im Einkommensteuergesetz (EStG) eigens dafür vorgesehene Steuerbefreiung (vgl. § 3 Nr. 44 EStG) greift nämlich nur, wenn besondere Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere darf das Stipendium grundsätzlich nur so hoch sein, dass es zur Erfüllung der Forschungsaufgabe reicht oder den Lebensunterhalt und den Ausbildungsbedarf deckt. Außerdem darf der Stipendiat in diesem Zusammenhang nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen Gegenleistung oder Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet sein.

Hinweis: Die Voraussetzungen werden vom Finanzamt des Stipendiengebers geprüft und, sofern sie erfüllt sind, dem Stipendiaten bzw. dem für ihn zuständigen Finanzamt „bestätigt“.

Fall aus der Praxis

Frau Ziegler hatte eine Professur an einer technischen Universität inne. Sie erhielt aufgrund eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligten Heisenberg-Stipendiums über einen Zeitraum von drei Jahren monatliche Stipendienzahlungen. Diese setzten sich aus einem Grundbetrag sowie einem Sachkostenzuschuss zusammen. In dem Grundbetrag war ein pauschaler Betrag zum Ausgleich für eine etwaige Versteuerung des Stipendiums enthalten.

Laut Bewilligungsbescheid der DFG diente das Stipendium der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Es sollte Wissenschaftlern, die alle Voraussetzungen für die Berufung auf eine Dauer-Professur erfüllen, ermöglichen, sich auf eine wissenschaftliche Leitungsposition vorzubereiten und in dieser Zeit weiterführende Forschungsthemen zu bearbeiten.

Mit der Annahme des Stipendiums war Frau Ziegler verpflichtet, ihre Arbeitskraft auf ihre Forschungsarbeit zu konzentrieren und der DFG nach Abschluss der Förderung über ihre Ergebnisse zu berichten. Es wurde erwartet, dass sie sich mindestens in dem Umfang an Lehrveranstaltungen einer wissenschaftlichen Hochschule beteiligt, der erforderlich ist, um ihre Lehrbefugnis aufrechtzuerhalten.

Hinweis: Das Finanzamt unterwarf die Einnahmen aus dem Stipendium der Besteuerung und verwies dabei auf die veröffentlichte Verwaltungsauffassung u. a. der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main (vgl. AWA 20/2018, S. 18).

Klage erfolgreich

Nachdem zunächst das Finanzgericht Sachsen in einem vergleichbaren Fall der Klage stattgegeben hatte, ist nun auch der Bundesfinanzhof (BFH) der Meinung, dass Leistungen aus einem Heisenberg-Stipendium steuerfrei sein können (vgl. Beschluss vom 24.10.2023, Az.: VIII R 11/22). Demnach war die Klägerin insbesondere nicht zu einer „bestimmten wissenschaftlichen Gegenleistung“ verpflichtet. Unter „Gegenleistung“ sei nämlich gerade nicht zu verstehen, dass sich der Stipendiat zur Forschungsarbeit verpflichtet hat. Ebenso wenig sei die Pflicht, die Forschungsergebnisse im Rahmen eines Abschlussberichts zu präsentieren, als schädliche Gegenleistung anzusehen. Solche Leistungen dienten lediglich dazu, den geförderten Zweck zu verwirklichen.

Auch der Höhe nach sei das Stipendium nicht zu beanstanden. Die erforderliche Höhe der Zahlungen richte sich nach der allgemeinen Verkehrsauffassung. Bei dieser Beurteilung könne das vor Inanspruchnahme des Stipendiums vereinnahmte und im Bewilligungszeitraum des Stipendiums zeitweilig ausfallende Entgelt eine wichtige Rolle spielen.

Soll heißen: Je höher die berufsbedingten Einnahmen vor dem Stipendium waren (z. B. Professorenstelle), desto höher können die Zahlungen aus dem Stipendium sein, ohne dass diese zur Steuerpflicht führen.

 

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2024; 49(08):18-18