Wachstumschancengesetz verabschiedet

Steuerreform 2024: Was davon übrigblieb


Helmut Lehr

Das Wachstumschancengesetz wurde nach langem Hin und Her nun endlich verabschiedet und Ende März im Bundesgesetzblatt verkündet. Einige der zunächst angekündigten Steuererleichterungen wurden jedoch leider nicht umgesetzt. Unterm Strich stehen aber Entlastungen.

 

Auch wenn das „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ (kurz: Wachstumschancengesetz) letztlich nicht der ganz große Wurf geworden ist, enthält es doch einige (neue) Steuervergünstigungen. Über die ursprünglich geplanten, wesentlichen Änderungen hatten wir bereits berichtet (vgl. AWA 2/2024, S. 6 ff.) – nachfolgend nun eine Auswahl derjenigen Steuererleichterungen, die tatsächlich verabschiedet wurden. Über weitere Details werden wir auch in kommenden Ausgaben berichten.

Degressive Abschreibung

Bewegliche Wirtschaftsgüter, die ein Betrieb nach dem 31.03.2024 und vor dem 01.01.2025 anschafft oder herstellt, können jetzt wieder degressiv abgeschrieben werden. Anders als geplant, beträgt die degressive Abschreibung nun (lediglich) das Zweifache der linearen Abschreibung, maximal 20 % vom jeweiligen (Rest-)Buchwert.

Hinweis: Für bewegliche Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.04.2024 angeschafft oder hergestellt wurden, gibt es keine degressive Abschreibung.

Abschreibung für Wohngebäude

Der Gesetzgeber hat nun auch für Wohngebäude eine degressive Abschreibung zumindest temporär eingeführt. Alternativ zu der linearen Abschreibung können Wohngebäude, mit deren Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen wurde, jährlich in Höhe von 5 % vom jeweiligen Restwert abgeschrieben werden – ursprünglich war eine 6 %ige degressive Abschreibung geplant.

Die degressive Abschreibung gilt auch für Gebäude, deren Anschaffung aufgrund eines im obigen Zeitraum rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags erfolgt, sofern das jeweilige Gebäude bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wird.

Hinweis: Die degressive Abschreibung wird im Jahr der Anschaffung nur zeitanteilig gewährt.

Sonderabschreibung für Betriebe

Für kleine und mittlere Betriebe (Gewinngrenze: 200.000 €) sollte die Sonderabschreibung für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens von 20 % auf 50 % angehoben werden. Tatsächlich wurde sie jetzt auf nur 40 % erhöht – sie gilt für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt werden.

Hinweis: Wurden Wirtschaftsgüter vor dem 01.01.2024 angeschafft oder hergestellt, bleibt es bei der Sonderabschreibung von 20 %, auch wenn der „fünfjährige Begünstigungszeitraum“ noch nicht beendet ist.

E-Fahrzeuge

Für reine Elektrofahrzeuge (inklusive Brennstoffzellenfahrzeuge) gilt bereits seit einiger Zeit bei Anwendung der sogenannten 1 %-Regelung eine Ermäßigung des zu versteuernden geldwerten Vorteils auf ein Viertel. Die Ermäßigung galt allerdings nur für Fahrzeuge mit einem Listenpreis von nicht mehr als 60.000 €. Diese Grenze wurde nun für Fahrzeuge, die nach dem 31.12.2023 (und vor dem 01.01.2031) angeschafft werden, auf 70.000 € erhöht.

Hinweis: Auch bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode gilt nun die neue Höchstgrenze für die Ermäßigung des geldwerten Vorteils.

Weitere Änderungen in aller Kürze

Geschenke für Geschäftsfreunde: Die Grenze für die Bestimmung der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben wurde wie geplant von bislang 35 €/Empfänger/Jahr auf 50 € angehoben.

Buchführungspflicht: Die Buchführungspflicht nach den Steuergesetzen greift nun erst ab einem Gesamtumsatz von 800.000 € (alternative Gewinngrenze: 80.000 €).

Elektronische Rechnungen: Dem Grunde nach gilt für bzw. zwischen Unternehmern ab 2025 die Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung. Die bestehenden Übergangsfristen sollten zeitnah mit dem steuerlichen Berater erörtert werden.

Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau: Um den gestiegenen Baukosten angemessen Rechnung zu tragen, erhöhen sich die Baukostenobergrenze auf 5.200 €/qm und die maximale Bemessungsgrundlage auf 4.000 €/qm.

Private Veräußerungsgeschäfte: Die jährliche Freigrenze wurde von 600 € auf 1.000 € erhöht.

Rentenbesteuerung: Der jährliche Anstieg des Besteuerungsanteils wurde wie vorgesehen von 1 % auf 0,5 % gemindert. Die volle Besteuerung der Altersrenten kommt danach erst bei Renteneintritt im Jahr 2058.

Und das wurde (leider) nicht beschlossen …

Quasi zur Gegenfinanzierung hat man sich dazu entschieden, auf die Anhebung der Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter zu verzichten; diese bleibt bei 800 €. Ebenso wurden die steuerlichen Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand sowie die Grenze für die Steuerfreiheit betrieblicher Veranstaltungen nicht angehoben.

Die geplante Freigrenze von 1.000 € für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung wurde genauso wenig umgesetzt wie die erweiterte Förderung für energetische Sanierungen nach § 35c Einkommensteuergesetz.

Zu guter Letzt noch eine erfreuliche Nachricht: Der Gesetzgeber verzichtet auf die geplante Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen.

Diese hätte sich als weiteres Bürokratiemonster entpuppt und wäre einer Wachstumsförderung kaum zuträglich gewesen.

 

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2024; 49(08):16-16