Endgültiges oder vorläufiges Aus für die Rx-Skonti?

Bestandsaufnahme – der erste Schritt zu Lösungen


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Das Skontourteil des Bundesgerichtshofs ist schon wieder einige Wochen alt, doch nun wird es ernst. Die Großhandlungen ziehen flächendeckend die Zügel an. Höchste Zeit, sich ein Bild über die eigene Sachlage zu machen und eine individuelle Strategie zu entwickeln. 

Bis die in Aussicht gestellte Korrektur des Rx-Skonti-Verbots greift, gilt es zu retten, was zu retten ist. (© AdobeStock/Erika8213)

Reagieren Sie nicht überhastet, sondern lassen Sie erst einmal die nun eintrudelnden Angebote auf sich wirken und machen Sie sich über ihre Lage schlau. Zuerst gilt es, die Umsätze auf die Einkaufswerte (mindestens unterteilt in Rx Hochpreiser, Rx normal, Non-Rx) herunterzubrechen.

Weiterhin ist die Unterscheidung in Direkteinkauf und Großhandelsbezug vorzunehmen, wobei wir uns auf Rx fokussieren. Das kann dann beispielhaft so aussehen wie in Abbildung 1 für eine Apotheke mit 4 Mio. € Netto-Warenumsatz (ohne Dienstleistungen, Rezepturen) und 120.000 Packungen (48.000 Rx). Die Apotheke hat aus Rx-Direkteinkäufen knapp 4.400 € bei Hochpreisern (25 % Anteil am Hochpreisereinkauf) und 6.800 € aus Normal-Rx (dort 15 % Anteil) an Skonti erhalten. Diese stehen zur Disposition. Beim Großhandel gab es gut 24.000 € an Skonti auf Normal-Rx nach diversen Ausschlüssen in Höhe von angenommen 25 % des Normal-Rx-Umsatzes. Auch die stehen im Feuer. Zusammen machen die Skonti hier 35.400 aus, davon 24.000 € seitens des Großhandels.

Abb. 1: Aufgliederung der Umsatz- und Einkaufsvolumina samt Rabattierung

Hinzu kommen die Rabatte, bis zur gesetzlichen Marge weiter möglich: Immerhin gut 8.000 € für die Hochpreiser aus dem Großhandels-Festrabatt von 32 € pro Packung, sowie 33.000 € aus dem Normal-Rx-Rabatt des Großhandels (Annahme 3,00 %). Der Spannenausgleich schlägt hier (Sollspanne 6,48 %) mit 1,27 %-Punkten oder 19.800 € zu Buche, was 0,49 % am Gesamtumsatz ausmacht und insoweit die gesamte Betriebsmarge mindert. Aus Direkteinkäufen von Normal-Rx (15 % Anteil) vereinnahmt die Apotheke weitere 7.000 € Rabatt zusätzlich zu o. a. Skonti. Alles in allem nominal (ungefährdete) 48.000 , allerdings eben geschmälert um rund 19.800 € Spannenausgleich.

Einen solchen Zahlenaufriss sollten Sie stets machen, mindestens für Ihren Haupt-Großhandel und Ihre Direktbezüge. Das zeigt dann eben auch, wo gegengesteuert werden kann, mit welchen Auswirkungen.

Spannenausgleich modifizieren

Der Rx-Handelsspannenausgleich (bezogen auf „Normal-Rx“ ohne Hochpreiser) ist eine Konstruktion des Großhandels, um sich eine gewisse prozentuale Marge zu sichern. Inwieweit überhaupt der Ansatz einer prozentualen Zielmarge sinnvoll ist oder ob nicht vielmehr absolute Stückerträge – welche auch beim Großhandel stets steigen – der zielführendere Ansatz wären, sei nur am Rande bemerkt.

Jedenfalls bewegte sich die Wunschvorstellung um 6,35 % vor der Fixumserhöhung von 0,70 € auf 0,73 €, und dann bei rechnerisch etwa 6,48 %. Nur bei sehr niedrigen Packungswerten unterhalb von gut 20,50 € zum Listen-Einkaufspreis (AEP) entsteht kein Malus. Mit durchschnittlich etwa 24 € AEP müssen 0,5 %-Punkte berappt werden, bei rund 29 € AEP beträgt der Malus immerhin einen ganzen Prozentpunkt, bei (sehr selten so hohen) 49 € wären es dann zwei Prozentpunkte.

Die „Wunschspanne“ ist nicht in Stein gemeißelt. Was spricht dagegen, diese individuell abzusenken? Profitieren tun freilich vor allem diejenigen, welche höherpreisig im entsprechenden Ärzteumfeld unterwegs sind. Center-Apotheken haben hier nur einen kleineren Hebel. Eine weitere, kleinere Stellschraube ist die Berechnungsgrundlage: Welche Packungen zählen in den Ausgleich (nicht) hinein, z. B. Kontingentartikel?

In OTC-Rabatte umschichten

Es ist kein Geheimnis, dass der Großhandel im OTC-Segment noch ganz ordentliche Margen erzielen kann, weil hier gerade die großen Generikaanbieter erhebliche Nachlässe gewähren. Das heißt, dass Ihre Abwägung Non-Rx-Direkteinkauf versus Großhandelsbezug unter den aktuellen Kautelen nochmals relevanter wird, was Sie wohin umschichten.

Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass der Non-Rx-Einkauf regelhaft nur zwischen gut 10 % bis 20 % des gesamten Einkaufsvolumens ausmacht. Lediglich ausgesprochene Center- oder Lauflagen-Apotheken kommen hier auf signifikant höhere Werte – und für diese Betriebe wird das ein noch wichtigerer Hebel. Bei den typischen Apotheken aber gilt: Mit einem Prozentpunkt besseren Non-Rx-Rabatten (wohlgemerkt über das gesamte Non-Rx-Segment, welches sich nochmal aufteilt, Stichwort z. B. Hilfsmittel) kompensieren Sie 0,1 % bis 0,2 % Rabatt-/Skontiverlust im Rx-Bereich, also nicht allzu viel.

An der Gebührenschraube drehen

Touren-/Energiepreispauschale, Btm-Beleggebühr, die Monatsgebühren für Kooperationen, Sondereinkaufsgemeinschaften u. a. m. sollten Sie ebenfalls im Auge behalten. Dabei machen viele dieser Positionen für sich betrachtet nur niedrig vierstellige Beträge pro Jahr aus – sie sind aber für den Großhandel eine berechenbare Basis. Am meisten herauszuholen ist bei den teils hunderte Euro monatlich betragenden Kosten für diverse Gemeinschaften bzw. Einkaufsprogramme. Hier lohnt es sich, nachzuhaken – und ob die besseren Angebote überhaupt diese Gebühren bislang gerechtfertigt haben. Unter dem Strich reden wir hier aber eher von den „Peanuts“.

Leistung gegen Geld

Geld für Datenlieferungen, neue Werbekosten-/Platzierungszuschüsse, aber auch höhere Dividenden bei den genossenschaftlichen Großhandlungen sind weitere (im Gesamtkontext allerdings ebenfalls eher kleinere) Rädchen, die gedreht werden können. Doch wie heißt die Devise? „Kleinvieh macht eben auch Mist …“ In diesem Zusammenhang lohnt zudem ein neuer Blick auf Ihre Zahlungsfristen und die Modalitäten der Vorfinanzierung.

OTC-Preise anpassen

Sie können selbst ebenfalls was tun – an Ihrer OTC-Preispolitik, verbunden mit einem kritischen Blick auf die Effektivität Ihrer Werbeausgaben. 1 % höhere Preise über das gesamte Non-Rx-Segment bedeuten in unserem Apotheken-Beispiel mit 800.000 € (20 %) Non-Rx-Umsatz immerhin 8.000 € Zusatzertrag. Selbst wenn wir 25 % abziehen für Hilfsmittel oder sonst schwer preislich anpassbare Artikel, bleiben 6.000 € je Prozent Preisaufschlag.

Rechnerisch würden etwa 6 % Preiserhöhung die Skonti in Höhe von 35.000 € kompensieren können. Bei rezeptlastigen Apotheken wäre der Zuschlag höher, bei barverkaufsorientierten niedriger. Es ist einer der wirksamsten Hebel, den Sie selbst in der Hand haben!

Fazit

Die einfachste Lösung wäre, wenn die Politik Skonti wieder explizit erlauben würde; dazu wäre nur eine kleine Ergänzung der Arzneimittel-Preisverordnung (§ 2 Abs. 1 Satz 1) nötig: „Die Zulässigkeit der Gewährung handelsüblicher Skonti auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers bleibt unberührt.“

Es gibt Signale, dass dies von der Politik aufgegriffen werden könnte, denn unmittelbare kostensteigernde Auswirkungen für die Versicherten hätte das ja nicht. Ungeachtet dessen rollt die Welle der Konditionsanpassungen über die Apothekenlandschaft hinweg. Sie sollten in jedem Falle zahlenmäßig orientiert sein – sei es, um die Einbußen bestmöglich zu kompensieren, oder sei es, um auch beim möglichen Zurückdrehen des Rades nicht über den Tisch gezogen zu werden.

 

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2024; 49(12):4-4