Chancengleichheit als Einbahnstraße?


Dr. Hubert Ortner

Liebe Leserinnen und Leser,

der Kampf ums E-Rezept ist voll entbrannt und wird gerade auf mehreren Ebenen erbittert geführt. Technologisch geht es um die Poleposition auf dem Patienten-Smartphone mittels Cardlink, und juristisch kommt es in knapp zwei Wochen zum Showdown in Luxemburg: Am 27. Juni wird die fünfte Kammer des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) mündlich insbesondere darüber verhandeln, welchen Rang der Schutz der Gesundheit im Vergleich zum unmittelbaren und freien Zugang zum Markt hat. Bekanntlich sind DocMorris, Shop-Apotheke & Co in den letzten Monaten mit allerlei fragwürdigen Boni und Preisnachlässen munter auf Rx-Kundenfang gegangen. Die Urteile der Instanzgerichte nahm man billigend in Kauf, wohlwissend, dass vom BGH solange kein Ungemach droht, bis der EuGH sein Grundsatzurteil gesprochen hat.

Insofern steht Ende Juni sehr viel auf dem Spiel. Letztlich geht es um nicht weniger als um die Wiederherstellung gleicher Wettbewerbschancen zwischen den deutschen Vor-Ort-Apotheken und den ausländischen Arzneimittel-Logistikern sowie um den Schutz der Verbraucher vor gefährlichen Fehlanreizen. Eine Bestätigung des deutschen Heilmittelwerbegesetzes (HWG) und der Rx-Preisbindung käme de facto einer „Rückabwicklung“ des verheerenden EuGH-Urteils vom Oktober 2016 gleich, das ohnehin recht einsam im europäischen Rechtsraum herumsteht. Auf jeden Fall dürfte die 2016 von den Luxemburger Richtern attestierte besondere „Schutzwürdigkeit“ der Versender bei ihren selbstlosen Bemühungen, im deutschen Markt stärker Fuß zu fassen, angesichts von OTC-Marktanteilen um die 25 % mittlerweile obsolet sein. Auch dürfte den Richtern nicht entgangen sein, dass man sich im BMG zuletzt nach Leibeskräften bemüht hat, den Niederländern beim Cardlink-Verfahren eine goldene Brücke zu bauen. Allerdings sollte Chancengleichheit keine Einbahnstraße werden – sie steht gleichermaßen auch den Apotheken hierzulande zu!

Es grüßt Sie herzlichst

Ihr

Dr. Hubert Ortner

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