Personalkosten unter der Lupe

Preis und Gegenwert


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Nach dem Wareneinsatz stellen die Personalkosten den größten Kostenblock. Wenn mittlerweile die Hälfte des Rohertrages dafür aufgewandt wird, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Was bekommen Sie für das Geld, und welche Kennzahlen beschreiben die Situation am besten?

Personalkosten unter der Lupe: Preis und Gegenwart (Quelle: AdobeStock_Andrey Popov)

Immerhin um die 30.000 € stehen monatlich in der betriebswirtschaftlichen Abrechnung einer durchschnittlichen Apotheke. Die Lohnkosten sind heute oft reichlich doppelt so hoch wie das Einkommen der Inhaber! In Umsatzprozenten liegen wir um oder etwas über 10 % (Hauptapotheken), und nochmals gut 1 bis 2 Prozentpunkte höher in einer typischen Filiale.

Bezogen auf den Rohertrag kommen wir inzwischen nahe an 50 %. Bei rund 50.000 bis 55.000 Kunden jährlich bedeutet das einen Personalaufwand von 6,50 € bis 7,00 € pro Kunde (Filialen jeweils wieder etwas höher). Vor nicht allzu langer Zeit galten 5,00 € je Kunde als verschwenderisch (solche Werte oder bisweilen etwas darunter erreichen heute noch „Massenbetriebe“ in Centern oder Lauflagen). Diese Kostensicht ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite steht der Gegenwert – was erhalte ich für dieses Geld? Damit sind wir in der Personalstruktur-Analyse angekommen. Diese stellt vielfach einen „weißen Fleck“ in der Unternehmensführung dar. Ein gerne vorgebrachtes Argument: „Ich muss doch nehmen, was ich bekomme, und habe gar nicht die freie Wahl zwischen PTA und Approbierten.“ Nichtsdestotrotz bedarf es einer Bestandsaufnahme.

Abb. 1: Personalkostenberechnung

Stundensumme

Grundlage für die weiteren Betrachtungen ist die unter Vertrag stehende, bezahlte Arbeitszeit, und davon ausgehend die tatsächlich erbrachte (also abzüglich Urlaub, Krankheit, sonstige Fehlzeiten, Feiertage …). Fragt man bei Inhabern nach, wie viele Stunden sie unter Vertrag haben oder welche Stundenzahl tatsächlich erbracht wird, erntet man oft ungläubiges Staunen. Ein Fehler!

Eine 40-Stunden-Vollzeitstelle (= 173 Stunden im Monat) läuft bei 52,14 Wochen im Jahr (365 Tage durch 7 Wochentage) auf rund 2.086 bezahlte Stunden hinaus. Zieht man Urlaub (5,5 bis 6 Wochen), Krankheit (1 bis 2 Wochen) sowie Feiertage unter der Woche (um 8 bis 10 Tage) ab, bleiben rechnerisch um 1.750 effektiv geleistete Arbeitsstunden p. a., selten etwas darüber, teilweise spürbar darunter (Krankheit!). Man kann für strategische Planungen erst einmal mit solchen Durchschnittswerten für den ganzen Betrieb rechnen.

Für das Fein-Controlling und die Personaleinsatzplanung kommt eine präzise Arbeitszeiterfassung auf der Ebene der einzelnen Personen in Betracht. Geringfügige Arbeitsverhältnisse werden gleichfalls nach den Wochenstundenzahlen (abzüglich Fehlzeiten) berechnet. Die erste Aufgabe lautet somit: Ermitteln Sie Ihr Stundenkontingent! Eine durchschnittliche Apotheke kann über etwa 10.000 bis 12.000 tatsächliche Arbeitsstunden verfügen (alle Mitarbeitenden, ohne Inhaber).

Personalstruktur

Im nächsten Schritt schauen wir auf die Personalstruktur. Wie viele Arbeitsstunden (bezahlt versus effektiv) entfallen auf Approbierte, PTA und Pharmazieingenieure (= im Handverkauf einsetzbar), dergleichen auf PKA und Backoffice, sowie dann noch auf Boten, Raumpflege, kaufmännische Hilfskräfte u. a. m.?

Obwohl unsere Beispiel-Betriebe (Tabelle 1) ein gar nicht mal so unterschiedliches Lohnniveau haben, unterscheiden sich die Stundensummen und am Ende die Gesamtkosten je Arbeitsstunde beträchtlich. Um letztere zu berechnen, brauchen Sie die Gesamtstundenzahl, siehe oben. Apotheke C bekommt für das gleiche Geld rund eine Arbeitsstelle (16 %) mehr, hat aber nur 45 Approbierten-Stunden pro Woche im Lohnjournal, während Apotheke A hier 100 Stunden stehen hat. Dafür hat C 145 PTA-Stunden gegenüber nur 70 bei A, und auch bei den PKA gibt es Differenzen.

Im Alltag macht das eine Menge aus. Monetär ausgedrückt müsste Apotheke A rund 65.000 € mehr aufwenden, um auf das Stundenvolumen von C zu kommen.

Selbst wenn der Arbeitsmarkt Grenzen setzt und Betriebe auf teurere Approbierte zurückgreifen müssen (weil PTA knapp sind, der Frauenanteil hier weitaus höher ist, somit Teilzeit, Familienpause etc. eine größere Rolle spielen): Hinschauen lohnt trotzdem, weil die Kosten sonst allzu leicht entgleiten.

Das Lohnniveau

Die Tariflöhne in Apotheken steigen durch die Berufsjahre bedingt um rund 20 % (Approbierte und PKA) sowie um etwa 27 % (PTA), was mit anderen Tarifen z. B. in der Chemieindustrie vergleichbar ist. Nur kann man dort zusätzlich verschiedene Entgeltgruppen erreichen, was es in der Apotheke so nicht gibt.

Wer also mehrheitlich mit Personal jenseits der 40 Lenze arbeitet, bekommt für das gleiche Geld 17 % bis gut 20 % weniger Arbeitsstunden im Vergleich zu Berufsanfängern.

Zusammen mit dem strukturellen Effekt (siehe oben) und einem individuell höheren Lohnniveau im Konkurrenzvergleich (aus welchen Gründen auch immer) kann sich die Trias „akademisiert – älter – hohes Lohnniveau“ zu Unterschieden von 30 % oder mehr aufschaukeln, für die gleiche Stundenzahl wohlgemerkt.

Weitere Kennziffern

Wenn Sie so weit mit der Datenerhebung gekommen sind, fällt es leicht, noch die zentrale Kennziffer „Personalkosten pro Kunde“ zu ermitteln, zudem die durchschnittliche (Mitarbeiter-)Zeit pro Kunde; hierzu teilen Sie die Stundensumme an effektiver Arbeitszeit durch die Kundenzahl pro Jahr.

Welche Unterschiede ohne Weiteres möglich sind, illustriert wieder die Tabelle 1. Und da erhebt sich schon die Frage, was beispielsweise einen Unterschied von über fünf Minuten je Kunde (Apotheke B versus C) eigentlich rechtfertigt. Das ist schon eine Menge, die sich nicht nur mit einem höheren Rezeptanteil erklären lässt. Da stellt sich unmittelbar die Frage nach der Wertschöpfung und den Deckungsbeiträgen pro Mitarbeiter; dies hatten wir schon einmal aufgegriffen (siehe AWA 04/2024, Seite 4 f.).

 

 

Als Fazit bleibt: Angesichts der hohen Bedeutung des Faktors Personal sollten Sie, jedenfalls bei einem größeren Mitarbeiterstamm, die Personalstruktur zum einen nach Berufsgruppen, zum anderen nach den jeweiligen Tarifstufen aufgliedern. Weiterhin sollten Sie Ihr Lohnniveau (wie viel wird über Tarif bezahlt, für welche Funktionen und Verantwortlichkeiten?) und am Ende die dann leicht errechenbaren spezifischen Kennziffern laufend „auf dem Radar“ haben. Eben den Preis und Gegenwert.

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Weiterführende Artikel zum Thema

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2024; 49(14):4-4