Vermögensanlagestrategien in unsicheren Zeiten – Teil 1: Aktien, Anleihen und ETFs

Aktien sind beim Vermögensaufbau alternativlos


Axel Witte

Die Schere zwischen Aufwand u nd Risiko auf der einen sowie dem Ertrag auf der anderen Seite geht bei Apotheken immer weiter auseinander. Damit kommt der langfristigen Vermögensbildung eine zunehmend wichtigere Rolle zu, um wenigstens übermorgen von den Überschüssen von gestern zu profitieren, wenn schon das, was heute und morgen „nachwächst“, immer weniger wird.

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und ungewissem politischen Einfluss auf den („Frei“-)Beruf des Apothekers, nimmt die Vermögensanlage des mühselig Verdienten eine zunehmend wichtige Rolle ein. Besonders Apotheker der Gattung „Menschenfänger“ (vgl. AWA 6/2024, S. 10 f.), die hohe Jahresüberschüsse erzielen, stehen vor der Herausforderung, ihr Geld so anzulegen, dass es nicht nur sicher, sondern auch rentabel ist.

Bereits in den Jahren 2008/2009 haben Doris Zur Mühlen und Axel Witte von der RST Beratungsgruppe in zahlreichen Vorträgen darauf hingewiesen, dass eine hohe Inflationsgefahr besteht, und auf Basis dessen verschiedene Handlungsempfehlungen vorgestellt.

Begründung damals: Durch massive Geldschöpfung haben die Notenbanken am Markt aufkommende Probleme mit frischer Liquidität bekämpft. Das war vor allem eine Beruhigungspille für Investoren. Die Gefahr einer Blasenbildung wurde bewusst ausgeblendet. Seitdem ist das Geldvolumen weiter angewachsen, und es hat sich ein hohes Inflationspotenzial aufgebaut.

Schon damals hatten wir darauf hingewiesen, dass sich eine Inflation nur durch deutliche Zinsanstiege der Notenbanken vermeiden ließe – das aber schwächt die Wirtschaft. Und genau so ist es gekommen. In der Zwischenzeit erreichte die Inflationsrate vorübergehend einen Jahres-Höchstwert von etwa 7 %.

Im Moment haben wir zwar nur eine gemäßigte Inflationserwartung, aber wenn z. B. populistische Parteien an die Macht kommen, dürften Budgetrestriktionen schnell ignoriert werden, wodurch neue Verschuldungskrisen mit Auswirkung auf die Eurozone entstünden. Die EZB sollte dann wieder, wie gehabt, Staatsanleihen kaufen – die Inflationsspirale würde sich weiterdrehen.

Seit mehr als 80 Jahren gibt es keinen Zeitraum von 15 Jahren, in dem Aktien Verluste eingefahren haben! Vorübergehende hohe Kursverluste von bis zu 30 % sind allseits bekannt, wurden aber über kurz oder lang ausgeglichen oder überkompensiert. Deswegen gibt es beim langfristigen Vermögensaufbau zu Aktien keine Alternative!

Wie Abbildung 1 plakativ zeigt, kann man sich nur durch Investitionen in Sachwerte vor der Inflation schützen. Wie oben beschrieben, reden wir dann über Aktien, Immobilien, Edelmetalle (z. B. Gold) und alternative Kapitalanlagen.

Abb. 1: Wem schadet, und wem nützt Inflation? Und wie schützt man sich davor? Quelle: Axel Witte

Aktien und Anleihen

Die Finanzmärkte bieten eine Vielzahl von Investitionsmöglichkeiten, die sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringen. Zwei der gängigsten Anlageformen sind Aktien und Anleihen. Aktien repräsentieren Anteile an einem Unternehmen und bieten das Potenzial für hohe Renditen, jedoch auch das Risiko von Kursverlusten aufgrund von Marktschwankungen oder Unternehmensproblemen.

Anleihen, oft als sicherere Anlage betrachtet, sind Schuldverschreibungen, bei denen der Anleger dem Herausgeber – auch Emittenten genannt – Kapital leiht und dafür regelmäßige Zinszahlungen erhält. Trotz ihrer im Vergleich zu Aktien geringeren Volatilität bergen auch Anleihen Risiken – insbesondere Zinsänderungs-, Kredit- und Inflationsrisiken.

Anleihen werden von Vermögensverwaltern gerne als Beimischung für Depots empfohlen. Wir sehen das unter anderem wegen des Inflationsrisikos kritisch. So liefert z. B. eine mit 3 % verzinste Staatsanleihe bei einer Inflation von 2,5 % wirklich alles andere als eine „traumhafte Rendite“ ab. Sie gilt aber als Beruhigungspille im Depot, weil die Kurse in der Regel weniger schwanken. Bleiben also Aktien.

Aktiv gemanagte Depots oder Aktienindizes?

Bei Aktien stehen Anleger vor der Wahl zwischen aktiv gemanagten Depots und passiven Indexfonds, wie ETFs (Exchange Traded Funds). Während aktive Depots das Ziel verfolgen, durch gezielte Auswahl und Timing die Marktrendite zu übertreffen, zeigen zahlreiche Studien, dass dies selten nachhaltig gelingt. ETFs hingegen bieten eine kosteneffiziente Möglichkeit, breit diversifiziert in den Markt zu investieren und profitieren von der langfristigen Marktentwicklung.

Statistiken belegen, dass die Mehrheit der aktiv gemanagten Fonds über längere Zeiträume hinter ihren passiven Pendants zurückbleibt. Dies verdeutlicht, dass die überdurchschnittliche Performance aktiv gemanagter Fonds, wenn überhaupt, meist nur ein glücklicher Zufall und nicht auf konsistent überlegene Anlagestrategien zurückzuführen ist. Zur Ehrenrettung muss man allerdings festhalten, dass es durchaus herausragende Depot-/Fondsmanager gibt, die sich einen Namen gemacht und nachhaltig sehr gute Renditen erzielt haben – aber auch mit großen Schwankungen.

Vorsicht walten lassen sollte man bei Depotverwaltern, die eigene selbstkonstruierte Mischprodukte anbieten und ihren Kunden damit riesige Verluste bescheren können. Der Verwalter sollte sich ggf. auf das reine Aktienmanagement konzentrieren.

Aufgrund der geringen Kosten von Investitionen in ein passives Portfolio sind Anleger mit ETFs aber auch gut beraten, zumal dies bereits mit kleineren Beträgen möglich ist.

Worauf achten bei ETFs?

Entscheidet man sich für eine Anlage in ETFs, sollten vor allem zwei Aspekte beachtet werden:

Die Ausschüttungsmethode

ETFs bieten Anlegern verschiedene Ausschüttungsmethoden, die wichtigsten sind ausschüttende und thesaurierende Fonds. Ausschüttende ETFs zahlen die erzielten Erträge regelmäßig an die Anleger aus, was ein kontinuierliches, passives Einkommen generieren kann. Thesaurierende ETFs hingegen reinvestieren die Erträge automatisch in den Fonds, was den Effekt des Zinseszinses maximiert und einen langfristigen Vermögensaufbau begünstigt.

Die Replikationsmethode

ETFs nutzen verschiedene Replikationsmethoden, um die Performance eines zugrundeliegenden Index nachzubilden. Die beiden Hauptmethoden sind physische und synthetische Replikation. Bei der physischen Replikation kauft der ETF die Wertpapiere des Index direkt und hält sie im Portfolio. Bei der synthetischen Replikation hingegen verwendet der ETF Derivate wie Swaps, um die Indexrendite zu erzielen, ohne die physischen Wertpapiere zu besitzen.

Physisch replizierende ETFs bieten zwei entscheidende Vorteile:

Erstens sind sie transparenter, da die Anleger genau wissen, welche Wertpapiere im Portfolio gehalten werden. Dies schafft Vertrauen und Sicherheit.

Zweitens tragen physisch replizierende ETFs kein Kontrahentenrisiko, das bei synthetischen ETFs durch den Einsatz von Swaps entstehen kann. Sollte der Swap-Partner insolvent werden, verliert der Anleger sein ganzes Geld.

 

Fazit zum Vermögensaufbau: Je früher und kontinuierlicher, desto besser

Eine alte Börsenweisheit sagt: Der beste Zeitpunkt zum Investieren war gestern, der zweitbeste ist heute. Betrachtet man die historischen Daten, so zeigt sich, dass grundsätzlich langfristige Investitionen lohnend sind. Beispielsweise lag die Wahrscheinlichkeit, mit dem MSCI World Index über einen 15-jährigen Zeitraum Verluste zu vermeiden, bei 100 %. Seit 1970 haben die durchschnittlichen jährlichen Renditen über jeden 15-Jahres-Zeitraum stets zwischen rund 3 % und 14 % gelegen. Diese historische Stabilität unterstreicht die Bedeutung des frühzeitigen, kontinuierlichen Investierens, um langfristig Vermögen aufzubauen.

Im zweiten Teil dieser Serie werden wir uns mit Immobilienanlagen befassen und im dritten Teil schließlich mit alternativen Kapitalanlagen.

Axel Witte, Dipl.-Kfm., Steuerberater, Geschäftsführender Gesellschafter der RST Steuerberatungsgesellschaft mbH, 45128 Essen, E-Mail: awitte@rst-beratung.de

 

Weiterführender Artikel zum Thema

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2024; 49(15):6-7